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HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 855

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 224/15, Beschluss v. 04.08.2015, HRRS 2015 Nr. 855


BGH 3 StR 224/15 - Beschluss vom 4. August 2015 (LG Lüneburg)

Eigene Rechtsfolgenentscheidung des Revisionsgerichts trotz neuer strafzumessungsrelevanter Tatsachen (Angemessenheit der Rechtsfolge; Berücksichtigungspflicht; Glaubhaftmachung).

§ 354 Abs. 1a StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Der Vortrag neuer strafzumessungsrelevanter Tatsachen zu Gunsten des Angeklagten im Revisionsverfahren führt nicht ohne Weiteres dazu, dass die Angemessenheit der vom Tatgericht verhängten Freiheitsstrafe i.S.d. § 354 Abs. 1a StPO ausgeschlossen ist. Dem Revisionsgericht ist ein „Durchentscheiden“ i.S.d. genannten Vorschrift vielmehr nicht grundsätzlich verwehrt, sofern solche neuen Umstände bei der Entscheidung über die Angemessenheit der in dem angefochtenen Urteil verhängten Strafe berücksichtigt werden (vgl. bereits BGH HRRS 2009 Nr. 984).

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 11. Februar 2015 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1a StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Eine Erstattung der dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen findet nicht statt, da auch dessen Revision verworfen worden ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 473 Rn. 10a).

Gründe

Dass der Beschwerdeführer in seiner Gegenerklärung eine neue strafzumessungsrelevante Tatsache hat vorbringen lassen, hindert eine Entscheidung des Senats nach § 354 Abs. 1a StPO nicht. Der Vortrag neuer Tatsachen insoweit führt - ungeachtet der Frage, ob diese hätten glaubhaft gemacht werden müssen (vgl. dazu Paster/Sättele, NStZ 2007, 609, 613 einerseits und Gaede, GA 2008, 394, 406 andererseits) - lediglich dazu, dass das Revisionsgericht solche neuen Umstände bei seiner Entscheidung, ob die in dem angefochtenen Urteil verhängte Strafe angemessen ist, zu berücksichtigen hat (BGH, Beschluss vom 11. August 2009 - 3 StR 175/09, JR 2011, 177, 179 f. mit zust. Anmerkung Peglau; vgl. auch Beck-OK StPO/Wiedner, § 354 Rn. 79; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 354 Rn. 55; aA Gaede, StV 2011, 139, 141).

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nach Entlassung aus der Untersuchungshaft wieder an seinem Arbeitsplatz tätig ist, erweisen sich die in dem angefochtenen Urteil verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtfreiheitsstrafe indes als angemessen.

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 855

Externe Fundstellen: StV 2016, 542

Bearbeiter: Christian Becker