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HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 1000

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 211/11, Beschluss v. 05.07.2011, HRRS 2011 Nr. 1000


BGH 3 StR 211/11 - Beschluss vom 5. Juli 2011 (LG Düsseldorf)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln; Aufklärungshilfe; erweiterter Verfall (kein Erfordernis unbilliger Härte).

§ 31 BtMG; § 73c StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 16. Februar 2011 aufgehoben

a) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II. 11 bis 47 der Urteilsgründe und die Gesamtstrafe; die zugehörigen Feststellungen werden aufgehoben, soweit sie die Aufklärung des Tatbeitrags der Zeugin K. durch den Angeklagten betreffen, im Übrigen bleiben sie aufrechterhalten,

b) mit den zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 47 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und zu seinen Lasten 4.177 € für verfallen erklärt. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 11 bis 47 der Urteilsgründe haben keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"Das Landgericht hat zwar eine Strafmilderung nach § 31 Nr. 1 BtmG geprüft, jedoch nur hinsichtlich der Angaben des Angeklagten zu dem Amphetaminlieferanten der gesondert verfolgten Zeugin K. (UA S. 21, 22), die zu keinem Aufklärungserfolg führten. Es hat jedoch nicht erörtert, ob eine Strafmilderung nach den vorgenannten Vorschriften deshalb in Betracht kam, weil ausweislich der Urteilsgründe der Angeklagte vor der Eröffnung des Hauptverfahrens bei seiner polizeilichen Vernehmung hinsichtlich der Taten Ziffern 11 bis 47 Angaben zu einer Tatbeteiligung durch seine Mittäterin K. gemacht hat (UA S. 15). ... Namentlich wegen des Umstandes, dass die Mittäterin K. ausweislich der Urteilsgründe im Ermittlungsverfahren ihren eigenen Tatbeitrag herunterspielte (UA S. 15 oben), ist nicht auszuschließen, dass aufgrund der Angaben des Angeklagten im Ermittlungsverfahren eine genauere und zuverlässigere Kenntnis von den Tatbeiträgen der Zeugin K. gewonnen werden konnte (BGHR BtmG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 4, 25, 27 mwN).

Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es nur, soweit sie die Frage eines Aufklärungserfolges im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtmG betreffen."

Dem folgt der Senat. Der Wegfall der genannten Einzelstrafen führt zur Aufhebung des Urteils auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

2. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73a StGB) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Die in den Fällen II. 1 bis 10 der Urteilsgründe vom Angeklagten vereinnahmten und für seine Lebensführung verbrauchten Kaufpreiszahlungen beliefen sich auf insgesamt 8.000 €. Die Höhe der an die Mittäterin geflossenen Erlöse in den Fällen II. 11 bis 46 der Urteilsgründe, die der Angeklagte in Absprache mit dieser zum Teil ebenfalls für seinen Lebensunterhalt verwendete, hat das Landgericht nicht ermitteln können. "Um dem Angeklagten den Neustart nach seiner Haftentlassung nicht unnötig zu erschweren", hat es sich "zur Vermeidung einer unbilligen Härte" mit der Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 4.177 € "begnügt".

Dies hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Zum einen bleibt offen, weshalb das Landgericht eine unbillige Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) lediglich in einer 4.177 € übersteigenden Verfallsanordnung sieht und auf welcher tatsächlichen Grundlage die Ermittlung dieses Betrages beruht.

Zum anderen hat das Landgericht nicht bedacht, dass gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB über die Anordnung des Verfalls nach tatrichterlichem Ermessen zu entscheiden ist, soweit - wie hier - der Wert des Erlangten im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist; auf eine unbillige Härte kommt es dabei nicht an.

HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 1000

Bearbeiter: Ulf Buermeyer