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HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 117

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 402/11, Beschluss v. 14.12.2011, HRRS 2012 Nr. 117


BGH 5 StR 402/11 - Beschluss vom 14. Dezember 2011 (LG Potsdam)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln; nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe (Zäsur).

§ 29a BtMG; § 55 StGB

Entscheidungstenor

1. Das Verfahren wird nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Anklagepunkt 1.2 in einem zwölften Fall zu einer Einzelstrafe von einem Jahr und fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.

2. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 15. April 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben

a) im Ausspruch über elf Einzelstrafen von einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe in den Fällen des Anklagepunktes 3,

b) in beiden Gesamtstrafaussprüchen.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen (Vergehen nach § 29 BtMG) und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen (Verbrechen nach § 29a BtMG) unter Einbeziehung einer rechtskräftig verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie wegen acht entsprechender Vergehen nach § 29 BtMG sowie 97 entsprechender Verbrechen nach § 29a BtMG zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt zu einer Teileinstellung und hat ferner mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Der Senat stellt den zwölften ausgeurteilten Fall des Erwerbs von zehn Gramm Kokain zur Weiterveräußerung (Anklagepunkt 1.2), für den es im Urteil an konkreten Feststellungen fehlt, auf Antrag des Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 2 StPO ein. Damit entfällt eine Einzelstrafe von einem Jahr und fünf Monaten Freiheitsstrafe.

2. Auch sonst folgt der Senat umfassend dem Antrag des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 2 und 4 StPO. Im verbleibenden Schuldspruch und in den nicht zu korrigierenden Einzelstrafaussprüchen erweist sich das Urteil - auch hinsichtlich der Konkurrenzen auf der Basis einer tragfähigen Beweiswürdigung - als rechtsfehlerfrei. Einige offensichtliche Ungenauigkeiten und Flüchtigkeitsfehler im Rahmen der rechtlichen Würdigung (UA S. 23) haben sich angesichts der hinreichend klaren Fassung der Feststellungen und der Beweiswürdigung im Ergebnis nicht ausgewirkt.

a) Indes war der Angeklagte, wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, wegen der späten Rechtskraft des Berufungsurteils in der in die erste Gesamtstrafe einbezogenen Sache nicht bei 39 Fällen des Handels mit 20 Gramm Kokain vorbestraft und bewährungsbrüchig, sondern nur bei 28 Fällen. Das entzieht elf Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe die Grundlage.

b) Zehn dieser Fälle sind, wie der Generalbundesanwalt ebenfalls belegt hat, vor Erlass des zäsurbegründenden Berufungsurteils begangen worden. Daher sind in die erste Gesamtstrafe - neben den Einzelstrafen für drei Vergehen nach § 29 BtMG - die Einzelstrafen nicht für elf, sondern für 21 Fälle des Verbrechens nach § 29a BtMG einzubeziehen, von denen zehn Einzelstrafen neu zu bestimmen sein werden (oben a). Für die zweite Gesamtstrafe verbleiben - neben den Einzelstrafen für acht Vergehen nach § 29 BtMG, auch unter Berücksichtigung des Wegfalls des eingestellten Falles (oben 1) - die Einzelstrafen für 86 Fälle des Verbrechens nach § 29a BtMG; eine Einzelstrafe ist neu zu bestimmen (oben a).

c) Bei der erneuten Gesamtstrafbildung wird die Obergrenze (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) von insgesamt acht Jahren und sechs Monaten für die beiden Gesamtfreiheitsstrafen insbesondere unter Berücksichtigung des Gesamtstrafübels (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 1995 - 4 StR 650/95, BGHSt 41, 310, 313 f.), der begrenzten Höhe der jeweiligen Einsatzstrafe und der nicht überaus großen Gesamtmenge des serienmäßig gehandelten Rauschgifts (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Oktober 1996 - 2 StR 466/96, BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 4) deutlich zu unterschreiten sein.

HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 117

Bearbeiter: Ulf Buermeyer