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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 929

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 153/21, Beschluss v. 30.06.2021, HRRS 2021 Nr. 929


BGH 3 StR 153/21 - Beschluss vom 30. Juni 2021 (LG Krefeld)

Subsidiarität der erweiterten Einziehung von Taterträgen.

§ 73 StGB; § 73a StGB

Leitsatz des Bearbeiters

§ 73a StGB ist gegenüber § 73 StGB subsidiär. Die Vorschrift gelangt deshalb erst dann zur Anwendung, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind. Sofern eine konkrete Straftat als Herkunftstat festgestellt werden kann, kommt nur eine Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB in Betracht, die - falls diese Tat nicht von der Anklageschrift umfasst ist - gegebenenfalls im Rahmen eines gesonderten Strafverfahrens wegen der Herkunftstat anzuordnen ist.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 10. Februar 2021

im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig ist;

im Ausspruch über die Einziehung des Apple iPhone mit Tesco SIM Karte, des Nokia Mobilphone ohne SIM Karte und des Samsung Mobilphone mit Lebara SIM Karte sowie des Bargeldes in Höhe von 10.360 € mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es neben weiteren Einziehungsentscheidungen die Einziehung von in der Urteilsformel genau bezeichneten drei Mobiltelefonen, zwei SIM-Karten sowie Bargeld in Höhe von 10.360 € angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Urteilsformel ist auf der Grundlage der zutreffenden rechtlichen Würdigung der Tat durch das Landgericht im Schuldspruch neu zu fassen. Zur rechtlichen Bezeichnung eines Verbrechens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bedarf es des Zusatzes „in nicht geringer Menge“ nicht, da der Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens stets voraussetzt, dass die Tat eine solche Menge betrifft (BGH, Beschluss vom 10. November 2020 - 3 StR 355/20, juris Rn. 2 mwN).

2. Der Ausspruch über die Einziehung der Mobiltelefone (inkl. SIM-Karten) und des Bargeldes hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, da die zugrundeliegenden Feststellungen lückenhaft sind.

a) Den Urteilsgründen kann auch unter Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhanges nicht entnommen werden, dass der Angeklagte die Mobiltelefone (inkl. SIM-Karten) zur Tatausführung verwendete oder aus der Tat erlangte.

b) Die Einziehung des Bargeldes kann ebenfalls nicht bestehen bleiben.

aa) Das Landgericht hat den Ausspruch über die Einziehung des Bargeldes ohne nähere Ausführungen auf "§§ 73, 73a Abs. 1, 74 StGB“ gestützt und insoweit festgestellt, dass in einem der von dem Angeklagten bei der Tatbegehung mitgeführten Koffer Bargeld in Höhe von 10.000 € aufgefunden wurde. Zur Herkunft des Geldes verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Der Widerspruch zwischen der Höhe des im Koffer aufgefundenen Geldes (10.000 €) und der Höhe des im Tenor niedergelegten Betrages (10.360 €) bleibt unaufgelöst.

bb) Diese rudimentären Feststellungen tragen die Einziehungsentscheidung nicht.

Eine Einziehung gemäß § 73 StGB scheidet aus, weil sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass der Angeklagte das Geld durch oder für die abgeurteilte Tat erlangt hat. Für eine Einziehung nach § 74 StGB fehlt es an Feststellungen, dass der Betrag zu ihrer Vorbereitung oder Begehung bestimmt gewesen ist.

Das Landgericht hat die Einziehung auch nicht auf § 73a Abs. 1 StGB stützen können. Denn die Vorschrift des § 73a StGB ist gegenüber § 73 StGB subsidiär. Sie gelangt deshalb erst dann zur Anwendung, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind. Sofern eine konkrete Straftat als Herkunftstat des vom Angeklagten mitgeführten Bargeldes festgestellt werden kann, kommt nur eine Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB in Betracht, die - falls diese Tat nicht von der Anklageschrift umfasst ist - gegebenenfalls im Rahmen eines gesonderten Strafverfahrens wegen der Herkunftstat anzuordnen ist (st. Rspr., etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 2021 - 3 StR 67/21, juris Rn. 3, vom 16. Juli 2019 - 2 StR 268/19, BGHR StGB § 73a Abs. 1 Einziehung 2 Rn. 8, jeweils mwN).

c) Die Sache bedarf deshalb im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 929

Bearbeiter: Christian Becker