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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 369/00, Beschluss v. 10.10.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 369/00 - Beschluß v. 10. Oktober 2000 (LG Paderborn)

Festsetzung der niedrigeren Strafe durch den Bundesgerichtshof in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts; Offenkundiges Fassungsversehen; Beschleunigungsgebot

§ 354 Abs. 1 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 15. Juni 2000, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch dahin geändert, daß der Angeklagte zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen (§ 74 JGG).

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Diebstahls in sechs Fällen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Strafausspruchs, im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben. Während das Landgericht gegen den Angeklagten nach dem Urteilstenor eine Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt hat, wird in den Urteilsgründen eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten als "erforderlich" genannt (UA 15). Dieser Widerspruch kann durch die Annahme eines offenkundigen Fassungsversehens nicht aufgelöst werden (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Februar 1993 - 3 StR 576/92).

Unter den hier gegebenen Umständen nötigt dieser Rechtsfehler nicht zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Vielmehr kann der Senat, auch um das im Jugendstrafverfahren in besonderem Maße zu beachtende Beschleunigungsgebot zu wahren (vgl. Senatsbeschluß vom 12. September 2000 - 4 StR 358/00), in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die niedrigere der beiden genannten Strafen als die dem Angeklagten günstigste Rechtsfolge (vgl. Kuckein in KK 4. Aufl. § 354 Rdn. 10, 20 m.w.Nachw.) festsetzen. Der Angeklagte ist hierdurch unter keinen Umständen beschwert. Denn nach den im übrigen rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen kam eine noch niedrigere als die nunmehr festgesetzte Jugendstrafe nicht in Betracht.

Bearbeiter: Karsten Gaede