Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 57/02, Beschluss v. 09.04.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 16. August 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO im Schuldspruch zu I. 1 dahin abgeändert, daß der Angeklagte in 301 Fällen des sexuellen Mißbrauchs von Kindern, davon in 54 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen und in 97 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen und Beischlaf zwischen Verwandten, schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin K B insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Beschwerdeführer in den Fällen 1 bis 301 wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in 301 Fällen, davon 97 mal in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten, in den Fällen 302 bis 643 wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in 342 Fällen sowie im Fall 644 wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt.
Die Revision des Beschwerdeführers hat lediglich den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) in den Fällen 1 bis 150 der Urteilsgründe konnte keinen Bestand haben, weil insoweit zugunsten des Angeklagten von dem Eintritt der Verfolgungsverjährung auszugehen ist. Die erste die Verjährung unterbrechende Verfahrenshandlung war die verantwortliche Vernehmung des Angeklagten am 13. Oktober 2000 (Bl. 43 d.A.). Da die Verjährungsprüfung bei tateinheitlichem Zusammentreffen mehrerer Tatbestände für jeden Tatbestand gesondert vorzunehmen ist (Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 78a Rdn. 10 m. w. N.) und bei dem Tatbestand des § 174 Abs. 1 StGB die Verjährungsfrist gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre beträgt, ist hinsichtlich aller vor dem 13. Oktober 1995 begangener Taten insoweit Verjährung eingetreten. Im Hinblick. auf den vom Landgericht festgestellten sexuellen Mißbrauch (bis zum 16. Februar 1996 wöchentlich mindestens dreimal, danach bis zum 16. Februar 1997 wöchentlich mindestens zweimal) verbleiben in diesem Zeitraum 151 Fälle des tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen.
Die von der Schuldspruchänderung betroffenen Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe können jedoch bestehen bleiben. Der Senat schließt unter den hier gegebenen Umständen aus, daß der Angeklagte milder bestraft worden wäre, wenn der Tatrichter den Verjährungsbeginn erkannt und die Verurteilung in den bezeichneten Fällen jeweils rechtlich zutreffend ausschließlich auf den Straftatbestand des § 176 StGB gestützt hätte, zumal verjährte Taten, wenn auch nicht mit demselben Gewicht wie nicht verjährte Taten, bei der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 24; BGH, Beschl. vom 12. Oktober 2000 - 5 StR 397/00). Das Landgericht hat in den betreffenden Fällen - mit Ausnahme von Fall 42, der Besonderheiten aufweist - die sich aus § 176 Abs. 1 und 3 StGB aF ergebende Mindeststrafe verhängt.
Bearbeiter: Karsten Gaede