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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 33

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 379/21, Beschluss v. 02.11.2021, HRRS 2022 Nr. 33


BGH 3 StR 379/21 - Beschluss vom 2. November 2021 (LG Aurich)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision.

§ 44 StPO; § 345 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision ist regelmäßig unzulässig, wenn das Rechtsmittel vom Verteidiger rechtzeitig mittels erhobener Sachrüge begründet worden ist. Zwar kann eine Wiedereinsetzung ausnahmsweise - etwa zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen oder Gewährung rechtlichen Gehörs - in Betracht kommen, wenn das Sitzungsprotokoll nicht vollständig und rechtzeitig zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt worden ist. In einem solchen Ausnahmefall muss der Beschwerdeführer jedoch für jede seiner Verfahrensrügen ausreichend darlegen, inwieweit er ohne sein Verschulden durch die fehlende Akteneinsicht gehindert war, diese Rügen innerhalb der Revisionsbegründungsfrist zu erheben.

Entscheidungstenor

Der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Aurich vom 28. Mai 2021 wird verworfen.

Die Revision der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt, von der zwei Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Gegen das Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten. Das Rechtsmittel sowie der von der Angeklagten gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist haben keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision ist unzulässig, weil das Rechtsmittel vom Verteidiger rechtzeitig mittels erhobener Sachrüge begründet worden ist (BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2021 - 3 StR 185/21, NStZ-RR 2021, 344; vom 6. Juli 2021 - 4 StR 498/20, juris Rn. 2; vom 26. März 2019 - 2 StR 511/18, BGHR § 341 StPO Frist 2 Rn. 2; vom 29. Januar 2019 - 2 StR 416/18, juris Rn. 2; vom 11. Oktober 2017 - 5 StR 377/17, juris Rn. 1; vom 3. Juli 2012 - 4 StR 126/12, juris Rn. 2; vom 21. Dezember 2011 - 4 StR 553/11, juris Rn. 2).

Zwar kann eine Wiedereinsetzung ausnahmsweise - etwa zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen oder Gewährung rechtlichen Gehörs - in Betracht kommen, wenn das Sitzungsprotokoll nicht vollständig und rechtzeitig zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt worden ist (BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 1999 - 4 StR 319/99, juris Rn. 2; vom 12. Januar 1984 - 4 StR 762/83, juris Rn. 2; KKStPO/Gericke, 8. Aufl., § 345 Rn. 26). In einem solchen Ausnahmefall muss der Beschwerdeführer jedoch für jede seiner Verfahrensrügen ausreichend darlegen, inwieweit er ohne sein Verschulden durch die fehlende Akteneinsicht gehindert war, diese Rügen innerhalb der Revisionsbegründungsfrist zu erheben (BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 1997 - 4 StR 152/97, juris Rn. 4 f.; vom 12. März 1996 - 1 StR 710/95, BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristdauer 1; vom 13. Januar 1993 - 2 StR 640/92, wistra 1993, 228; vom 9. August 1995 - 1 StR 59/95, wistra 1995, 347).

Ausweislich der eingeholten dienstlichen Äußerungen des Kammervorsitzenden und der Mitarbeiterin der Geschäftsstelle ist ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben, da dem Verteidiger vollständige Akteneinsicht gewährt worden ist.

Im Übrigen genügt der Wiedereinsetzungsantrag der Angeklagten den dargelegten Anforderungen nicht. So sind weder konkrete Verfahrensrügen erhoben noch ist dargetan, welche Verfahrensrügen geltend gemacht werden sollen und inwieweit der Verteidiger durch die fehlende Akteneinsicht gehindert war, diese Rüge innerhalb der Revisionsbegründungsfrist zu erheben. Darüber hinaus hat der Verteidiger die Tatsachen zur Begründung seines Antrags entgegen § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht glaubhaft gemacht.

2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 33

Bearbeiter: Christian Becker