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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 83

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 464/18, Beschluss v. 14.11.2018, HRRS 2019 Nr. 83


BGH 3 StR 464/18 - Beschluss vom 14. November 2018 (LG Koblenz)

Verhältnis der verschiedenen Tatbestandsvarianten beim schweren sexuellen Missbrauch.

§ 177 Abs. 8 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 12. Juni 2018 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der besonders schweren sexuellen Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „eines - zweifachen, tateinheitlich begangenen - besonders schweren sexuellen Übergriffs“ in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, führt zu einer geringfügigen Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Der Generalbundesanwalt hat zum Schuldspruch zutreffend ausgeführt:

„Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen zweier tateinheitlicher Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs nach §§ 177 Abs. 8 Nr. 1, Nr. 2a, 52 StGB verurteilt hat (UA S. 2, 36), bedarf der Schuldspruch der Änderung dahin, dass insofern nur eine einheitliche Tat im Rechtssinne vorliegt. Vergleichbar mit den Tatbestandsvarianten des § 224 StGB sind die verschiedenen Strafschärfungsgründe des § 177 Abs. 8 StGB als unterschiedliche Begehungsformen eines einzigen sexuellen Übergriffs zu werten (MüKoStGB/Renzikowski, StGB, 3. Aufl., § 177 nF Rn. 180; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 177 Rn. 28).

§ 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich nicht anders als geschehen verteidigen können.“

Da der Angeklagte Gewalt anwendete (§ 177 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Alternative 2, Nr. 2a StGB), hat der Schuldspruch auf „sexuelle Nötigung“ zu lauten (vgl. MüKoStGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 nF Rn. 101).

2. Die verhängte Strafe bleibt von der geringfügigen Schuldspruchänderung unberührt. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei Annahme einer einzigen Gesetzesverletzung unter Verwirklichung zweier Qualifikationsmerkmale (mit einem anderen gefährlichen Werkzeug; schwere körperliche Misshandlung des Opfers) anstatt zweier tateinheitlich begangener Fälle (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB) auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.

3. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt nicht die Anwendung des § 473 Abs. 4 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 83

Bearbeiter: Christian Becker