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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 5 ARs 30/92, Beschluss v. 02.06.1992, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 ARs 30/92 - Beschluss vom 2. Juni 1992 (LG Göttingen)

BGHSt 38, 307; Zeitpunkt der Anhängigkeit eines Verfahrens beim Rechtsmittelgericht; Entscheidungszuständigkeit für Antrag auf Prozeßkostenhilfe des Nebenklägers bei Rücknahme der Revision.

§ 306 Abs. 2 StPO; § 321 S. 2 StPO; § 347 Abs. 2 StPO; § 397a Abs. 2 S. 1 StPO

Leitsätze

1. Wird die Revision zurückgenommen, bevor die Akten dem Revisionsgericht auf dem in der Strafprozessordnung vorgesehenen Wege zur Entscheidung zugegangen sind, so entscheidet das Landgericht über den Antrag des Nebenklägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz. (BGHSt)

2. Ein Verfahren wird erst durch die prozessordnungsmäßige Vorlage der Akten zur Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel bei dem Rechtsmittelgericht anhängig. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Zur Entscheidung über den Antrag der Nebenklägerin G-S auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren ist das Landgericht Göttingen berufen.

Gründe

Der Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts Göttingen vom 27. Juni 1991 u.a. wegen Vergewaltigung der Nebenklägerin verurteilt worden. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision ein. Die Nebenklägerin beantragte mit Schriftsatz vom 12. August 1991 bei dem Landgericht Göttingen, ihr für die Revisionsinstanz Prozeßkostenhilfe zu gewähren. Die Revision der Staatsanwaltschaft wurde am 23. Dezember 1991, die des Angeklagten am 6. Januar 1992 zurückgenommen; die Akten waren bis dahin nicht dem Revisionsgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegt worden.

Zur Entscheidung über den - rechtzeitig und beim zuständigen Gericht gestellten - Antrag der Nebenklägerin auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe ist das Landgericht berufen. Das Verfahren ist bei dem Bundesgerichtshof niemals anhängig geworden; es schwebte zur Zeit der Rücknahme der Rechtsmittel noch vor dem Landgericht. In einem solchen Falle ist das Landgericht für die nach § 397a Abs. 2 Satz 1 StPO zu treffende Entscheidung auch für die Revisionsinstanz zuständig (vgl. Hilger in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. Nachtrag § 397 a Rdn. 10). Der Senat folgt insoweit den Erwägungen des Reichsgerichts in RGSt 67, 145 f., wonach das Verfahren erst durch die prozeßordnungsmäßige Vorlage der Akten zur Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel bei dem Rechtsmittelgericht anhängig wird (vgl. auch BGHSt 12, 217 zur Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO).

Die hier vertretene Ansicht hat den Vorzug, daß jedenfalls in den Fällen, in denen das Verfahren nicht das Revisionsgericht erreicht hat, der mit der Sachlage vertraute Tatrichter zur Entscheidung berufen ist. Das Landgericht wird demnach darüber zu befinden haben, ob ein Fall vorliegt, in dem Anlaß besteht, Prozeßkostenhilfe mit rückwirkender Kraft zu bewilligen (vgl. Hilger aaO; Kleinknecht/Meyer StPO 40. Aufl. § 397 a Rdn. 10).

Externe Fundstellen: BGHSt 38, 307; NJW 1992, 2306; NStZ 1992, 452

Bearbeiter: Rocco Beck