hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 103

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 489/18, Beschluss v. 12.12.2018, HRRS 2019 Nr. 103


BGH 3 StR 489/18 - Beschluss vom 12. Dezember 2018 (LG Koblenz)

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung (gesamtstrafenfähiges Urteil; Zäsurwirkung).

§ 55 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 18. Juni 2018, soweit eine Entscheidung über die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe unterblieben ist, mit der Maßgabe aufgehoben, dass hierüber die gerichtliche Entscheidung nach §§ 460, 462 StPO, auch über die Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Die materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch, zu der verhängten Einzelstrafe und zum Maßregelausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen hat das Urteil keinen Bestand, soweit das Landgericht es entgegen § 55 Abs. 1 StGB versäumt hat, aus der verhängten Freiheitsstrafe und den Geldstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Koblenz vom 4. August 2017 (Az.: 2010 Js 39794/17) und vom 16. August 2017 (Az.: 2010 Js 47388/17) nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden.

Die Voraussetzungen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB liegen vor. Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Tat beging der Angeklagte am 24. Juli 2017, mithin vor den Entscheidungen des Amtsgerichts Koblenz vom 4. und 16. August 2017. Das Urteil vom 4. August 2017 entfaltet keine Zäsurwirkung, weil die Strafen aus beiden Urteilen ihrerseits gesamtstrafenfähig sind (Tatzeiten 6. März 2017 und 14. Mai 2017). Beide Geldstrafen sind nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils noch nicht beglichen oder anderweitig erledigt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch die unterlassene Gesamtstrafenbildung beschwert ist, weil es nach den Urteilsfeststellungen zu den finanziellen Verhältnissen des Angeklagten nicht fern liegt, dass die nicht unerheblichen Geldstrafen von 120 Tagessätzen zu je 10 € und 300 Tagessätzen zu je 10 € im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden.

Der Senat entscheidet gemäß § 354 Abs. 1b StPO, der bei Rechtsfehlern, die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen, die Möglichkeit eröffnet, auf eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung nach den §§ 460, 462 StPO zu verweisen. Diesem Beschlussverfahren bleibt auch die abschließende Kostenentscheidung vorbehalten. Dabei bleibt für die Frage der Erledigung der Zeitpunkt des angefochtenen Urteils maßgebend (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2010 - 3 StR 368/10, juris Rn. 2 mwN).

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 103

Bearbeiter: Christian Becker