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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 93

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 268/18, Beschluss v. 28.11.2018, HRRS 2019 Nr. 93


BGH 3 StR 268/18 - Beschluss vom 28. November 2018 (LG Bad Kreuznach)

Fehlen des für die Strafverfolgung bei der Beleidigung erforderlichen Strafantrags (Berücksichtigung der nicht verfolgbaren Straftat im Rahmen der Strafzumessung; straferschwerende Modalität).

§ 46 StGB; § 77 StGB; § 185 StGB; § 194 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Eine wegen Fehlens eines rechtzeitig gestellten Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung kann, wenn auch mit geringerem Gewicht, im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die wegen Fehlens eines wirksamen Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung als straferschwerende Modalität des zu ahndenden Delikts darstellt (hier: Beleidigung als straferschwerende Modalität einer Körperverletzung).

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 28. Februar 2018 im Schuldspruch zu den Fällen II. Fall 7 und II. Fall 8 der Urteilsgründe dahin geändert, dass die Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich begangener Beleidigung entfällt.

Die weitergehende Revision wird verworfen

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Beleidigung, wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung und wegen versuchter räuberischer Erpressung in drei Fällen unter Einbeziehung einer vorangegangenen Strafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung in zwei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:

„Hinsichtlich der Fälle 7 und 8, bei denen aufgrund eines offensichtlichen Schreibversehens als Tatzeit der 30. und 31. März statt der 20. und 21. März 2017 festgestellt wurde, entfällt der Schuldspruch wegen der jeweils tateinheitlich begangenen Beleidigung (Meyer-Goßner/Schmitt, 61. Aufl. StPO, Einl. Rdn. 154 und § 206a Rdn. 5; so auch UA S. 20) mangels des für die Strafverfolgung gemäß § 194 Abs. 1 StGB erforderlichen Strafantrags. Ein solcher ist nicht gestellt worden und kann nach Ablauf der dreimonatigen Antragsfrist des § 77b StGB auch nicht mehr nachgeholt werden. Der Vernehmung der Geschädigten vom 23. März 2017 (Bd. I, Bl. 105, 108) ist ein eindeutiges Strafverlangen in Bezug auf die Beleidigung nicht zu entnehmen (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 77 Rdn. 24).

Die Schuldspruchänderung lässt den Strafausspruch unberührt. Die Strafkammer hat zwar strafschärfend gewertet, dass die Angeklagte in den Fällen 7 und 8 zwei Straftatbestände verwirklicht hat (UA S. 23). Eine wegen Fehlens eines rechtzeitig gestellten Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung kann jedoch, wenn auch mit geringerem Gewicht, im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, NJW 2001, 1874, 1876; Beschluss vom 19. November 1992 - 2 StR 538/92, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 9); dies insbesondere dann, wenn sich die wegen Fehlens eines wirksamen Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung als straferschwerende Modalität des zu ahndenden Delikts darstellt (BGH, Beschluss vom 29. Juni 1994 - 2 StR 253/94, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 12; Beschluss vom 11. November 1994 - 2 StR 539/94). Mit Rücksicht auf die Gesamtumstände der von der Angeklagten begangenen Taten kann ausgeschlossen werden, dass das Landgericht die Angeklagte zu jeweils geringeren Geldstrafen verurteilt hätte, wenn es - wie vorliegend möglich - die ihr zur Last gelegte Tatbestandsverwirklichung des § 185 StGB lediglich als strafschärfende Modalität der - versuchten - gefährlichen Körperverletzungen bewertet hätte (BGH, Beschluss vom 04. Februar 2016 - 2 StR 448/15, StraFo 2016, 161).“

Dem schließt sich der Senat an.

Die Nachprüfung des Urteils hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Insoweit erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Angesichts des geringen Teilerfolgs ist es nicht unbillig, die Angeklagte mit den gesamten Kosten ihres Rechtsmittels zu belasten.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 93

Bearbeiter: Christian Becker