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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 139/01, Beschluss v. 15.05.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 139/01 - Beschluß v. 15. Mai 2001 (LG Detmold)

Schwere räuberische Erpressung; Vermögensnachteil (Vollendung; Schadensgleiche Vermögensgefährdung; Schuldschein)

§ 255 StGB; § 253 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die Ausstellung eines Schuldscheins kann bereits einen tatbestandsmäßigen Vermögensnachteil in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung darstellen. Voraussetzung ist aber, daß das Vermögen schon konkret gefährdet, also mit wirtschaftlichen Nachteilen ernsthaft zu rechnen ist (BGHSt 34, 394, 395 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn bereits im Zeitpunkt der Tatbegehung konkret mit der Inanspruchnahme durch den nach Aushändigung der Erklärung beweisbegünstigten Täter zu rechnen ist (BGH a.a.O.; BGH NStZ 2000, 197).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten W. , We. und J. wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 11. Dezember 2000, auch soweit es den Angeklagten B. betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, daß die Angeklagten der versuchten schweren räuberischen Erpressung und, der versuchten Erpressung schuldig sind.

2. Auf die Revisionen aller Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Strafausspruch

a) hinsichtlich der im Fall II. 2. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen
b) hinsichtlich der Gesamtstrafen

aufgehoben.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen "gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung und wegen versuchter gemeinschaftlicher Erpressung" zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt.

Gegen das Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen. Sie rügen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten We. und J. beanstanden auch das Verfahren. Die Revision des Angeklagten B. ist, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, nach der eindeutigen Fassung des gestellten Antrags - auch unter Berücksichtigung des gesamten Revisionsvorbringens - auf den Strafausspruch beschränkt.

1. Die Verfahrensrügen der Angeklagten We. und J. entsprechen aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

2. Der Nachprüfung aufgrund der Sachrüge hält das Urteil nur teilweise stand.

a) Soweit es die Verurteilung wegen versuchter Erpressung im Fall II. 1. der Urteilsgründe anbelangt, hat die Überprüfung zum Schuldspruch und zu den insoweit verhängten Einzelstrafen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

b) Dagegen kann der Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung im Fall II. 2. der Urteilsgründe keinen Bestand haben.

Die Feststellungen zu diesem Fall rechtfertigen die Annahme einer vollendeten Nachteilszufügung nicht. Zwar kann bereits die Ausstellung eines Schuldscheins einen tatbestandsmäßigen Vermögensnachteil in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung darstellen. Voraussetzung ist aber, daß das Vermögen schon konkret gefährdet, also mit wirtschaftlichen Nachteilen ernsthaft zu rechnen ist (BGHSt 34, 394, 395 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn bereits im Zeitpunkt der Tatbegehung konkret mit der Inanspruchnahme durch den nach Aushändigung der Erklärung beweisbegünstigten Täter zu rechnen ist (BGH a.a.O.; BGH NStZ 2000, 197).

Daß die Angeklagten den mit Gewalt erzwungenen Schuldschein gerichtlich durchsetzen wollten, ist nicht festgestellt. Im Gegenteil: Den Angeklagten kam es ersichtlich auf die unmittelbare Herausgabe von Geld an. Auch nach der Ausstellung des Scheins verlangten sie von dem Geschädigten, "daß er zumindest die Summe von 2.500 DM sofort zahlen sollte." Gegen die Gefahr einer gerichtlichen Inanspruchnahme aus der Urkunde spricht auch die Beobachtung des Tatgeschehens durch Freunde des Geschädigten. Hinzu kommt, daß dieser unmittelbar nach Aushändigung des Schuldscheins die Polizei verständigte.

3. Da weitere Feststellungen, die eine konkrete Vermögensgefährdung belegen könnten, ausgeschlossen erscheinen und die Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen den Versuch einer schweren räuberischen Erpressung begangen haben, ändert der Senat den Schuldspruch - gemäß § 357 StPO auch zugunsten des Angeklagten B. - entsprechend ab.

Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung des Strafausspruchs hinsichtlich der im Fall II. 2. verhängten Einzelstrafen sowie hinsichtlich der Gesamtstrafen zur Folge.

Bearbeiter: Karsten Gaede