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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 791

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 105/22, Beschluss v. 06.07.2022, HRRS 2022 Nr. 791


BGH 5 StR 105/22 - Beschluss vom 6. Juli 2022 (LG Chemnitz)

Eigennützigkeit als Voraussetzung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.

§ 29 BtMG

Leitsatz des Bearbeiters

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit. Eigennützig ist eine Tätigkeit, wenn das Tun vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder der Täter sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder - objektiv messbar - immateriell bessergestellt wird. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn ein Täter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 1. Dezember 2021 aufgehoben,

soweit der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, und

im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fall II.2) und Besitzes von Betäubungsmitteln (Fall II.4) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten und zwei Wochen verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Im Fall II.2 der Urteilsgründe tragen die bisherigen Feststellungen nicht den Schuldspruch wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG).

a) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 10. März 2021 - 1 StR 517/20; vom 12. September 2018 - 5 StR 291/18; vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256). Eigennützig ist eine Tätigkeit, wenn das Tun vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder der Täter sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder - objektiv messbar - immateriell bessergestellt wird (BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2019 - 2 StR 384/19; vom 10. Oktober 2018 - 4 StR 247/18). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn ein Täter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will (BGH, Beschluss vom 10. März 2021 - 1 StR 517/20). Die Eigennützigkeit wird durch die Feststellungen nicht belegt.

b) Denn nach diesen entschloss sich der nichtrevidierende Angeklagte C. spätestens im Februar 2021, durch den gewinnbringenden Verkauf von Metamphetamin (Crystal) dauerhaft erhebliche Einkünfte zu erzielen. Der mit ihm befreundete Angeklagte handelte in der Folge mit ihm gemeinsam. Ende März 2021 brachte der Angeklagte eine vom Nichtrevidenten in dessen Wohnung abgewogene Menge von 10 Gramm Crystal zu einem Abnehmer, der - da beim Nachwiegen ein Gramm fehlte - statt vereinbarter 500 Euro nur 450 Euro zahlte. Das Geld erhielt der Nichtrevident, in dessen Wohnung es - unter anderem zusammen mit mehr als 150 Gramm Crystal - bei einer circa drei Wochen später durchgeführten Durchsuchung sichergestellt wurde.

Feststellungen zur Motivation des Angeklagten, zu einer Gewinnerwartung oder zu von ihm erstrebten sonstigen Vorteilen hat das Landgericht nicht getroffen. Das vom Generalbundesanwalt angeführte Motiv des seit Jahren drogenkonsumierenden Angeklagten, durch sein Handeln eine langfristige Sicherstellung des eigenen Konsums zu erreichen, ist zwar nicht fernliegend, aber nicht festgestellt. Seine Einlassung, das Crystal sei nicht für den Verkauf, sondern für seinen Eigenkonsum bestimmt gewesen, hat das Landgericht insgesamt nicht geglaubt.

2. Der Senat hebt daher den Schuldspruch im Fall II.2 auf. Dies führt zum Wegfall der in diesem Fall verhängten Einzelstrafe und entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage. Die getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben und um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 791

Bearbeiter: Christian Becker