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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 5/03, Beschluss v. 11.02.2003, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 5/03 - Beschluss vom 11. Februar 2003 (LG Dortmund)

Unterbrechung der Hauptverhandlung vor Urteilsverkündung (zehn Tage; dreißig Tage); Beruhen (Ausschluss in Ausnahmefällen).

§ 268 Abs. 3 StPO; § 229 Abs. 2 StPO; § 229 Abs. 3 StPO; § 337 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Die Unterbrechung der Hauptverhandlung darf vor der Verkündung des Urteils (§ 268 StPO) nur gem. § 229 Abs. 3 StPO wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten über die Frist von zehn Tagen hinaus verlängert werden, nicht aber - anders als während des Gangs der Hauptverhandlung - gem. § 229 Abs. 2 StPO um dreißig Tage.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 18. Juli 2002, soweit es sie betrifft - hinsichtlich der Angeklagten Sabina M., soweit sie verurteilt worden ist -, mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten Mladen M. des schweren Bandendiebstahls in vier Fällen, des Diebstahls in zwei Fällen sowie der Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Kriegswaffen in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Schußwaffen und Munition für schuldig befunden und ihn [richtig - nämlich unter Zuordnung des entsprechenden Teils des Schuldspruchs: wegen Diebstahls in zwei Fällen] unter Einbeziehung der Strafe aus einer rechtskräftigen früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie [richtig: wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen sowie Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Kriegswaffen in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Schußwaffen und Munition] zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt; ferner hat es gegen ihn Maßregeln nach §§ 69, 69 a StGB angeordnet.

Die Angeklagte Sabina M. hat es unter Freisprechung im übrigen wegen Hehlerei in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Gegen dieses Urteil wenden sich die beiden Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie das Verfahren beanstanden und die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Beide Rechtsmittel haben mit der Rüge der Verletzung des § 268 Abs. 3 StPO Erfolg.

Die Beweisaufnahme wurde am 11. Hauptverhandlungstag, dem 2. Juli 2002, geschlossen. Am Schluß der Sitzung an diesem Tage erging der Beschluß: "Die Hauptverhandlung wird über zehn Tage hinaus unterbrochen und fortgesetzt am 18. Juli 2002". Die Verhandlung wurde an diesem Tag, also dem 18. Juli 2002, mit der Urteilsverkündung fortgesetzt. Damit hat das Landgericht gegen § 268 Abs. 3 Satz 2 StPO verstoßen. Danach muß, sofern das Urteil nicht am Schluß der Verhandlung verkündet wird (§ 268 Abs. 3 Satz 1 StPO), die Verkündung des Urteils spätestens am elften Tage danach erfolgen, anderenfalls mit der Hauptverhandlung von neuem zu beginnen ist. Die Elftagefrist begann am 2. Juli 2002 und endete am 13. Juli 2002. Da dieser Tag ein Samstag war, hätte gemäß § 268 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 229 Abs. 4 Satz 2 StPO die Urteilsverkündung spätestens am 15. Juli 2002 erfolgen müssen. Eine weitere Verlängerung der Frist wie im Fall des § 229 Abs. 2 StPO - wovon die Strafkammer ersichtlich ausgegangen ist - gibt es bei der Unterbrechung der Hauptverhandlung unmittelbar vor der Urteilsverkündung nicht. Denn § 268 Abs. 3 Satz 3 StPO verweist ausdrücklich - soweit hier von Interesse - nur auf § 229 Abs. 3 StPO, nicht aber auf § 229 Abs. 2 StPO.

Der gerügte Verstoß führt hinsichtlich der beiden Beschwerdeführer zur Aufhebung des Urteils. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann nur in Ausnahmefällen ein Beruhen des Urteils auf dem Verstoß ausgeschlossen werden (BGH StV 1982, 4, 5 mit zust. Anm. Peters; BGHR StPO § 268 Abs. 3 Verkündung 1 und 2). Besondere Umstände, die hier einen solchen Ausnahmefall begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

Für das weitere Verfahren verweist der Senat hinsichtlich der den Angeklagten Mladen M. betreffenden Entziehung der Fahrerlaubnis vorsorglich auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 13. Januar 2003.

Externe Fundstellen: NStZ 2004, 52; StV 2003, 373

Bearbeiter: Ulf Buermeyer