hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 380

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 293/14, Urteil v. 26.02.2015, HRRS 2015 Nr. 380


BGH 4 StR 293/14 - Urteil vom 26. Februar 2015 (LG Halle)

Ablehnung eines Beweisantrags als bedeutungslos (Beweis von Indiztatsachen; Anforderungen an den Ablehnungsbeschluss; Beruhen auf einem fehlerhaften Ablehnungsbeschluss); tatrichterliche Beweiswürdigung (Anforderungen; revisionsrechtliche Kontrolle).

§ 244 Abs. 2 Satz 2, Abs. 6 StPO; § 337 Abs. 1 StPO; § 261 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos sind Indiztatsachen, wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen könnten (st. Rspr.). Bei Behauptung einer relevanten belastenden Tatsache durch die Staatsanwaltschaft müsste daher eine bislang für den Angeklagten positive Beweislage durch die begehrte Beweiserhebung umschlagen können (vgl. BGH, NStZ 1997, 503,504).

2. Daran fehlt es indes, wenn der Tatrichter aus der behaupteten und als erwiesen unterstellten Indiztatsache einen möglichen, wenn auch nicht zwingenden Schluss nicht ziehen will (vgl. BGH NJW 2004, 3051, 3056). Eine den Angeklagten belastende Beweisbehauptung darf somit nicht allein deshalb als für das Verfahren bedeutungslos bezeichnet werden, weil die unter Beweis gestellte Tatsache keine zwingenden Schlüsse auf die Verstrickung des Angeklagten in die ihm angelastete Tat erlaubt. Legt der Tatrichter jedoch rechtsfehlerfrei dar, dass die in dem Beweisantrag behauptete Tatsache auch dann, wenn sie durch die beantragte Beweisaufnahme bewiesen würde, ihn nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugen könnte, so ist er nicht verpflichtet, den beantragten Beweis zu erheben.

3. Dabei muss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsachen abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihnen keine Bedeutung beimisst. Wird die Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Umständen gefolgert, so müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich ergibt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache, selbst wenn sie erwiesen wäre, die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen könnte. Die erforderliche Begründung entspricht dabei grundsätzlich den Begründungserfordernissen bei der Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen (vgl. BGH StV 2010, 557, 558). Geht es um den Angeklagten belastende Beweisbehauptungen, muss die Ablehnung das ganze Beweisthema ohne Einengung, Verkürzung oder Unterstellung erfassen und darlegen, warum dem Tatrichter die im Beweisantrag behauptete Tatsache in Verbindung mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht ausreichen würde, um zu einer Verurteilung zu gelangen.

4. Wird ein Beweisantrag wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache abgelehnt, ohne dass hinreichend dargelegt wird, woraus sich nach Ansicht des Gerichts die Bedeutungslosigkeit ergibt, so kann ein Beruhen hierauf ausgeschlossen werden, wenn die Gründe für die Bedeutungslosigkeit auf der Hand lagen.

Entscheidungstenor

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 21. Januar 2014 wird verworfen.

2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Diebstahl (§ 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Nr. 2 StGB) freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge erhebt. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legt dem Angeklagten zur Last, am 18. Juni 2009 gegen 3:15 Uhr in K. gemeinsam mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter mit Hilfe eines Gartenschlauchs ein Gasgemisch in einen Geldautomaten der S. - sparkasse eingeleitet, dieses entzündet und so den Geldautomaten zerstört zu haben. Entsprechend ihrem Tatplan hätten der Angeklagte und sein Mittäter anschließend die mit ca. 165.000 Euro bestückten Geldkassetten an sich genommen, um das Bargeld für eigene Zwecke zu verwenden.

2. Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es hat zwar den äußeren Geschehensablauf im Wesentlichen wie in der Anklage beschrieben festgestellt, sich aber nicht davon zu überzeugen vermocht, dass es sich bei dem Angeklagten um einen der Täter handelte.

Zwar sei beim Angeklagten, der keine Angaben zur Sache gemacht habe, ein Kapuzenshirt sichergestellt worden, das "wahrscheinlich" das von einem der Täter bei der Tat getragene Kleidungsstück sei. Des Weiteren seien in der Wohnung des Angeklagten unter anderem weiße Stoffhandschuhe sichergestellt worden, wobei ein Täter ebenfalls weiße Stoffhandschuhe getragen habe. Auch seien in der Wohnung des Angeklagten Geldscheine (2.325 Euro) aufgefunden worden, von denen drei Beschädigungen in Form von Knicken, Rissen und Brandrändern aufgewiesen hätten, die in vergleichbarer Weise auch bei einigen der am Tatort verbliebenen Geldscheine vorhanden gewesen seien. Zudem habe die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten, die Zeugin St., diesen durch eine anonyme Anzeige gegenüber der Polizei bezichtigt, er sei Täter der festgestellten sowie einer weiteren, am 3. Mai 2009 in N. vorgenommenen "Automatensprengung" gewesen und er habe sich aus der Tatbeute einen Pkw ("7er BMW") gekauft. Einen BMW, allerdings das Modell X5, habe der Angeklagte, der damals Arbeitslosengeld II bezogen und von "Gelegenheitsjobs" gelebt habe, tatsächlich auch am 10. Juli 2009 für 16.900 Euro erworben und bar bezahlt. Schließlich habe ein anonymer Anrufer der Polizei am 15. Juli 2009 mitgeteilt, der Angeklagte habe in N. und H. Geldautomaten aufgesprengt und aus der Tatbeute einen BMW X5 erworben.

Gleichwohl hatte die Strafkammer durchgreifende Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten. Diese stützt sie unter anderem darauf, dass das Kapuzenshirt "industriell gefertigte Massenware" sei. Auch sei - so der Sachverständige - "zwar nicht ausgeschlossen, ... aber auch nicht eindeutig", dass die an dem Geldautomaten gesicherten Textildruckspuren von den in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Handschuhen herrühren; sicher sei dagegen, dass Textilfasern an Panzerklebebandstreifen, die der Täter zur Abdichtung des Geldautomaten vor der Sprengung angebracht habe, nicht von den beim Angeklagten aufgefundenen Handschuhen stammten. Ferner seien an den sichergestellten Handschuhen keine DNA-Spuren des Angeklagten, aber solche des Zeugen Se. festgestellt worden. Auch seien Sportschuhe, wie sie der Täter bei der Tat getragen habe, beim Angeklagten nicht aufgefunden worden. Die Untersuchung der beim Angeklagten aufgefundenen drei beschädigten Geldscheine habe lediglich ergeben, dass die Beschädigungen durch die Einwirkung einer Gasexplosion entstanden sein können. Eine daktyloskopische Abdruckspur, die auf einem Blechteil am Tatort gesichert worden war, sei weder dem Angeklagten noch Se. zuzuordnen. Die anonyme Anzeige der ehemaligen Lebensgefährtin des Angeklagten habe - wie sie selbst eingeräumt hat - auf bloßen Vermutungen beruht. Sie habe mitbekommen, dass der Angeklagte sich im Internet mit Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen beschäftigt habe; aufgrund von Medienberichten über Geldautomatensprengungen habe sie dann "eins und eins zusammengezählt" und gefolgert, dass der Angeklagte an den Taten beteiligt gewesen sei. In der weiteren anonymen Anzeige sei der Angeklagte zwar der Mitwirkung an zwei Geldautomatensprengungen in H. und N. bezichtigt worden, nicht aber der verfahrensgegenständlichen Tat in K. .

3. Die Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet die Ablehnung mehrerer Beweisanträge wegen Bedeutungslosigkeit, rügt in diesem Zusammenhang auch die Verletzung der Aufklärungspflicht und macht geltend, die Ablehnungsbeschlüsse seien unzureichend begründet. Ferner ist sie der Ansicht, die Beweiswürdigung sei rechtsfehlerhaft.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Verfahrensrügen dringen nicht durch.

a) Die Rügen der Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 StPO sind unbegründet.

aa) Aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos sind Indiztatsachen, wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen könnten (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. April 2000 - 1 StR 55/00, NStZ 2000, 436; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 54 mwN). Bei Behauptung einer relevanten belastenden Tatsache durch die Staatsanwaltschaft müsste daher eine bislang für den Angeklagten positive Beweislage durch die begehrte Beweiserhebung umschlagen können (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1997 - 5 StR 58/97, NStZ 1997, 503, 504 m. Anm. Herdegen; ferner BGH, Urteil vom 21. März 1990 - 2 StR 469/89 [juris Rn. 23]). Daran fehlt es indes, wenn der Tatrichter aus der behaupteten und als erwiesen unterstellten Indiztatsache einen möglichen, wenn auch nicht zwingenden Schluss nicht ziehen will (BGH, Urteile vom 24. Juni 2004 - 5 StR 306/03, NJW 2004, 3051, 3056; vom 14. Juli 1992 - 5 StR 231/92, NStZ 1992, 551). Eine den Angeklagten belastende Beweisbehauptung darf somit nicht allein deshalb als für das Verfahren bedeutungslos bezeichnet werden, weil die unter Beweis gestellte Tatsache keine zwingenden Schlüsse auf die Verstrickung des Angeklagten in die ihm angelastete Tat erlaubt. Legt der Tatrichter jedoch rechtsfehlerfrei dar, dass die in dem Beweisantrag behauptete Tatsache auch dann, wenn sie durch die beantragte Beweisaufnahme bewiesen würde, ihn nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugen könnte, so ist er nicht verpflichtet, den beantragten Beweis zu erheben (BGH, Urteil vom 30. September 1987 - 2 StR 412/87, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 4).

Dabei muss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsachen abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihnen keine Bedeutung beimisst. Wird die Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Umständen gefolgert, so müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich ergibt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache, selbst wenn sie erwiesen wäre, die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen könnte. Die erforderliche Begründung entspricht dabei grundsätzlich den Begründungserfordernissen bei der Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - 2 StR 363/09, StV 2010, 557, 558; Beschlüsse vom 16. Januar 2007 - 4 StR 574/06, NStZ 2007, 352; vom 17. Dezember 2013 - 4 StR 374/13, NStZ 2014, 168, 169; KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 144 jeweils mwN). Geht es um den Angeklagten belastende Beweisbehauptungen, muss die Ablehnung das ganze Beweisthema ohne Einengung, Verkürzung oder Unterstellung erfassen und darlegen, warum dem Tatrichter die im Beweisantrag behauptete Tatsache in Verbindung mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht ausreichen würde, um zu einer Verurteilung zu gelangen (BGH, Urteil vom 1. August 1989 - 1 StR 346/89, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 12 mwN).

bb) Daran gemessen sind zwar die von der Staatsanwaltschaft beanstandeten Ablehnungsbeschlüsse unzureichend begründet. Gleichwohl haben die Verfahrensrügen keinen Erfolg.

(1) Die zeugenschaftliche Vernehmung einer Sparkassenangestellten dazu, dass dem Angeklagten 2007/2008 lediglich eine Kreditlinie von 500 € eingeräumt und es auf seinem Konto zwischen Oktober 2008 und Mai 2009 zu Rücklastschriften gekommen war, sollte ersichtlich als Indiz dafür dienen, dass der damals von Arbeitslosengeld II sowie Gelegenheitstätigkeiten lebende Angeklagte aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht über legale Mittel verfügte, um - kurz nach der Tat - einen Pkw zum Preis von 16.900 Euro bar bezahlen zu können.

Es ist jedoch auszuschließen, dass das Urteil auf der unzureichenden Begründung und daher fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags beruht. Denn die Strafkammer ist in den Urteilsgründen von einer Mittellosigkeit des Angeklagten ausgegangen und hat die Barzahlung anlässlich des Pkw-Kaufs als - ersichtlich gewichtiges Indiz - für die Täterschaft des Angeklagten in seine Gesamtwürdigung eingestellt. Ein solches Vorgehen - also einerseits die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit, andererseits die Bejahung des mit ihm verfolgten Beweisziels - kann die Revision nicht begründen. Denn das Landgericht hat die als bedeutungslos erachteten Indizien, die für die vorläufige Beweiswürdigung in den Ablehnungsbeschluss so einzustellen gewesen wären, als seien sie erwiesen, im Urteil im Ergebnis als bedeutungslos gewürdigt und den von der Beschwerdeführerin intendierten Schluss - aus anderen Gründen - gezogen (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. April 2014 - 3 StR 27/14, NStZ-RR 2014, 279, 280 mwN).

(2) Mit den Beweisanträgen der Staatsanwaltschaft auf Vernehmung von Polizeibeamten zu einer mehr als eine Stunde vor dem Tatzeitpunkt versandten Kurzmitteilung, aus der sich unter anderem ergeben soll, dass der Empfänger [der Angeklagte] damals nicht beim Absender [seiner damaligen Lebensgefährtin] war, verfolgte die Staatsanwaltschaft ersichtlich das Ziel nachzuweisen, dass der Angeklagte als Täter in Betracht komme, weil er sich zur Tatzeit nicht bei seiner Lebensgefährtin aufgehalten habe.

Auch hier fehlt es jedenfalls am Beruhen. Wird ein Beweisantrag wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache abgelehnt, ohne dass hinreichend dargelegt wird, woraus sich nach Ansicht des Gerichts die Bedeutungslosigkeit ergibt, so kann ein Beruhen hierauf ausgeschlossen werden, wenn die Gründe für die Bedeutungslosigkeit auf der Hand lagen (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1990 - 5 StR 594/89, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 1 Bedeutungslosigkeit 12; KK-Krehl, aaO, § 244 Rn. 147 mwN). Das ist hier der Fall. Zwar gilt - wie bei jeder anderen entlastenden Indiztatsache - der Grundsatz "in dubio pro reo" nicht für einen weder widerlegten noch nachgewiesenen Alibibeweis (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2014 - 2 StR 333/13). Der lediglich gescheiterte Alibibeweis - bei dem die Lüge nicht erwiesen ist und auch sonst keine besonderen Umstände vorliegen - ist aber kein Beweisanzeichen für die Täterschaft (BGH, Urteile vom 21. Januar 2004 - 1 StR 364/03, NStZ 2004, 392, 394; vom 31. März 1999 - 5 StR 689/98, NStZ 1999, 423). Dies gilt auch, wenn - wie hier - der (unterstellt) erhobene Beweis ein Alibi des Angeklagten nicht ergeben hätte. Denn auch bei Erwiesenheit der unter Beweis gestellten Tatsachen stünde letztlich nur fest, dass sich der Angeklagte zum Zeitpunkt des Versands der Kurzmitteilung nicht bei seiner Lebensgefährtin aufgehalten hat; einen tragfähigen Schluss auf seine Täterschaft lässt dies indes nicht zu, sondern schließt ihn lediglich als Täter nicht aus.

(3) Die Verlesung der Telekommunikationsüberwachungsprotokolle über vier Kurzmitteilungen, die im Dezember 2009 zwischen dem Angeklagten und der gesondert verfolgten Sch. ausgetauscht worden sein sollen, hat die Strafkammer ebenfalls als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos abgelehnt. Mit ihnen sollte insbesondere erwiesen werden, dass der Angeklagte die Zeugin, die bei einer Tankstelle beschäftigt gewesen sei, gebeten habe, ihm Geld ("noch 200") mitzubringen bzw. die Zeugin mitgeteilt habe, dass sie nur "135" getauscht habe, dass mithin die gesondert verfolgte Sch. "aus einem nur ihr und dem Angeklagten bekannten Versteck Bargeld entnahm und an der Kasse der Aral-Tankstelle in nicht inkriminiertes Geld getauscht hat".

Die Ablehnung dieses Antrags begründet ebenfalls nicht das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft. Denn der behauptete Inhalt der Kurzmitteilungen ist so nichtssagend, dass es auch angesichts der von der Strafkammer zutreffend als bloße "Mutmaßungen" bezeichneten Beweisziele auf der Hand liegt, dass dem Tatrichter die im Beweisantrag behaupteten Tatsachen in Verbindung mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht ausreichen würde, um zu einer Verurteilung zu gelangen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 3 StR 442/14).

b) Auch die daneben erhobenen Rügen der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO greifen nicht durch, da die Aufklärungspflicht die Erhebung von Beweisen zu tatsächlich bedeutungslosen Umständen nicht gebietet.

c) Soweit die Staatsanwaltschaft einen (weiteren) Verstoß gegen § 244 Abs. 6 StPO darin sieht, dass die oben genannten Ablehnungsbeschlüsse ohne die erforderliche Gesamtwürdigung der unter Beweis gestellten Indiztatsachen zustande gekommen seien, hat auch diese Rüge keinen Erfolg.

Zwar können Beweisbehauptungen, die bereits früher und gleichzeitig mit dem konkret zu verbescheidenden Beweisantrag erhoben und als bedeutungslos oder bereits erwiesen behandelt wurden, in die bei der Prüfung der Bedeutungslosigkeit einer - weiteren - Beweisbehauptung gebotenen Erwägungen einzubeziehen sein (Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 225 mwN). Jedoch liegt weder nahe, dass die Strafkammer bei der Entscheidung über die Beweisanträge den Inhalt der früher gestellten Beweisanträge außer Betracht gelassen hat, noch ist ersichtlich, dass zwischen den einzelnen, in den verschiedenen Anträgen genannten Beweisbehauptungen ein Zusammenhang besteht, der deren Einbeziehung und eine Gesamtabwägung erfordern würde.

2. Die Sachrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Insbesondere dringen die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht durch.

a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht zwar unter anderem zu bejahen, wenn der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 StR 360/12, NStZ 2013, 180 mwN). Ist dies nicht der Fall, hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Ãœberzeugungsbildung aber sogar dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise näherliegend gewesen wäre (BGH, Urteil vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89; Senat, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13).

b) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden.

aa) Sie ist insbesondere nicht lückenhaft.

Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung vielmehr namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (BGH, Urteile vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06; vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13). Dies ist bei den von der Staatsanwaltschaft angeführten "Erörterungsdefiziten" indes nicht der Fall. Vielmehr erschöpfen sich diese Ausführungen in einer anderen Bewertung der von der Strafkammer erhobenen Beweise. Es ist jedoch allein Sache des Tatrichters, die Bedeutung und das Gewicht der einzelnen Indizien zu bewerten; das Revisionsgericht kann nicht auf der Grundlage einer abweichenden Beurteilung der Bedeutung einer Indiztatsache in die Ãœberzeugungsbildung des Tatrichters eingreifen (BGH, Urteile vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89; vom 4. April 2013 - 3 StR 37/13; vom 16. Mai 2013 - 3 StR 45/13, StraFo 2013, 339).

bb) Die Beweiswürdigung in dem landgerichtlichen Urteil enthält auch weder einen Rechtsfehler darstellende Widersprüche noch Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze.

Ein die Sachrüge begründender Widerspruch kann nicht allein darin liegen, dass einzelne Beweismittel miteinander Unvereinbares ergeben haben. Ebenso wenig kann ein Widerspruch darin gesehen werden, dass das Gericht den Ausführungen eines Sachverständigen folgt (hier etwa zur Herkunft von DNA-Spuren), aber hieraus nicht die von der Staatsanwaltschaft gezogene Schlussfolgerung ziehen will (dass trotz der aufgefundenen DNA-Spuren des Zeugen Se. auch der Angeklagte bei ihm sichergestellte Handschuhe benutzt hat oder haben könnte). Vielmehr ist bei ambivalenten Beweisanzeichen, die dem Tatrichter im Einzelfall rechtlich zulässige Schlüsse sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten ermöglichen, eine rechtlich vertretbare tatrichterliche Entscheidung darüber, welche indizielle Bedeutung ein solcher Umstand im konkreten Fall entfaltet, vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2013 - 3 StR 45/13, StraFo 2013, 339; vom 4. April 2013 - 3 StR 37/13; vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89).

cc) Schließlich hat das Landgericht weder die gebotene Gesamtwürdigung der für und gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechenden Umstände unterlassen oder rechtsfehlerhaft vorgenommen, noch hat es überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt. Es hat auch angesichts der von ihm nicht verkannten, den Angeklagten belastenden Umstände weder naheliegende andere Deutungsmöglichkeiten außer Acht gelassen, noch bloße Schlussfolgerungen zur Begründung von Zweifeln an der Täterschaft des Angeklagten angeführt, für die es nach der Beweisaufnahme entweder keine tatsächlichen Anhaltspunkte gibt oder die als eher fernliegend zu betrachten sind. Auch die Gesamtwürdigung weist daher keinen Rechtsfehler auf.

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 380

Externe Fundstellen: NStZ 2015, 355

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel