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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 405/00, Beschluss v. 24.10.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 405/00 - Beschluß v. 24. Oktober 2000 (LG Magdeburg)

Vergewaltigung; Erfolgreiche Verfahrensrüge; Beweisantrag (Unterlassene Entscheidung über Antrag auf ein Gutachten zur Glaubwürdigkeit der 14-jährigen Zeugin bei fehlenden weiteren Tatindizien)

§ 244 Abs. 6 StPO; § 177 Abs. 2 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 26. April 2000 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge nach § 244 Abs. 6 StPO Erfolg.

Im Hauptverhandlungstermin vom 25. April 2000 hat der Verteidiger des den Tatvorwurf (Vergewaltigung der 14jährigen Anneliese S.) bestreitenden Angeklagten beantragt, "die Erstellung eines psychologisch-psychiatrischen Gutachtens" zur Glaubwürdigkeit der Zeugin S. anzuordnen. Zur Begründung führte er an, die den Angeklagten belastende Aussage der nicht altersgerecht entwickelten, lernbehinderten Zeugin sei "aufgrund eines Suggestionseffektes" zustande gekommen. Dies ergebe sich sowohl aus der Aussageentstehung als auch daraus, daß keine Tatspuren festgestellt worden seien, insbesondere die gynäkologische Untersuchung "keine Hinweise auf die behauptete Vergewaltigung" ergeben habe.

Das Landgericht hat - entgegen § 244 Abs. 6 StPO - keine Entscheidung über den Antrag getroffen; ein Sachverständiger wurde nicht gehört. Das begründet die Revision (vgl. Gollwitzer in Löwe/Rosenberg 25. Aufl. § 244 Rdn. 370).

Der Senat weist darauf hin, daß im Hinblick auf die Besonderheiten in der Persönlichkeit der Zeugin (s. UA 4, 7), auf deren Angaben das Landgericht die Verurteilung allein stützt, und das Fehlen jeglicher - an sich zu erwartender (s. UA 4 f.) - Tatspuren (UA 6, 8) die Erholung des beantragten Gutachtens angezeigt sein könnte.

Bearbeiter: Karsten Gaede