hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1178

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 116/21, Beschluss v. 20.07.2021, HRRS 2021 Nr. 1178


BGH 4 StR 116/21 - Beschluss vom 20. Juli 2021 (LG Paderborn)

Täter-Opfer-Ausgleich; Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 46a Nr. 1 StGB; § 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 21. Dezember 2020

a) hinsichtlich der Einzelstrafe für die Tat II.2.a. der Urteilsgründe und

b) im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes und wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten, die ausweislich ihrer Begründung wirksam auf die Verurteilung wegen versuchten Mordes und den Gesamtstrafenausspruch beschränkt ist. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Die für den versuchten Mord verhängte Einzelfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten kann nicht bestehen bleiben, weil die Gründe des angefochtenen Urteils nicht erkennen lassen, dass die Strafkammer die Voraussetzungen einer Strafmilderung nach § 46a StGB geprüft hat.

Nach den Urteilsausführungen zur Bemessung der Einzelstrafe hat sich der Angeklagte sowohl in einem vor der Hauptverhandlung handschriftlich verfassten Brief als auch in der Hauptverhandlung bei der Geschädigten entschuldigt und ebenfalls bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung eine Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 5.000 € an die Geschädigte erbracht. Bei dieser Sachlage wäre das Landgericht aus Gründen sachlichen Rechts gehalten gewesen, die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB näher zu prüfen und insbesondere Feststellungen dazu zu treffen, wie sich das Opfer zu den Wiedergutmachungsbemühungen des Angeklagten gestellt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2021 ? 4 StR 139/20 Rn. 6 mwN; Urteile vom 24. August 2017 ? 3 StR 233/17 Rn. 13 ff.; vom 12. Januar 2012 ? 4 StR 290/11, NStZ 2012, 439, 440; vom 7. Dezember 2005 ? 1 StR 287/05, NStZ 2006, 275, 276). Hierzu verhalten sich die Urteilsgründe nicht.

Die Aufhebung der Einzelstrafe für die Tat II.2.a. der Urteilsgründe entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben; vom neuen Tatrichter zu treffende ergänzende Feststellungen dürfen den bisherigen nicht widersprechen.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1178

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß