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HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 760

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 60/14, Beschluss v. 27.05.2014, HRRS 2014 Nr. 760


BGH 3 StR 60/14 - Beschluss vom 27. Mai 2014 (LG Koblenz)

Mordmerkmal der Heimtücke (kein Erfordernis eines direkten Vermögenszuwachses beim Täter); Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit.

§ 211 StGB; § 244 Abs. 3 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Das Mordmerkmal der Habgier setzt eine Verknüpfung zwischen dem geplanten Tod des Opfers und einer Bereicherung des Täters voraus. Eine unmittelbare Vermehrung des Vermögens des Täters in dem Sinn, dass durch die Tat direkt ein Vermögenszuwachs beim Täter entsteht, ist hingegen nicht erforderlich.

Entscheidungstenor

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 5. August 2013 wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Mordes in zwei Fällen zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und festgestellt, dass die Schuld der Angeklagten besonders schwer wiegt. Die hiergegen gerichtete, auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützte Revision der Angeklagten bleibt ohne Erfolg. Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Der Senat sieht nur Anlass zu folgenden Erörterungen:

1. Die Ablehnung des Hilfsbeweisantrages ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat, einem Antrag der Verteidigung folgend, in der Hauptverhandlung einen Mitschnitt einer ZDF-Sendung aus der Reihe "Aktenzeichen XY ungelöst" vom 6. Juni 2012 in Augenschein genommen. Dieser hatte zum Inhalt einen Dialog zwischen dem Moderator und dem ermittelnden Kriminalbeamten, bei dem Einzelheiten zu einem Fahrzeug und einer Fahrerin und der Tatzeit genannt wurden. Monate später hatte sich der Zeuge S. gemeldet und angegeben, das Fahrzeug - bei dem es sich um den Wagen des Ehemanns der Angeklagten gehandelt hatte - tatzeitnah nur wenige hundert Meter von dem Tatort gesehen zu haben. Im Schlussvortrag hat der Verteidiger für den Fall, dass das Landgericht die Angaben des Zeugen S. für wahr halten sollte, den Antrag gestellt, einen aussagepsychologischen Sachverständigen zu hören; dessen Gutachten werde ergeben, dass die Präsentation der mitgeteilten Tatsachen "in der Sendung" jedenfalls geeignet war, bei den Zuschauern die Scheinerinnerung hervorzurufen, den dort gezeigten Wagen im tatrelevanten Zeitraum in dem in der Sendung bezeichneten Gebiet gesehen zu haben. Das Landgericht hat den Antrag im Urteil mit der Begründung abgelehnt, die Beweistatsache sei ohne Bedeutung, da für die Kammer feststehe, dass der Zeuge die Sendung nicht gesehen habe, es mithin auf die Möglichkeit einer Beeinflussung nicht ankomme.

§ 244 Abs. 3 StPO ist dadurch nicht verletzt. Das Landgericht konnte ohne Hinzuziehung des Sachverständigen der von Indiztatsachen gestützten Bekundung des Zeugen Glauben schenken, er habe die Sendung nicht gesehen. Indem die Revision nunmehr geltend macht, das Landgericht habe den Antrag rechtsfehlerhaft abgelehnt, weil Beweis dafür angeboten worden sei, dass der Zeuge die Fernsehsendung gesehen habe, unternimmt sie den unzulässigen Versuch, im Revisionsverfahren die Beweisthematik auszutauschen.

2. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte habe aus Habgier gehandelt, ist ebenfalls ohne Rechtsfehler. Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete die Angeklagte ihre Schwiegereltern, um den Erbfall zugunsten ihres (in das Vorhaben nicht eingeweihten) Mannes, des einzigen Erben, eintreten zu lassen und damit die Familie, d.h. die Angeklagte, ihren Ehemann und die drei Töchter, aus der etwas beengten finanziellen Situation zu befreien, in der diese sich ungeachtet regelmäßiger Zuwendung seitens der über Vermögen verfügenden Schwiegereltern befand. Damit ist die vom Merkmal der Habgier vorausgesetzte Verknüpfung zwischen dem geplanten Tod der Opfer und einer Bereicherung der Täterin gegeben. Eine "unmittelbare Vermehrung des Vermögens des Täters" in dem Sinn, dass durch die Tat direkt ein Vermögenszuwachs beim Täter entsteht, ist nicht erforderlich. Gegenteiliges ist auch der Entscheidung des 1. Strafsenats vom 18. Februar 1993 (1 StR 49/93, NStZ 1993, 385, 386) nicht zu entnehmen. Dort ist die Annahme von Habgier beanstandet worden, weil der Täter das Opfer aus Wut und Verärgerung darüber getötet hatte, dass es keine Zahlungen mehr an ihn geleistet hatte. Damit schloss der Tod des Opfers gerade künftige Leistungen an den Täter aus (so auch BGH, Beschluss vom 18. November 2004 - 1 StR 457/04 bei Altvater NStZ 2006, 86, 90; zur notwendigen Verknüpfung zwischen Tötung und Vermögenszuwachs vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 1994 - 5 StR 668/93 und vom 14. August 2012 - 3 StR 252/12).

HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 760

Bearbeiter: Christian Becker