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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 537/00, Beschluss v. 13.12.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 537/00 - Beschluß v. 13. Dezember 2000 (LG Berlin)

Freispruch durch BGH nach Verurteilung wegen Rechtsbeugung in der DDR (Aus subjektiven Gründen abweichender Fall "schlichter Paßvorlage")

§ 339 StGB; § 354 Abs. 1 StPO

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. November 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.

Die Angeklagte wird freigesprochen.

Ihre notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Rechtsbeugung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die Revision der Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der Verurteilung und Freisprechung der Angeklagten.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts weist der Fall mehrere Besonderheiten auf, welche hier aus subjektiven Gründen - abweichend von der Regel in Fällen "schlichter Paßvorlage" - die Annahme von Rechtsbeugung wegen eklatant menschenrechtswidriger Inhaftierung nicht rechtfertigt: So hatte sich der Verfolgte anders als in den Fällen, in welchen die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet wurde (vgl. BGHSt 41, 247, 274; BGHR StGB § 336 - DDR-Recht 27) - tagsüber an einen belebten Grenzübergang begeben. Nach seiner Festnahme hatte er, wie festgestellt (UA S. 6), seinen Ausreisewunsch wiederholt besonders drastisch - und damit in einer aus der Sicht von DDR-Justizangehörigen zur Tatzeit als erschwerend zu wertenden Weise - zum Ausdruck gebracht. Die von der Angeklagten zu verantwortende Sanktionierung blieb mit einer fünfmonatigen Haftstrafe erheblich unter vielen vom Senat wiederholt in Fällen dieser Art beurteilten Sanktionen der DDR-Justiz; zudem ist es - freilich ohne Zutun der Angeklagten - anschließend bei einer wenige Wochen andauernden Inhaftierung des Verfolgten geblieben.

Bei dieser Sachlage gelangt der Senat zur Durchentscheidung auf Freispruch (§ 354 Abs. 1 StPO) aus subjektiven Gründen (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 140 m.w.N.).

Bearbeiter: Karsten Gaede