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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 542/00, Beschluss v. 20.02.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 542/00 - Beschluß v. 20. Februar 2001 (LG Schwerin)

Konkurrenzen zwischen verschiedenen Betäubungsmittelstraften; Fehlende Gewährung des letzten Wortes für den Angeklagten (Beruhen)

§§ 29 ff. BtMG; § 258 Abs. 2 StPO; § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG; § 337 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

1. Der Strafzumessungsregel des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG kommt gegenüber dem Tatbestand des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG keine eigenständige Bedeutung zu (BGH NStZ 1994, 39).

2. Der Verfahrensverstoß der Nichterteilung des letzten Wortes des Angeklagten stellt keinen absoluten Revisionsgrund dar, jedoch kann die Möglichkeit, daß das Urteil auf ihm beruht, nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden (vgl. BGHSt 22, 278, 280).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 14. Juli 2000, soweit es ihn betrifft.

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß das Wort "gewerbsmäßigen" entfällt.

b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht, hat den Angeklagten "der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem gewerbsmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen" schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es eine Einziehungsanordnung getroffen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel hat aufgrund einer Verfahrensrüge Erfolg, soweit es den Strafausspruch betrifft. Im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, jedoch hat der Senat eine Schuldspruchberichtigung vorgenommen.

Das Landgericht hat neben dem Verbrechenstatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG den verdrängten Vergehenstatbestand des unerlaubten Handeltreibens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG in den Schuldspruch aufgenommen und dies auch in den Urteilsgründen (UA 22) ,und der Liste der angewendeten Vorschriften zum Ausdruck gebracht. Dabei hat es nicht bedacht, daß der Strafzumessungsregel des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG gegenüber dem Tatbestand des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG keine eigenständige Bedeutung zukommt (BGH NStZ 1994, 39; BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Konkurrenzen 1: BGH bei Winkler NStZ 1999, 234).

2. Hinsichtlich des Strafausspruchs hat das Rechtsmittel mit der Rüge der Verletzung des § 258 Abs. 2 2. Halbsatz, Abs. 3 StPO Erfolg.

Ausweislich der Sitzungsniederschrift (§ 274 Satz 1 StPO) ist dem Angeklagten das letzte Wort nicht erteilt worden. Zwar stellt dieser Verfahrensverstoß keinen absoluten Revisionsgrund dar, jedoch kann die Möglichkeit, daß das Urteil auf ihm beruht, nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden (vgl. BGHSt 22, 278, 280: BGH bei Kusch NStZ 1993, 29; vgl. auch Engelhardt in KK 4. Aufl. § 258 Rdn. 37 m.w.N.). Das kann hier zwar hinsichtlich des Schuldspruchs bejaht werden, weil der Angeklagte sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung umfassend geständig war; anders ist es aber bezüglich des Strafausspruchs: Es ist nicht auszuschließen, daß der Angeklagte, wäre ihm das letzte Wort erteilt worden, Ausführungen gemacht hätte, welche die - ansonsten rechtlich nicht zu beanstandende - Strafzumessung zu seinen Gunsten beeinflußt hätten. Die Sache muß daher zum Strafausspruch neu verhandelt werden; die Einziehungsanordnung bleibt bestehen.

Bearbeiter: Rocco Beck