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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 414/99, Beschluss v. 17.07.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 414/99 - Beschluß v. 17. Juli 2000 (LG Berlin)

Reichweite des Verlesungsverbotes nach § 250 Satz 2 StPO; Beweisantrag; Verlesung einer schriftlichen Erklärung; Ersatz durch Vorhalt

§ 250 Satz 2 StPO; § 245 Abs. 2 Satz 2 StPO

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten L und S gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. September 1998 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Zu der von dem Angeklagten S erhobenen Verfahrensrüge, das Landgericht habe gegen § 245 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 250 Satz 2 StPO verstoßen, indem es einen Beweisantrag der Verteidigung abgelehnt habe, eine schriftliche Erklärung zu verlesen, die der Zeuge Dr. Schalck-Golodkowski, der eine Vernehmung vor dem Landgericht unter Hinweis auf ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO abgelehnt hat, im Zusammenhang mit seiner Befragung vor der "Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR" abgegeben hatte, bemerkt der Senat:

Es kann dahinstehen, ob an der vom Senat in seiner unveröffentlichten Entscheidung vom 25. September 1962 - 5 StR 306/62 - vertretenen Auffassung festzuhalten ist, nach der dem Verlesungsverbot des § 250 Satz 2 StPO nur solche schriftlichen Erklärungen unterfallen, die in demselben Verfahren zu Beweiszwecken abgegeben worden sind (a.A. BGHSt 20, 160 f. in einer nicht tragenden Erwägung). Auf der unterbliebenen förmlichen Verlesung der schriftlichen Erklärung kann das Urteil hier nicht beruhen. Über die Befragung des Dr. Schalck-Golodkowski vor der Untersuchungskommission wurde seinerzeit ein Ergebnisprotokoll gefertigt, dem die schriftliche Erklärung des Dr. Schalck-Golodkowski als Anlage angefügt war.

Nachdem Mitglieder der Untersuchungskommission und deren Vorsitzender in ausführlichen, teils mehrstündigen Vernehmungen vor dem Landgericht (vgl. Beschluß des Landgerichts vom 8. September 1998) zu den Ausführungen des Dr. Schalck-Golodkowski und zu deren Zusammenfassung in dem Ergebnisprotokoll befragt worden sind, ist auszuschließen, daß die schriftliche Erklärung des Zeugen nicht im Wege des Vorhalts zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und bei der Urteilsfindung vom Landgericht berücksichtigt worden ist.

Bearbeiter: Karsten Gaede