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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 329/99, Urteil v. 13.10.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 329/99 - Urteil v. 13. Oktober 1999 (LG Hannover)

Schwerer Raub; Waffe; Verwenden einer Waffe

§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Eine geladene Pistole, die Gas nach vorne verschießt, ist eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB i.d.F. des 6. StrRG. 2. Der Begriff des Verwendens setzt nicht voraussetzt, daß der Einsatz des objektiv gefährlichen Tatmittels die konkrete Gefahr einer erheblichen Verletzungen anderer begründet.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. März 1999 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen, einschließlich derjenigen zur technischen Beschaffenheit der Tatwaffe, aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte zweimal eine Bankfiliale überfallen und durch Vorhalt einer geladenen Gaspistole den hinter Sicherheitsglas befindlichen Kassier veranlaßt, ihm Bargeldbeträge von 7.965 DM und 15.000 DM auszuhändigen.

Das Landgericht hat unter den konkreten Umständen des Einsatzes der Tatwaffe verneint, daß es sich bei der geladenen Gaspistole um eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB i.d.F. des 6. StrRG handelt und den Angeklagten nach §§ 253, 255, 249, 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB i.d.F. des 6. StrRG zu Einzelstrafen von drei und vier Jahren verurteilt, wobei es auch im ersten Fall, bei dem die Tatzeit vor April 1998 lag, § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB i.d.F. des 6. StrRG als das mildere Gesetz angewandt hat.

Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der allein noch erhobenen Sachrüge Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat nach der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts mit Urteil vom 11. Mai 1999 nach vorausgegangenem Anfrageverfahren gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG klargestellt, daß eine geladene Pistole, die Gas nach vorne verschießt, eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB i.d.F. des 6. StrRG ist, und der Begriff des Verwendens nicht voraussetzt, daß der Einsatz des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen anderer begründet (BGHR StGB § 250 11 1 Verwenden 2; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Sofern daher die vom Angeklagten verwendete Gaspistole ihren Ausschuß nach vorne hatte, wäre danach auf den am 28. Dezember 1998 begangenen zweiten Banküberfall von dem Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB i.d.F. des 6. StrRG auszugehen gewesen, während für den ersten am 29. August 1997 verübten Überfall § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. anwendbar geblieben wäre, da insoweit das neue Recht nicht milder ist. Ob die Tatwaffe einen Ausschuß nach vorne hatte, ist den bisherigen Feststellungen nicht hinreichend deutlich zu entnehmen.

Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Strafkammer bei Anwendung dieser Strafvorschriften, die jeweils eine Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren vorsehen, trotz der gegenüber einer scharfen Waffe geringeren Gefährlichkeit einer Gaspistole ebenfalls das Vorliegen eines minder schweren Falles, der zumindest beim zweiten Banküberfall eher fern liegt, verneint hätte und so zu einem höheren Strafmaß gelangt wäre. Es kommt hinzu, daß die Berücksichtigung besonderer Strafempfindlichkeit des Angeklagten als Ausländer von den Feststellungen nicht getragen und damit rechtlich bedenklich ist (vgl. BGHR StGB § 46 II Lebensumstände 17). Der Angeklagte hatte sich bereits 1986 in Deutschland niedergelassen, die deutsche Sprache erlernt, ist mit einer deutschen Frau verheiratet, lebt mit einer anderen deutschen Frau zusammen und hat auch einen in Deutschland lebenden Bruder. Anhaltspunkte für eine gegenüber einem deutschen Angeklagten wesentlich höhere Strafempfindlichkeit sind damit nicht ersichtlich. Es bedurfte hier der Aufhebung des Schuldspruchs nicht, da es sich nach den konkreten Umständen des Falles um eine Frage des Schuldumfanges im Sinne einer allein strafzumessungserheblichen Tatsache handelt.

Bearbeiter: Rocco Beck