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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 573

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 522/18, Beschluss v. 19.03.2019, HRRS 2019 Nr. 573


BGH 3 StR 522/18 - Beschluss vom 19. März 2019 (LG Trier)

Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (Nebenstrafe; Strafzumessungsentscheidung; bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe; Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden rechtsfolgen).

§ 74 Abs. 1 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Eine Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB hat auch nach heute geltendem Recht nach wie vor den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 20. Juli 2018, soweit es ihn betrifft, im gesamten Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung des Personenkraftwagens Peugeot 307 SW mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen, davon in zwei Fällen versucht, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes des Tatertrags in Höhe von 2.000 € sowie eines Personenkraftwagens der Marke Peugeot 307 SW angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Strafausspruch hat keinen Bestand.

Das Landgericht hat die Einziehung des zur Tatbegehung in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe gebrauchten PKW des Angeklagten auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 1983 - 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen. Daran ist auch nach der Änderung des § 74 StGB durch das Gesetz vom 13. April 2017 (BGBl. I, S. 872) festzuhalten (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526; vgl. auch Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169 f.; jew. mwN).

Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Fahrzeugs hat es nicht festgestellt. In die Gesamtwürdigung, die es gleichermaßen in allen abgeurteilten Fällen zur Prüfung, ob ein minder schwerer Fall nach § 244a Abs. 2 StGB vorliegt, vorgenommen hat, hat es die Einziehung des Fahrzeugs nicht eingestellt. Da die Strafkammer im Rahmen der Bemessung sowohl der jeweils konkreten Einzelstrafen als auch der Gesamtfreiheitsstrafe auf die dort aufgeführten Strafzumessungskriterien verwiesen hat, hat sie den Verlust des Fahrzeugs auch hierbei nicht berücksichtigt. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass das Landgericht, hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkten Einzelstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe milder bemessen hätte, zumal es den Umstand, dass der Angeklagte Eigentümer des in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe benutzten Fahrzeugs war, sogar als straferschwerend gewertet hat.

2. Bereits der Wegfall des Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der Einziehungsentscheidung; denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, aaO). Im Übrigen ergibt sich der Umstand, dass der Angeklagte der Eigentümer des eingezogenen Personenkraftwagens der Marke Peugeot mit dem französischen Kennzeichen war, nicht widerspruchsfrei aus den Urteilsgründen. Zwar ist das Landgericht sowohl bei der Strafzumessung als auch bei der Einziehung vom Eigentum des Angeklagten an dem Fahrzeug ausgegangen. Auch wird im Rahmen der Beweiswürdigung ein Polizeibeamter als Zeuge mit dem Hinweis zitiert, dass der Angeklagte den Wagen von der Mietwagenfirma N. in Paris „erworben“ habe. Indessen enthält die Beweiswürdigung an anderer Stelle die Aussagen von Polizeizeugen, wonach der Angeklagte im Fall II. 3. der Urteilsgründe als Führer des „Mietfahrzeugs mit dem französischen Kennzeichen“ und im Fall II. 4. der Urteilsgründe „wiederum mit dem Peugeot mit dem amtlichen französischen Kennzeichen , deren Vermieter die Mietwagenfirma N. in Paris gewesen sei“, observiert worden sei.

Die Strafzumessung und die Einziehung des Fahrzeugs bedürfen deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 573

Externe Fundstellen: NStZ 2020, 214; StV 2019, 739

Bearbeiter: Christian Becker