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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 934

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 125/18, Beschluss v. 28.05.2018, HRRS 2018 Nr. 934


BGH 3 StR 125/18 - Beschluss vom 28. Mai 2018 (LG Mönchengladbach)

Wegnahme eines tatsächlich leeren Behältnisses als fehlgeschlagener Versuch des Diebstahls/Raubes; Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs (Eignung zur Hervorrufung erheblicher Verletzungen nach der konkreten Art der Verwendung).

§ 242 StGB; § 249 StGB; § 22 StGB; § 23 StGB; § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Befindet sich in einem Behältnis, das der Täter in seinen Gewahrsam bringt, nicht die vorgestellte werthaltige Beute, kann regelmäßig nicht wegen eines vollendeten Diebstahls oder Raubes, sondern nur wegen (fehlgeschlagenen) Versuchs verurteilt werden.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. November 2017, auch soweit es die Angeklagte D. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt. Während die nicht weiter ausgeführte Verfahrensrüge unzulässig ist (§ 344 Abs. 2 StPO), hat das Rechtsmittel mit der allgemeinen Sachrüge Erfolg.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift, mit der er die Aufhebung des Urteils beantragt hat, Folgendes ausgeführt:

"1. Die … Feststellungen tragen eine Verurteilung wegen eines vollendeten besonders schweren Raubes nicht. Danach drang der Angeklagte mit seinem Komplizen - dem gesondert verfolgten K. - in die Wohnung der Geschädigten ein, um dort vermutetes Bargeld zu rauben, welches sie aufgrund eines Hinweises der Mitangeklagten D. in einem 'Tresor' im Schlafzimmer vermuteten (UA S. 5). Nachdem der Angeklagte und K. die Wohnungsinhaberin mittels einer nicht funktionsfähigen Softairpistole sowie eines Baseballschlägers bedroht und ihr Gesicht in ein Sofa im Wohnzimmer gedrückt hatten, durchsuchte K. das Schlafzimmer, nahm dort den befindlichen Tresor an sich, und entwendete ohne Wissen des Angeklagten aus der Küche dort befindliche Betäubungsmittel. Nach der Flucht der Tatbeteiligten erwies sich der 'Safe' jedoch als leer (UA S. 6).

Diese bislang getroffenen Feststellungen legen nahe, dass sich die Zueignungsabsicht des Angeklagten und seines Komplizen nicht auf den 'Safe' als solchen, sondern auf das darin nach ihrer Vorstellung vorhandene Bargeld richtete. Befindet sich in einem Behältnis, das die Täter in ihren Gewahrsam bringen, indes nicht die vorgestellte werthaltige Beute, kann nicht wegen eines vollendeten Diebstahls oder Raubes, sondern nur wegen (fehlgeschlagenen) Versuchs verurteilt werden (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2016 - 3 StR 173/16).

Es kann bei dem Angeklagten auch nicht wegen der Mitnahme der Betäubungsmittel von einem vollendeten besonders schweren Raub ausgegangen werden. Denn nach den … Feststellungen ging es den Tatbeteiligten dem Tatplan nach nicht um den Raub von Drogen, sondern um Geld (UA S. 5). Dass der anderweit verfolgte K. dennoch - vom Angeklagten unbemerkt (UA S. 6) - neben dem 'Safe' auch Drogen wegnahm, ist dem Beschwerdeführer daher nicht zuzurechnen.

2. Die Verurteilung wegen einer beim Raubgeschehen begangenen gefährlichen Körperverletzung wird von den bislang getroffenen Feststellungen gleichfalls nicht getragen. Zwar hielt der Angeklagte die im Wohnzimmer anwesenden Personen - darunter auch Kr., den Sohn der Wohnungsinhaberin - mit einer defekten Softairpistole 'in Schach', drückte auch dessen Gesicht auf das Sofa, wobei er Verletzungen in Kauf nahm, und fügte ihm 'hierbei' durch die Softairpistole eine blutende Kratzwunde im Gesicht zu. Dazu, wie dies genau geschehen ist, enthält das Urteil jedoch keine Ausführungen. Der Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist jedoch nur erfüllt, wenn das verwendete 'Werkzeug' nach der konkreten Art der Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (vgl. Hardtung in Münchener Kommentar, StGB, 3. Aufl., § 224 Rn. 20 ff. m.w.N.). Dass von der defekten Softairpistole vorliegend in einer im vorbeschriebenen Sinne gefährlichen Weise Gebrauch gemacht wurde, ist den bisher getroffenen Feststellungen jedoch nicht hinreichend sicher zu entnehmen. Mindestens ebenso denkbar erscheint, dass der Kratzer durch die Softairpistole nur deshalb verursacht wurde, weil der Angeklagte diese noch in der Hand hielt, als er das Gesicht des Geschädigten auf das Sofa drückte.“

Dem schließt sich der Senat an. Er hat abweichend vom Antrag des Generalbundesanwalts die Feststellungen insgesamt aufgehoben, um dem neu zur Entscheidung berufenen Tatrichter die Möglichkeit zu geben, in sich stimmige und widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen.

Die auf die Sachrüge veranlasste Aufhebung des Urteils war auf die Mitangeklagte D. zu erstrecken, die keine Revision eingelegt hat (§ 357 Satz 1 StPO); denn die aufgezeigten Rechtsfehler betreffen die Verurteilung der Mitangeklagten wegen Beihilfe zur Tat des Angeklagten in gleicher Weise.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 934

Bearbeiter: Christian Becker