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HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 184

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 392/14, Beschluss v. 14.11.2014, HRRS 2015 Nr. 184


BGH 3 StR 392/14 - Beschluss vom 14. November 2014 (LG Trier)

Rechtsfehlerhafte Ablehnung des minder schweren Falls beim Totschlag (zusätzliche Berücksichtigung gesetzlich vertypter Milderungsgründe nach Gesamtabwägung).

§ 213 StGB; § 49 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 21. März 2014 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit Bedrohung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und einen sichergestellten Gasrevolver eingezogen. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

1. Das Landgericht hat die Einzelfreiheitsstrafe von fünf Jahren für den versuchten Totschlag dem nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen. "Anhaltspunkte dafür, einen minder schweren Fall ... des Totschlags anzunehmen", hat die Strafkammer nicht gesehen (UA S. 26).

Die Begründung, mit der die Strafkammer einen minder schweren Fall des Totschlags nach § 213 2. Alt. StGB abgelehnt hat, hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es erscheint schon fraglich, ob das Landgericht das Vorliegen eines Totschlags in einem sonst minder schweren Fall unter Gesamtabwägung der bestimmenden allgemeinen Strafzumessungsgründe rechtsfehlerfrei verneint hat. Jedenfalls hat es nicht bedacht, dass nach Ablehnung des Vorliegens eines minder schweren Falles auf der Grundlage einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gegebene gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe (hier: nur versuchte Tat) zusätzlich zu berücksichtigen sind (st. Rspr.; etwa BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 106/10, NStZ-RR 2010, 336). Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin die Annahme eines minder schweren Falles nicht für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen. Auf diesem Rechtsfehler kann der Strafausspruch beruhen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe einen minder schweren Fall bejaht und auf eine mildere Strafe erkannt hätte.

Der Senat hebt deshalb die Strafe für den versuchten Totschlag und - um eine insgesamt einheitliche Strafzumessung zu ermöglichen - auch die Einzelstrafe für die tateinheitlich mit Bedrohung begangene Sachbeschädigung auf.

2. Im Übrigen erweist sich die Revision des Angeklagten aus den im Antrag des Generalbundesanwaltes genannten Gründen als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Ergänzend zu den Ausführungen in diesem Antrag bemerkt der Senat:

Soweit der Revisionsführer die fehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen auf Vernehmung der bei Einlieferung des Angeklagten in die Klinik anwesenden Krankenschwester, der am Tatort eingesetzten Notärzte und Sanitäter, einer W. sowie der Schwester des Angeklagten als Zeugen beanstandet, sind die Verfahrensrügen nicht zulässig erhoben. Die Revisionsbegründung genügt insoweit nicht den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, da weder der Inhalt der Beweisanträge noch der der ablehnenden Beschlüsse wiedergegeben wird (vgl. KK/Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 224 mwN). Der Senat kann deshalb auf der Grundlage des Revisionsvortrags nicht überprüfen, ob das Landgericht die Beweisanträge mit rechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt hat.

Auch die Aufklärungsrüge, mit der geltend gemacht wird, das Landgericht habe eine Beweiserhebung dazu unterlassen, dass nach dem Messer, mit dem der Geschädigte den Angeklagten nach dessen Einlassung bedroht haben soll, niemals gesucht worden sei, ist unzulässig. Der Revisionsführer hat insoweit schon nicht das Beweismittel bezeichnet, dessen sich das Landgericht zur Aufklärung hätte bedienen sollen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 81).

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 184

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2015, 111

Bearbeiter: Christian Becker