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HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 281

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 262/16, Beschluss v. 13.12.2016, HRRS 2017 Nr. 281


BGH 3 StR 262/16 - Beschluss vom 13. Dezember 2016 (LG Koblenz)

Rechtsfehlerhafte Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung trotz Fehlens der formellen Anordnungsvoraussetzungen (lediglich eine Vorverurteilung bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung).

§ 66 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 13. Januar 2016, soweit es ihn betrifft, im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Verabredung zum Verbrechen der besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition, einer Schusswaffe sowie Munition“ zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel 1 ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Während der Schuld- und der Strafausspruch materiellrechtlicher Prüfung standhalten, kann die vom Landgericht auf § 66 Abs. 1 StGB gestützte Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung keinen Bestand haben; denn den Urteilsgründen sind die erforderlichen formellen Voraussetzungen nicht zu entnehmen.

Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB setzt unter anderem voraus, dass der Täter die neue Tat nach zwei vorangegangenen Verurteilungen wegen Straftaten aus dem Katalog des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB zu Freiheitsstrafen von jeweils mindestens einem Jahr begangen hat (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Dabei gilt nach § 66 Abs. 4 Satz 1 StGB die Verurteilung zu einer Gesamtstrafe als eine Verurteilung. Diese Vorschrift findet auch Anwendung, wenn die Gesamtstrafe im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB gebildet worden ist. Danach ist hier nur eine Vorverurteilung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB gegeben. Zwar liegen der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 21. Dezember 1995 mehrere Einzelfreiheitsstrafen von mehr als einem Jahr zugrunde. Diese Einzelstrafen gelten aber gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 StGB als eine einzige Verurteilung, weil sie in die durch das Urteil des Landgerichts Lüneburg, Kammern in Celle, vom 12. November 1996 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 4 StR 461/08, NStZ-RR 2009, 307 mwN). Vorangegangene Verurteilungen des Angeklagten haben lediglich Straftaten zum Gegenstand, die von dem Katalog des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nicht erfasst sind.

Ob die Verhängung der Maßregel nach § 66 Abs. 2 oder 3 StGB in Betracht kommt, vermag der Senat nicht zu entscheiden, weil er hier die insoweit geforderte Ermessensentscheidung nicht selbst treffen kann. Sie ist vielmehr dem neuen Tatgericht vorbehalten (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2015 - 3 StR 170/15, juris Rn. 3 mwN). Die Sache bedarf daher im Maßregelausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 281

Externe Fundstellen: StV 2020, 6

Bearbeiter: Christian Becker