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HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 97

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 472/06, Beschluss v. 14.12.2006, HRRS 2007 Nr. 97


BGH 4 StR 472/06 - Beschluss vom 14. Dezember 2006 (LG Halle)

Überhöhte Gesamtstrafenbildung (Summe der beiden Einzelstrafen); revisionsrichterliche Strafzumessung (angemessene Rechtsfolge; keine Anwendung auf zwingende Vorschriften).

§ 54 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 StGB; § 354 Abs. 1a StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Die Frage der Angemessenheit einer Rechtsfolge im Sinne des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO stellt sich grundsätzlich nur dort, wo Rechtsfehler die tatrichterliche Bewertung von Strafzumessungstatsachen berühren. Um einen solchen Fall tatrichterlicher Bewertung handelt es sich indes nicht, wenn die Rechtsfolge gegen zwingendes Recht wie zum Beispiel § 54 Abs. 2 Satz 1 StGB verstößt.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 6. Juli 2006 im Gesamtstrafenausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren fünf Monaten und einer Woche verurteilt wird.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt und unter Einbeziehung einer rechtskräftigen Geldstrafe von 30 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Weißenfels vom 20. Juli 2005 eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten gebildet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat weder zum Schuld- noch zum Einzelstrafausspruch einen die Revision begründenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 8. November 2006.

Dagegen kann der Gesamtstrafenausspruch nicht bestehen bleiben. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift weiter zutreffend ausgeführt hat, verstößt die Gesamtstrafenbildung gegen § 54 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 StGB, weil die Gesamtstrafe der Summe der beiden Einzelstrafen entspricht.

Auf den ergänzend gestellten Antrag des Generalbundesanwalts setzt der Senat die Gesamtstrafe gemäß § 354 Abs. 1 a Satz 2, Abs. 1 b Satz 3 StPO auf drei Jahre fünf Monate und eine Woche herab. Durch diese nach Maßgabe von § 54 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 StGB niedrigst mögliche Gesamtfreiheitsstrafe (vgl. BGH NStZ 1996, 187) wird der Angeklagte unter keinen Umständen beschwert, nachdem der Tatrichter von der Möglichkeit des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB keinen Gebrauch gemacht hat.

Der Senat vermochte nicht dem ursprünglich vom Generalbundesanwalt gestellten Antrag zu folgen und die fehlerhafte Gesamtstrafe als angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO zu bestätigen. Denn die Frage der Angemessenheit einer Rechtsfolge im Sinne der genannten Vorschrift stellt sich grundsätzlich nur dort, wo Rechtsfehler die tatrichterliche Bewertung von Strafzumessungstatsachen berühren (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 354 Rdn. 28). Um einen solchen Fall tatrichterlicher Bewertung handelt es sich indes nicht, wenn die Rechtsfolge - wie hier - gegen zwingendes Recht, wie es § 54 Abs. 2 Satz 1 StGB bildet ("... darf ... nicht"), verstößt.

Der geringfügige Rechtsmittelerfolg rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von den Kosten seines im Wesentlichen erfolglosen Rechtsmittels freizustellen.

HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 97

Externe Fundstellen: StV 2008, 177

Bearbeiter: Karsten Gaede