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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 1326

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 375/19, Beschluss v. 23.10.2019, HRRS 2019 Nr. 1326


BGH 4 StR 375/19 - Beschluss vom 23. Oktober 2019 (LG Essen)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 13. Februar 2019 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte im Fall II. 2. f) der Urteilsgründe verurteilt worden ist, und

b) im Gesamtstrafenausspruch.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung Schutzbefohlener in zwei Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und wegen Bedrohung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs 1 Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die nicht näher ausgeführte Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Die Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung im Fall II. 2. f) der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil das Landgericht einen Rücktritt vom Versuch der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin nicht geprüft hat.

Nach den Feststellungen warf der Angeklagte sein Mobiltelefon mit Wucht aus einer Entfernung von etwa 1,5 bis 2 Metern nach seiner auf einer Couch sitzenden Ehefrau, um diese zu verletzen. Das Mobiltelefon traf versehentlich den dreijährigen Sohn des Angeklagten, der hierdurch am linken Auge eine mehrere Zentimeter lange Riss-Quetsch-Wunde sowie eine schwere Augenverletzung davontrug. Der Angeklagte nahm das aus der Wunde blutende Kind zunächst auf den Schoß und verließ dann noch vor dem Eintreffen eines Krankenwagens und der Polizei die Wohnung.

Bei dieser Sachlage hätte sich die Strafkammer veranlasst sehen müssen, sich mit dem Vorstellungsbild des Angeklagten nach der letzten Ausführungshandlung (zum Rücktrittshorizont vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 24 Rn. 7 und 15 ff. mwN) zu befassen und auf dieser Grundlage zu prüfen, ob der Angeklagte vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil seiner Ehefrau gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB strafbefreiend zurückgetreten ist. Hierzu verhalten sich die Urteilsausführungen nicht.

Die Aufhebung erfasst wegen des tateinheitlichen Zusammentreffens auch die an sich rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil des Sohnes des Angeklagten und entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 1326

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner