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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 460/98, Beschluss v. 10.02.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 460/98 - Beschluss vom 10. Februar 1999 (LG Verden)

Beweiswürdigung; Beweisantrag (Fehlende Eignung bei Polygraph); Aufklärungspflicht; Unzulässigkeit der Aufklärungsrüge; Negativtatsachen

§ 244 Abs. 2 StPO; § 244 Abs. 3 StPO; § 261 StPO; § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 16. Dezember 1997 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Ergänzend zur Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 22. September 1998 bemerkt der Senat

Die von allen drei Angeklagten erhobene Rüge, die Strafkammer habe § 261 StPO dadurch verletzt, daß sie Daten der sog. M.-Telefonlisten verwertet habe, ohne deren Inhalt insgesamt vom besondere diejenigen der Liste bzw. Auskunft vom 28. Mai 1996 ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung einzuführen, genügt bei allen drei Revisionen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und ist deshalb jeweils nicht in zu lässiger Form erhoben. Die Beschwerdeführer verschweigen die Verfahrenstatsache, daß der sachverständige Zeuge, S., ein Mitarbeiter der Firma M., vom Kammervorsitzenden am 17. Februar 1997, nachdem die für mehrere Tage anberaumte Hauptverhandlung begonnen hatte, zum Hauptverhandlungstermin vom 21. Februar 1997 nachgeladen wurde, und zwar mit dem Zusatz: "Ihr Zeichen PSDA - 364/96, Auskunft vom 28. Mai 1996. Sie sollen als sachverständiger Zeuge zu den Einzelheiten der o.g. Auskunft vernommen werden" (Bd. V S. 4 d.A.). Danach ist es nicht nur möglich, sondern sogar naheliegend, daß insbesondere die einzelnen Daten der für die Beweiswürdigung des Landgerichts zentralen Handytelefonate, die von den Angeklagten nach Dauer und Inhalt bestritten wurden, Gegenstand der sachverständigen Ausführungen des Zeugen S. waren.

Demgegenüber ist die vom Angeklagten Me. geltend gemachte Rüge der Verletzung von § 244 Abs. 2, § 261 StPO zulässig erhoben, da bereits der die beantragte Beweiserhebung ablehnende und von der Revision mitgeteilte Beschluß vom 7. November 1997 den Hinweis enthält, daß der Angeklagte Me. sich dem Antrag der Angeklagten K. angeschlossen hat; eines erneuten Vortrags durch den Revisionsführer bedurfte es nicht. Die Rüge ist aber wie der Generalbundesanwalt ergänzend in seiner Zuschrift ausgeführt hat, unbegründet. Soweit dem Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit den Ausführungen zu § 244 Abs. 2, § 261 StPO auch die Behauptung der Verletzung von § 244 Abs. 2, § 261 StPO i.V.m. § 250 StPO durch Verlesung des Vermerks der Staatsanwältin St. vom 4. Juni 1997 entnommen werden könnte, wäre eine solche Rüge ebenfalls unbegründet: die Verlesung des Vermerks zum Beweis seines Inhalts war von den Verteidigern beantragt worden; durch die Verlesung wurde auch nicht die von der Revision vermißte erneute Vernehmung der Zeugin T. unzulässig ersetzt, da diese nicht Verfasserin des Vermerks war; die neuerliche Vernehmung der Zeugin T. ist in diesem Zusammenhang von keinem der Verfahrensbeteiligten beantragt worden und mußte sich dem Gericht auch nicht aufdrängen.

Zu der vom Angeklagten Th. als Verstoß gegen § 244 Abs. 3 StPO gerügten Ablehnung der Einholung eines mit Hilfe eines Polygraphen erstellten Glaubwürdigkeitsgutachtens weist der Senat ergänzend auf das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 1998 1 StR 156/97, und zwar soweit dort die polygraphische Untersuchung mittels Kontrollfragen- und Tatwissenstests als völlig ungeeignetes Beweismittel i.S.d. § 244 Abs. 3 StPO gewertet worden ist; dieser Auffassung schließt der Senat sich an.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2000, 35

Bearbeiter: Karsten Gaede