hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 1035

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 370/15, Beschluss v. 29.09.2015, HRRS 2015 Nr. 1035


BGH 5 StR 370/15 - Beschluss vom 29. September 2015 (LG Frankfurt (Oder))

Fehlen hinreichender Feststellungen zur tatbestandsspezifischen Verknüpfung von Nötigung und Wegnahme beim Raub.

§ 249 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Juni 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten (besonders) schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt mit der Sachbeschwerde zur Aufhebung des Urteils.

Der Generalbundesanwalt hat Folgendes ausgeführt:

„Das Urteil ist auf die Sachrüge hin aufzuheben, weil sich den Feststellungen auf UA S. 4 in Verbindung mit der geständigen Einlassung des Angeklagten (vgl. UA S. 7) nicht hinreichend deutlich entnehmen lässt, dass die gegen das am Boden liegende Opfer gerichteten Gewalthandlungen als funktionales Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme von Wertgegenständen eingesetzt wurden. Ausgehend von der vom Tatgericht für glaubhaft befundenen Einlassung des Angeklagten ist davon auszugehen, dass dieser den Entschluss zur Wegnahme von Gegenständen des Opfers erst nach Vornahme der Schläge und Tritte gefasst hatte. Verhält es sich so, scheidet die Annahme eines versuchten Raubes mangels tatbestandsspezifischer Verknüpfung von Nötigung und versuchter Wegnahme von vornherein aus, zumal da der festgestellte Sachverhalt keine Anhaltspunkte für ein gezieltes Ausnutzen der Wirkung einer abgeschlossenen Gewalthandlung bietet … Doch selbst wenn man die Feststellungen auf UA S. 4 dahingehend versteht, dass der Angeklagte bereits während der Vornahme der Tritte den Entschluss zur Wegnahme von Wertgegenständen hatte, kann das Urteil keinen Bestand haben. Zum einen ist unklar, worauf das Landgericht diese Sicht der Dinge stützt. Hierzu hätte es im Urteil beweiswürdigend Stellung nehmen müssen; denn weder die Einlassung des Angeklagten noch die zeugenschaftlichen Bekundungen des Opfers bieten hierfür eine ohne Weiteres einsichtige tragfähige Tatsachenbasis. Zum anderen bleibt aber auch bei Annahme der frühzeitigen Fassung des Wegnahmevorsatzes offen, ob der Angeklagte neben dem primär verfolgten Züchtigungszweck die Wegnahme von Wertgegenständen durch die Nötigung des Opfers zumindest auch erleichtern wollte oder aber ob er den darauf bezogenen Vorsatz lediglich „bei Gelegenheit“ der Gewalthandlung gefasst und motivational unabhängig davon in die Tat umgesetzt hatte … Für diese Variante könnten sowohl das ursprüngliche Tatmotiv des Angeklagten als auch die ohnehin hilflose Lage des Opfers sprechen. Jedenfalls hätte sich das Landgericht hierzu im Urteil verhalten müssen.“

Dem tritt der Senat bei. Damit ist der für sich genommen rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichter gefährlicher Körperverletzung gleichfalls die Grundlage entzogen. Über die Anregung des Generalbundesanwalts hinaus hebt der Senat auch die - nicht in jeder Hinsicht klaren - Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen auf. Es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die den Schuldspruch wegen versuchten schweren Raubes tragen würden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch eine Verurteilung (nur) wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Diebstahls den im Blick auf die schweren Tatfolgen für das Opfer unverständlich milden Strafausspruch rechtfertigen würde.

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 1035

Bearbeiter: Christian Becker