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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 545/00, Beschluss v. 15.12.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 545/00 - Beschluß v. 15. Dezember 2000 (LG Görlitz)

Strafzumessung bei Anwendung von Jugendstrafrecht (Erziehung); Doppelverwertungsverbot; Jugendstrafe

§ 46 StGB; § 18 Abs. 2 JGG

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 19. Juli 2000 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache, auch zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in drei Fällen in Tatmehrheit mit Einschleusen von Ausländern in einem Fall in Tatmehrheit mit gewerbs- und bandenmäßigem Einschleusen von Ausländern in 14 Fällen zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen, wobei es eine Sperrfrist von zwei Jahren angeordnet hat. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Die Erwägungen des Landgerichts - das trotz der hier abgeurteilten Delikte wegen der festgestellten erheblichen Reifeverzögerung rechtsfehlerfrei Jugendstrafrecht angewandt hat - zur Bemessung der Jugendstrafe begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die erforderliche Darlegung zu den für die Höhe der konkret festgesetzten Jugendstrafe maßgeblichen erzieherischen Gesichtspunkten (vgl. BGHR JGG § 18 Abs. 2 - Erziehung 2, 8, 9) fehlt hier - bis auf eine formelhafte Erwähnung im Schlußsatz - praktisch vollständig. Hier hätte vor allem Beachtung finden müssen, daß der Angeklagte bislang mit Ausnahme von zwei Freizeitarresten noch keine freiheitsentziehenden Maßnahmen zu verbüßen hatte.

Der Senat besorgt im übrigen, daß das Landgericht die Schuldschwere rechtsfehlerhaft gewichtet hat. Es wertet nämlich allgemein einmal das schwere Gewicht der Taten nach § 92b Ausländergesetz (AuslG) unter Hinweis auf den nach Erwachsenenstrafrecht geltenden Strafrahmen. Es führt dann aber weiter aus, daß es "erheblich zu Ungunsten des Angeklagten wertet, daß der organisatorische Zusammenhang und das verabredete Vorgehen innerhalb einer arbeitsteiligen Organisation die Effektivität des Handelns des einzelnen und den Unwertgehalt seiner Straftaten erheblich steigert". Damit hat es bei Bemessung der Schuldschwere die bandenmäßige Begehung doppelt berücksichtigt. Es liegt hier nahe, daß sich dieser Fehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, zumal das Landgericht sich bei der Bemessung der Jugendstrafe - wie sich aus dem Begründungszusammenhang ergibt - an die Grundsätze der Strafzumessung bei Erwachsenen stark angelehnt hat.

Der neue Tatrichter wird weiterhin festzustellen haben, ob die Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 30. April 1998 vollstreckt ist. Sollte dies nicht der Fall sein, käme eine Einbeziehung nach § 105 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 und 3 JGG in Betracht. Der rechtsfehlerfreie Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis bleibt aufrecht erhalten.

Bearbeiter: Karsten Gaede