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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 554

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 274/20, Beschluss v. 12.01.2021, HRRS 2021 Nr. 554


BGH 4 StR 274/20 - Beschluss vom 12. Januar 2021 (LG Bochum)

Betrug und Computerbetrug (Wahlfeststellung).

§ 263 StGB; § 263a StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Eine Wahlfeststellung zwischen (versuchten) Betrug oder (versuchten) Computerbetrug ist möglich.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. September 2019 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 5 b. bb. (2) der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum versuchten Betrug verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;

b) das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte des Betruges oder des Computerbetruges in fünf Fällen und des versuchten Betruges oder des versuchten Computerbetruges schuldig ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen, versuchten Betruges und wegen Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.130,31 Euro angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Teileinstellung und einer Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 5 b. bb. (2) der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum versuchten Betrug verurteilt worden ist.

2. Darüber hinaus hat der Senat den verbleibenden Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich geändert:

a) Nach den Feststellungen bestellte der Angeklagte über das Internet in der Zeit zwischen dem 21. Februar 2017 und dem 18. März 2017 bei verschiedenen Versandhändlern in sechs Fällen auf Rechnung diverse Bekleidungsgegenstände und Schuhe, wobei er seine Zahlungswilligkeit lediglich vortäuschte. Dabei verwendete er falsche Personalien, um seine Identität zu verschleiern. In fünf Fällen wurden die bestellten Waren ausgeliefert. In einem Fall wurde die Lieferung storniert. Das Landgericht hat die Taten des Angeklagten als Betrug in fünf Fällen und versuchten Betruges gewertet.

b) Der Schuldspruch war abzuändern, weil die Feststellungen nicht eindeutig ergeben, ob die Bestellungen auf Seiten der Versandhändler von durch den Angeklagten getäuschten und sich entsprechend irrenden natürlichen Personen oder auf der Grundlage der irreführenden Dateneingaben des Angeklagten automatisch bearbeitet wurden. Da eine andere Möglichkeit ausscheidet, rechtfertigt der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe jedoch die Annahme, dass der Angeklagte in den nach der Teileinstellung verbleibenden Fällen entweder des (versuchten) Betruges oder des (versuchten) Computerbetruges schuldig ist. Eine Wahlfeststellung zwischen beiden Delikten ist möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 StR 613/12, NStZ 2014, 42). § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil nicht ersichtlich ist, dass sich der im Wesentlichen geständige Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können.

3. Die verhängten Einzelstrafen können bestehen bleiben, weil sich der Schuldgehalt der einzelnen Taten infolge der wahldeutigen Bewertung nicht geändert hat. Auch die Gesamtstrafe hat Bestand, denn der Senat vermag mit Blick auf die verbleibenden Einzelstrafen (fünfmal ein Jahr Freiheitsstrafe und einmal acht Monate Freiheitsstrafe) auszuschließen, dass die Strafkammer bei einem Wegfall der für die eingestellte Tat verhängten Einzelstrafe (drei Monate Freiheitsstrafe) auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte. Die Einziehungsentscheidung bleibt ebenfalls unberührt.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 554

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner