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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 150/01, Beschluss v. 24.04.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 150/01 - Beschluß v. 24. April 2001 (LG Hamburg)

Fehlerhaft unterbliebene Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt; Hang

§ 64 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen, davon zweimal in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und einmal in Tateinheit mit Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, führt jedoch zur Aufhebung des Urteils, soweit von der Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB abgesehen worden ist. Mit dem Generalbundesanwalt hat der Senat durchgreifende Bedenken, daß das Landgericht den Begriff des Hanges zu eng ausgelegt hat:

"Ein Hang i. S. von § 64 StGB ist nicht nur - wovon das Landgericht möglicherweise ausgeht (UA S. 30) - eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit, sondern es genügt eine eingewurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Diese Neigung muß noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 - Hang 4 und 5 mit jeweils weiteren Nachweisen). Die Feststellungen des Landgerichts legen nahe, daß bei dem Angeklagten ein Hang in diesem Sinne vorliegt."

Dies hat der Generalbundesanwalt im einzelnen zutreffend belegt. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 64 StGB bei dem therapiewilligen Angeklagten bedarf daher erneuter tatrichterlicher Überprüfung. Mit dem Generalbundesanwalt schließt der Senat aus, daß die Anordnung einer entsprechenden Maßregel zu einem für den Angeklagten günstigeren Strafausspruch führen könnte.

Bearbeiter: Karsten Gaede