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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1361

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 58/20, Beschluss v. 31.03.2020, HRRS 2020 Nr. 1361


BGH 5 StR 58/20 - Beschluss vom 31. März 2020 (LG Saarbrücken)

Konkurrenzrechtliche Bewertung der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.

§ 27 StGB; § 52 StGB; § 29 BtMG

Leitsatz des Bearbeiters

Konkurrenzrechtlich betrachtet ist es ohne Belang, ob der Gehilfe mehrere Handlungen vornimmt, die ein aus mehreren selbständigen Taten bestehenden Betäubungsmittelhandel nur insgesamt fördern, oder sich sein Tatbeitrag in einer solchen Konstellation auf eine einzige Handlung beschränkt; es liegt in jedem Fall nur eine Beihilfetat vor.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Oktober 2019 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen, in neun Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, schuldig ist.

Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in dreizehn Fällen, in neun Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Soweit die Jugendkammer den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen verurteilt hat, hat die rechtliche Nachprüfung des Urteils keinen ihn benachteiligenden Rechtsfehler ergeben. Die Verurteilung wegen weiterer vier selbständiger Taten der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begegnet hingegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte Mitglied einer Gruppierung, die sich in den Niederlanden mehrfach große Mengen Marihuana beschaffte, um sie in Deutschland gewinnbringend zu verkaufen. Bei neun der insgesamt dreizehn Beschaffungsfahrten war er als Kurier tätig. Zudem unterstützte er den Betäubungsmittelhandel, indem er das Kurierfahrzeug auf seinen Namen zuließ, die Kfz-Versicherungsprämien beglich und das Auto zum Einbau eines Schmuggelverstecks zu einer darauf spezialisierten Werkstatt in Rotterdam fuhr.

b) Abgesehen von den Taten, bei denen er als Kurier die Betäubungsmittel selbst von den Niederlanden nach Deutschland transportierte, hat der Angeklagte danach mit seinen weiteren Tatbeiträgen den Marihuanahandel der Gruppierung lediglich in seiner Gesamtheit unterstützt, nicht aber jeweils eigenständig bei jedem einzelnen Handeltreiben. Daher ist sein Verhalten insoweit nur als eine Beihilfetat und nicht - wie die Jugendkammer angenommen hat - als vier rechtlich selbständige Taten zu werten. Denn konkurrenzrechtlich betrachtet ist es ohne Belang, ob der Gehilfe mehrere Handlungen vornimmt, die den aus mehreren selbständigen Taten bestehenden Betäubungsmittelhandel nur insgesamt fördern, oder sich sein Tatbeitrag in einer solchen Konstellation auf eine einzige Handlung beschränkt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 4. Juli 1995 - 1 StR 225/95, StV 1995, 624).

Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO geändert. Dass das Landgericht den Angeklagten in den neun Fällen, in denen er selbst als Kurier tätig war, nicht wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 StGB) verurteilt hat, benachteiligt ihn nicht.

2. Der Strafausspruch kann trotz des Rechtsfehlers bestehen bleiben, weil der Senat ausschließen kann, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung eine niedrigere Jugendstrafe verhängt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 74, 109 Abs. 2 JGG.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1361

Bearbeiter: Christian Becker