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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 391/00, Beschluss v. 20.09.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 391/00 - Beschluß v. 20. September 2000 (LG Oldenburg)

Tatsächliche Voraussetzungen der Prognoseentscheidung des § 56 Abs. 1 StGB (Begehung weitere Straftaten); Zweifelsgrundsatz; Grundsatz in dubio pro reo; Berücksichtigung des Verteidigungsverhaltens des Angeklagten zu Lasten des Angeklagten bei der Prognoseentscheidung

§ 56 Abs. 1 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 25. Januar 2000 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit dem Angeklagten die Aussetzung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung versagt worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Die auf die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkte Revision des Angeklagten hat Erfolg. Hierzu hat der Generalbundesanwalt dargelegt:

"Das Landgericht hat die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, weil es befürchtete, ,daß der Angeklagte sein strafbares Verhalten fortsetzt' (UA S. 41). Feststellungen hierzu hat das Gericht nicht getroffen. Es stützt seine Prognoseentscheidung lediglich auf die Vermutung, daß dem Mitangeklagten D, ,wahrscheinlich auch jetzt noch Teile seines Lohnes unter Umgehung der Steuergesetze ausbezahlt werden' (UA S. 41). Damit sind die tatsächlichen Voraussetzungen der Prognoseentscheidung (§ 56 Abs. 1 StGB) nicht erwiesen. Es greift insoweit der Grundsatz in dubio pro reo ein (BayObLG, StV 1994, S. 186, 187; Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl. § 56 Rdnr. 5 m.w.N.).

Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Berücksichtigung des Verteidigungsverhaltens des Angeklagten bei der Prognoseentscheidung. Zum einen ist für die von der Strafkammer zu treffende Prognoseentscheidung, ob der Angeklagte künftig Straftaten begehen wird, das Verteidigungsverhalten nicht hinreichend aussagekräftig, soweit es dem Zweck diente, sich der Bestrafung zu entziehen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 - Nachtatverhalten 7). Zum anderen hat das Landgericht damit rechtsfehlerhaft zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten zu dessen Lasten verwertet (BGHR StGB § 56 Abs. 2 - Umstände, besondere 12; Senat, Beschluß vom 9. Juni 1998 - 5 StR 106/98 -)."

Dem tritt der Senat bei.

Bearbeiter: Karsten Gaede