hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 65/01, Urteil v. 19.07.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 65/01 - Urteil v. 19. Juli 2001 (LG Dortmund)

Abgrenzung von Tatmehrheit und Tateinheit bei mittelbarer Täterschaft (eigener Tatbeitrag); Aufrechterhaltung des Strafausspruches trotz fehlerhafter Annahme von Tatmehrheit

§ 52 StGB; § 53 StGB; § 25 Abs. 1 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 14. September 2000 dahin geändert, daß der Angeklagte wegen Betruges in 74 tateinheitlich begangenen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt wird.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 74 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt im wesentlichen ohne Erfolg. Sie führt lediglich zu einer abweichenden Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses und - unter Wegfall der Einzelstrafaussprüche - zur Verhängung einer der Gesamtfreiheitsstrafe entsprechenden selbständigen Freiheitsstrafe.

1. Die Annahme von Tatmehrheit in den vom Landgericht - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 13. März 2001 zutreffend dargelegt hat - rechtsfehlerfrei als Betrug gewerteten 74 Fällen hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Nach den Feststellungen schloß der Angeklagte die Verträge zwischen der Firma M. A. Ltd. und den Kapitalanlegern nicht selbst. Sein Tatbeitrag bestand vielmehr darin, daß er als Geschäftsführer der M. A. - Ltd. die organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffte, daß die von ihm angestellten und unterwiesenen Mitarbeiter mittels eines "über viele Jahre hinweg perfektionierten, ausgeklügelten Systems" Anleger warben und mit unwahren Tatsachenbehauptungen zum Abschluß von Anlageverträgen und zur Zahlung der Geldeinlagen veranlaßten. Die einzelnen Vertragsabschlüsse stellen zwar für sich genommen selbständige Handlungen dar, die sich der Angeklagte als mittelbarer Täter auch zurechnen lassen muß. Für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB kommt es aber nach ständiger Rechtsprechung auf den eigenen Tatbeitrag des Angeklagten an, der hier lediglich in einer Tathandlung, nämlich in der Leitung und Organisation der Firma M. A. Ltd bestand (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Konkurrenzen 10 und BGHR StGB § 263 Täterschaft 1; BGH NStZ 1996, 296, 297 und 610; wistra 1998, 224 und 1999, 23). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, daß sich der geständige Angeklagte auf entsprechenden Hinweis anders als geschehen verteidigt hätte.

2. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der Einzelstrafaussprüche. Sie läßt jedoch den Unrechts- und Schuldgehalt des deliktischen Verhaltens unberührt (vgl. BGHR StGB § 263 Täterschaft 1; BGH NStZ 1996, 296, 297; wistra 1998, 224). Die Gesamtstrafe kann daher als Einzelstrafe bestehen bleiben.

Bearbeiter: Karsten Gaede