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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 81/01, Urteil v. 25.04.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 81/01 - Urteil v. 25. April 2001 (LG Zwickau)

Schwere Körperverletzung (DDR-Grenzfall; Verletzung durch Minen)

§ 226 StGB

Entscheidungstenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 4. Juli 2000 wird verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten der schweren Körperverletzung für schuldig erkannt; es hat ihn verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 40 DM vorbehalten. Die auf die Oberprüfung des Rechtsfolgenausspruchs beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat keinen Erfolg.

1. Der Angeklagte war im September 1962 stellvertretender Kompaniechef in einem DDR-Pionierbataillon im Range eines Oberleutnants. Er wurde als Leiter eines Minenverlegetrupps eingesetzt, dem das Anlegen von Minenfeldern an der innerdeutschen Grenze zwischen Sachsen und Bayern befohlen war. Im Juni 1963 trat ein Flüchtling auf eine der verlegten Minen; er wurde schwer verletzt und in ein DDR-Krankenhaus gebracht. Der linke Fuß war ihm infolge der Minendetonation abgerissen worden, der linke Unterschenkel mußte amputiert werden.

2. Der Rechtsfolgenausspruch wegen der abgeurteilten schweren Körperverletzung, insbesondere die Annahme eines minder schweren Falles nach § 224 Abs. 2 StGB in der konkret mildesten (§ 2 Abs. 3 StGB, Art. 315 Abs. 1 EGStGB) Fassung (nach dem EGStGB 1974, BGBl I 469, gültig bis 1994), die Bestimmung der Geldstrafe und der Ausspruch einer bloßen Verwarnung mit Strafvorbehalt gemäß § 59 Abs. 1 StGB lassen keinen Rechtsfehler erkennen - auch nicht zum Vorteil des Angeklagten (§ 301 StPO) trotz unterbliebener ausdrücklicher Erörterung eines vermeidbaren Verbotsirrtums, dessen Zubilligung entweder stillschweigend erfolgt ist oder jedenfalls keine noch mildere Sanktionierung gestattet hätte.

Namentlich im Blick auf den langen Zeitablauf seit Begehung der, lediglich wegen Ruhens der Verjährung in der DDR noch verfolgbaren Tat, die Unbestraftheit des Angeklagten und die Tatbegehung im Rahmen militärischer Befehlseinbindung ist der milde Rechtsfolgenausspruch vertretbar; er steht in angemessenem Verhältnis zu den regelmäßig bei vorsätzlichen Tötungsdelikten verhängten Freiheitsstrafen mit Strafaussetzung zur Bewährung gegen entsprechende Befehlsempfänger. Eine Verwarnung mit Strafvorbehalt war hier zumal angesichts der vom Tatrichter benannten Fallbesonderheiten gerechtfertigt.

Bearbeiter: Karsten Gaede