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HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 20

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 332/16, Beschluss v. 15.11.2016, HRRS 2017 Nr. 20


BGH 3 StR 332/16 - Beschluss vom 15. November 2016 (LG Osnabrück)

Fehlende Feststellungen zum Erfolg bei der Verurteilung wegen vollendeter Nötigung.

§ 240 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 12. Mai 2016 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben

im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen Nötigung verurteilt worden ist,

im gesamten Strafausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Nötigung und versuchter Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch wegen Nötigung wird von den Feststellungen nicht getragen. Nach diesen fuhren der Angeklagte sowie die Zeugen L. und T. den Zeugen P. zu einem abgelegenen Feldweg und drohten dort, ihn nicht laufen zu lassen, wenn er seine Schulden in Höhe von insgesamt 5.500 € bei dem Zeugen L. nicht begleiche. Zu einer Rückzahlung des Geldes kam es jedoch - auch in der Folgezeit - nicht. Somit fehlt es an dem für die Vollendung einer Straftat nach § 240 StGB erforderlichen Nötigungserfolg (vgl. etwa Fischer, StGB, 63. Aufl., § 240 Rn. 55). Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts kann den Urteilsgründen ein solcher auch nicht mit Blick auf die sonstigen Feststellungen entnommen werden. Der Umstand, dass der Zeuge P. den Angeklagten sowie die Zeugen L. und T. in der Folgezeit weiter begleitete, genügt insoweit ebenso wenig wie die Feststellung, der Angeklagte habe es dem Zeugen P. „untersagt“, einen Telefonanruf entgegen zu nehmen. Das Landgericht hat im Rahmen der rechtlichen Würdigung selbst ausdrücklich ausgeführt, der Zeuge P. habe das Fahrzeug bis zu dem Treffen mit dem Zeugen T. bei jedem möglichen Stopp gefahrlos verlassen können. Die Urteilsgründe belegen auch in ihrer Gesamtschau nicht hinreichend, dass sich dies im weiteren Verlauf der Fahrt maßgebend geändert haben könnte. Vielmehr hat das Landgericht die näheren Umstände der Fahrt - nach seiner auf die Eintreibung der Geldforderung als Nötigungserfolg abstellenden rechtlichen Wertung folgerichtig - ebenso wenig ausreichend detailliert festgestellt, wie diejenigen anlässlich des Telefonanrufs.

2. Der Schuldspruch wegen versuchter Erpressung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Der diesbezügliche Strafausspruch ist jedoch rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat zu Lasten des Angeklagten dessen kriminelle Energie gewertet und dies damit begründet, der Zeuge P. sei zum Zeitpunkt der Tat bereits über zwei Stunden daran gehindert worden, sich frei zu bewegen. Auch diese Erwägung wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach ist - wie bereits dargelegt - davon auszugehen, dass der Zeuge P. während der Fahrten das Fahrzeug bei jedem Halt verlassen konnte. Auch für die übrige Zeit ist - mit Ausnahme der Drohung auf dem Feldweg - eine mit Nötigungsmitteln ausgeführte Einwirkung auf die Bewegungsfreiheit des Zeugen P. nicht festgestellt.

3. Der Wegfall der beiden Einzelstrafen bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe.

4. Die Sache bedarf deshalb in dem aufgezeigten Umfang neuer Verhandlung und Entscheidung.

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 20

Bearbeiter: Christian Becker