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HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 736

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 286/10, Beschluss v. 22.07.2010, HRRS 2010 Nr. 736


BGH 4 StR 286/10 - Beschluss vom 22. Juli 2010 (LG Münster)

Rechtsfehlerhafte Annahme eines täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Eigennützigkeit; Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei Kurieren).

§ 29 BtMG; § 25 StGB; § 27 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 4. Februar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen verurteilt worden ist, sowie

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.

Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Soweit der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (II. 2. und 3. der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 28. Juni 2010 hierzu ausgeführt:

"Nach ständiger - vom Großen Senat bestätigter (BGHSt 50, 252, 256) - Rechtsprechung des BGH ist 'Handeltreiben' im Sinne der §§ 29 ff. BtMG 'jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit'. Vorliegend hat das Landgericht zwar festgestellt, dass der Angeklagte das bei ihm bestellte Heroin als Lieferant 'besorgen und den Transport über die deutsch-niederländische Grenze durch einen Kurier organisieren' sollte (UA S. 8) und dies auch getan hat. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Angeklagte hierbei aus eigennützigen Motiven gehandelt hat. Ein - zumindest erwarteter - Gewinn liegt zwar nicht fern, da der Angeklagte den von K. und D. zu zahlenden Kaufpreis ausgehandelt hat (UA S. 8, 18) und auch in weiteren Fällen (UA S. 9) Heroin lieferte, andererseits aber hat die Kammer gerade nicht festgestellt, dass dem Angeklagten die - an den Kurier übergebene - Kaufpreissumme oder ein Teil davon zugeflossen ist (UA S. 26). Da das Gericht auch keine sonstigen vom Angeklagten aus den Geschäften zumindest erstrebten Vorteile festgestellt hat, fehlt es an der 'Eigennützigkeit', so dass die Verurteilung wegen Handeltreibens keinen Bestand haben kann. Da jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass noch Feststellungen dazu getroffen werden können, dass die Handlungen des Angeklagten nicht nur - fremdnützige - Beihilfe darstellten, sondern er doch irgendwelche materiellen oder immateriellen Vorteile gezogen oder dies zumindest angestrebt hat, bedarf die Sache insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung".

Dem kann sich der Senat nicht verschließen.

HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 736

Bearbeiter: Karsten Gaede