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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 68

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 330/18, Urteil v. 18.10.2018, HRRS 2019 Nr. 68


BGH 3 StR 330/18 - Urteil vom 18. Oktober 2018 (LG Trier)

Beschränkung des Rechtsmittels auf die Nichtanordnung der Einziehung von Betäubungsmitteln (Sicherungscharakter; keinen Einfluss auf die Bemessung der Strafhöhe; gefährliche Gegenstände; Tatobjekte).

§ 337 StPO; § 344 Abs. 1 StPO; § 33 S. 1 BtMG; § 74 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die Einziehung von Betäubungsmitteln (§ 33 S. 1 BtMG), die Gegenstand der Tat waren, hat keinen Straf-, sondern lediglich Sicherungscharakter. Denn Betäubungsmittel sind gefährliche Gegenstände, deren Verwendung sich in dem Gebrauch erschöpft, auf deren Verhinderung die Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes abzielen. Ihre Einziehung berührt mithin die Bemessung der Strafhöhe nicht, weshalb eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auf die Nichtanordnung der Einziehung von Betäubungsmitteln grundsätzlich möglich ist.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 20. März 2018 im Rechtsfolgenausspruch dahin ergänzt, dass 30 Kilogramm Amphetamin, die im Verfahren gegen den Angeklagten am 15. Juli 2017 sichergestellt worden sind, eingezogen werden.

Die Kosten des Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und den Wert der Taterträge in Höhe von 1.350 € eingezogen. Eine Einziehung der tatgegenständlichen Betäubungsmittel hat das Landgericht - ausweislich der Urteilsgründe versehentlich - nicht angeordnet. Hiergegen wendet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die auf die unterbliebene Einziehung der Betäubungsmittel beschränkt ist.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beförderte der Angeklagte als Beifahrer des von seiner Freundin gesteuerten Fahrzeugs 30 Kilogramm Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 4,1 Kilogramm Amphetaminbase über die Grenze nach Deutschland. Die Einfuhr nahm er im Auftrag eines Dritten vor, der das eingeführte Rauschmittel gewinnbringend weiterverkaufen wollte.

2. Die Staatsanwaltschaft hat die Revision wirksam auf die Nichtanordnung der Einziehung beschränkt. Zwar ist eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Einziehung nicht wirksam, wenn diese als Nebenstrafe Teil der Strafzumessung ist und deshalb eine Entscheidung über die Einziehung nicht möglich ist, ohne zugleich die Höhe der Strafe zu erörtern (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1992 - 1 StR 618/92, NStZ 1993, 400). Doch hat die Einziehung der Betäubungsmittel nach § 33 Satz 1 BtMG, die Gegenstand der Tat selbst waren (sogenannte Beziehungsgegenstände [jetzt: Tatobjekte] - vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 1991 - 1 StR 731/90, NStZ 1991, 496; vom 17. März 2010 - 2 StR 67/10, NStZ 2011, 100), keinen Straf-, sondern lediglich Sicherungscharakter. Betäubungsmittel sind gefährliche Gegenstände, deren Verwendung sich in dem Gebrauch erschöpft, auf deren Verhinderung die Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes abzielen (vgl. MüKoStGB/O?lakc?o?lu, 3. Aufl., § 33 BtMG Rn. 147; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 423). Ihre Einziehung berührt mithin die Bemessung der Strafhöhe nicht. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Sicherstellung der Betäubungsmittel, die damit dem Verkehr entzogen werden, einen bestimmenden Strafzumessungsgrund darstellt. Denn diese liegt zeitlich vor der endgültigen Einziehung und ist vorliegend vom Landgericht auch bei der Strafzumessung berücksichtigt worden.

3. Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Die versehentlich unterbliebene Entscheidung über die Einziehung des sichergestellten Rauschgiftes stellt einen Verstoß gegen § 33 Satz 1 BtMG dar. Die Rückgabe der sichergestellten großen Menge Betäubungsmittel an den Angeklagten würde eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten (vgl. § 74 Abs. 3 Sätze 1 und 2, § 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB).

Der Senat kann in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Urteilsspruch um die Anordnung der Einziehung ergänzen. Zwar steht die Einziehung der tatbetroffenen Betäubungsmittel im Ermessen des Tatrichters. Doch kann das Revisionsgericht auch in solchen Fällen ausnahmsweise selbst entscheiden, wenn nach den Umständen des Falles eine Ausübung des Ermessens dahin, dass die beschlagnahmten Sachen wieder freigegeben werden, nicht ohne Rechtsfehler möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1975 - 3 StR 4/71 I, BGHSt 26, 258, 266 mwN). Das ist vorliegend angesichts der Gefährlichkeit der großen Menge des Rauschmittels Amphetamin der Fall (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. September 1986 - 1 StR 497/86, NStE Nr. 1 zu § 33 BtMG; MüKoStGB/O?lakc?o?lu, 3. Aufl., § 33 BtMG Rn. 161).

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 68

Bearbeiter: Christian Becker