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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 149

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 297/22, Beschluss v. 25.10.2022, HRRS 2023 Nr. 149


BGH 4 StR 297/22 - Beschluss vom 25. Oktober 2022 (LG Bielefeld)

Verwerfung der Revision als unbegründet (Pflicht zur elektronischen Übermittlung).

§ 349 Abs. 2 StPO; § 32d StPO

Entscheidungstenor

Der Antrag der Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 14. Juni 2022 wird als unbegründet verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Körperverletzung in zwei Fällen, Nötigung in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung sowie Störung öffentlicher Betriebe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Das Urteil wurde am 17. Mai 2022 in Anwesenheit der Angeklagten und ihres Verteidigers verkündet. Die hiergegen gerichtete, vom Verteidiger am 23. Mai 2022 mittels Telefax und am 4. Juni 2022 als elektronisches Dokument eingereichte Revision der Angeklagten hat das Landgericht mit Beschluss vom 14. Juni 2022 als unzulässig verworfen. Gegen diesen der Angeklagten persönlich am 17. Juni 2022 und dem Verteidiger am 20. Juni 2022 zugestellten Beschluss hat der Verteidiger am 20. Juni 2022 „sofortige Beschwerde“ eingelegt.

1. Der Rechtsbehelf ist unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 300 StPO (vgl. KK-StPO/Paul, 8. Aufl. 2019, § 300 Rn. 1 f.) als gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO statthafter und auch im Übrigen zulässiger Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts auszulegen.

2. Der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts ist jedoch unbegründet, weil die Revision nicht innerhalb der Frist von einer Woche nach Verkündung des Urteils gemäß § 341 Abs. 1 StPO eingelegt worden ist. Die Frist begann am Tag der Verkündung des Urteils, dem 17. Mai 2022, und endete am 24. Mai 2022 um 24:00 Uhr und ist durch die am 23. Mai 2022 erfolgte Übermittlung der Revisionseinlegung durch anwaltliches Telefax nicht gewahrt worden. Nach dem seit dem 1. Januar 2022 geltenden § 32d Satz 2 StPO müssen Verteidiger und Rechtsanwälte unter anderem die Revision und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln, was vorliegend erst nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision am 4. Juni 2022 erfolgt ist. Insoweit handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung. Ihre Nichteinhaltung bewirkt die Unwirksamkeit der Erklärung (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2022 - 4 StR 68/22 Rn. 3 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Revisionseinlegung lediglich mit einem per Telefax übermittelten Schriftsatz des Verteidigers - entgegen dessen in der Antragsschrift vom 20. Juni 2022 vertretenen Auffassung - nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2022 - 4 StR 68/22 Rn. 4). Anhaltspunkte dafür, dass eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war (§ 32d Satz 3 StPO), sind nicht dargetan.

3. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Revisionseinlegung (§ 44 StPO) ist nicht gestellt worden. Nach dem Vorbringen des Verteidigers, der lediglich seiner Rechtsauffassung Ausdruck verliehen hat, die Frist sei durch die Revisionseinlegung per Fax gewahrt worden, besteht auch kein Anlass, der Angeklagten von Amts wegen Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 17. Mai 2022 zu gewähren.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 149

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede