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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 382/00, Beschluss v. 20.09.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 382/00 - Beschluß v. 20. September 2000 (LG Mannheim)

Rechtsfehlerhafte Strafzumessung bei unterlassener Berücksichtigung rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung; Abänderung des Strafausspruchs durch den Bundesgerichtshof

§ 46 Abs. 2 StGB; Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK; § 349 Abs. 4 StPO

Entscheidungstenor

I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 4. Februar 1999 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch dahingehend abgeändert, daß

1. der Angeklagte H zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten und

2. der Angeklagte S zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt werden.

II. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

III. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten H wegen Steuerhehlerei in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, den Angeklagten S wegen Steuerhehlerei zu einer -Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen eingelegten Revisionen der Angeklagten haben keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil aufgedeckt. Der Strafausspruch kann jedoch nicht bestehenbleiben, weil das Verfahren nach Erlaß des Urteils unvertretbar verzögert wurde; dies hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen (BGHR StGB § 46 Abs. 2 - Verfahrensverzögerung 8, 10).

Das landgerichtliche Urteil ist nach eintägiger Hauptverhandlung am 4. Februar 1999 ergangen. Die Staatsanwaltschaft hat die Akten erst am 27. Juli 2000 an den Generalbundesanwalt übersandt, wo die Akten am 4. August 2000 eingingen. Diese erhebliche und nicht mehr hinnehmbare Verzögerung ist allein auf die Sachbehandlung im Bereich der Justiz zurückzuführen. Dieser Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ist bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Um eine weitere Verzögerung und damit eine Intensivierung des Verfahrensmangels zu vermeiden, ist im vorliegenden Fall eine abschließende Sachentscheidung geboten. Unter Berücksichtigung des Gewichts der Verzögerung verringert der Senat bei dem Angeklagten H die Einsatzstrafe um drei Monate auf zwei Jahre sechs Monate und die Gesamtfreiheitsstrafe auf zwei Jahre neun Monate; beim Angeklagten S wird die Freiheitsstrafe von zwei Jahren sechs Monaten auf zwei Jahre drei Monate ermäßigt.

Bearbeiter: Karsten Gaede