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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 260/02, Urteil v. 27.09.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 260/02 - Urteil vom 27. September 2002 (LG Bremen)

Beweiswürdigung (Grenzen der Revisibilität; Freispruch; Aussage gegen Aussage).

§ 261 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Die Beweiswürdigung ist dem Tatrichter vorbehalten (§ 261 StPO). Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). Steht dabei Aussage gegen Aussage und hängt die Entscheidung im wesentlichen davon ab, welchen Angaben das Gericht folgt, müssen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 14, 15, 23).

Entscheidungstenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Landgerichts Bremen vom 1. März 2002 wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung freigesprochen. Die hiergegen gerichtete - vom Generalbundesanwalt nicht vertretene - Revision der Staatsanwaltschaft, die mit der Sachrüge die Beweiswürdigung angreift, bleibt ohne Erfolg.

Das Landgericht hat festgestellt, daß es zwischen dem Angeklagten und der noch vor Anklageerhebung verstorbenen G am 29. Juni 2001 während eines 18 Stunden dauernden gemeinsamen Aufenthalts in der vom Angeklagten genutzten Wohnung zum Geschlechtsverkehr kam. Es hat sich aber nicht davon überzeugen können, daß der Angeklagte dazu Gewalt anwandte, die Frau mit einer Flasche niederschlug und sie in der Wohnung einsperrte.

Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten ergeben.

Die Beweiswürdigung ist dem Tatrichter vorbehalten (§ 261 StPO). Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). Steht dabei Aussage gegen Aussage und hängt die Entscheidung im wesentlichen davon ab, welchen Angaben das Gericht folgt, müssen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Urteilsgründe erkennen lassen, daß der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 14, 15, 23). Diesen Anforderungen an eine lückenlose Gesamtwürdigung aller Indizien ist das Landgericht - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - gerecht geworden. Es hat unter Bedacht auf die Persönlichkeit des Angeklagten, sein Vorleben sowie seine teilweise unzutreffenden Einlassungen bei der Polizei und beim Haftrichter zu den gegen ihn hier erhobenen Vorwürfen eine umfassende und überaus sorgfältige Würdigung aller erkennbaren Beweismittel vorgenommen, insbesondere die verschiedenen Aussagen der verstorbenen Zeugin G im Ermittlungsverfahren mit dem übrigen Beweisergebnis abgeglichen. Wenn das Landgericht die bei dieser Würdigung entstandenen Zweifel an der Zuverlässigkeit der ohnehin problematischen Zeugin nicht überwinden konnte, weil eine persönliche Vernehmung nicht mehr möglich ist, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Die hiergegen vorgetragenen Erwägungen der Beschwerdeführerin stellen eine eigene Beweiswürdigung dar, mit der die Staatsanwaltschaft zu anderen Feststellungen gelangen möchte. Damit kann sie im Revisionsverfahren nicht gehört werden.

Bearbeiter: Karsten Gaede