hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 776

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, StB 27/09, Beschluss v. 19.01.2010, HRRS 2010 Nr. 776


BGH StB 27/09 - Beschluss vom 19. Januar 2010 (OLG München)

Defense Industry Organisation; Iran; geheimdienstliche Agententätigkeit; Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz (Eignung der Tat, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden); Zweck der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens (Ausfiltern erkennbar aussichtsloser Fälle); Vorabentscheidungsverfahren (Vorlagepflicht); EuGH; Zuständigkeit des Oberlandesgerichts (äußere Sicherheit; auswärtige Beziehungen; besondere Bedeutung).

§ 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB; § 5c Abs. 2 AWV; § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG; Art. 267 AEUV; Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO; § 203 StPO; § 74 GVG; § 74c GVG; § 120 GVG

Leitsätze

1. § 5c AWV ist von der Öffnungsklausel in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) 1334/2000 (Dual-Use-VO) (jetzt Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) 428/2009 (Dual-Use-VO nF)) gedeckt und deshalb zulässiges, durch § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG strafbewehrtes nationales Exportkontrollrecht. (BGHSt)

2. Ein etwaiger Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs von Gemeinschaftsrecht dadurch, dass Teil I Abschnitt C der nationalen Ausfuhrliste (Anlage AL zur AWV) den Anhang I zu Art. 3 der Verordnung (EG) 1334/2000 (Dual-Use-VO) bzw. der Verordnung (EG) 428/2009 (Dual-Use-VO nF) wiederholt, steht jedenfalls der Anwendbarkeit der Strafnorm des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG nicht entgegen. (BGHSt)

3. Im Verfahren über die sofortige Beschwerde gegen die Nichteröffnung des Hauptverfahrens besteht keine Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV (früher: Art. 234 EGV). (BGHSt)

4. Bei der Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal des "Ausübens einer geheimdienstlichen Tätigkeit" (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB) ist in Fällen der Lieferung von Gegenständen auch maßgeblich, ob die Gegenstände maßgeblich der Gewinnung von Informationen dienen sollten oder ob ein konspiratives Vorgehen und eine Verbindung des Täters zu einem fremden Geheimdienst bereits darin begründet ist, dass die Lieferung aus anderen Gründen als der Informationsvermittlung verboten war und deshalb getarnt werden musste. (Bearbeiter)

5. Der hinreichende Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus. Der Nachweis der Tat, der ggf. erst am Ende der Hauptverhandlung steht, bzw. die für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung ist für die Eröffnung des Hauptverfahrens hingegen nicht erforderlich. Auch in Fällen, in denen zunächst gewisse Zweifel verbleiben, kommt die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens regelmäßig nicht in Betracht, weil zur Klärung eben dieser Zweifel die überlegenen Erkenntnismittel der Hauptverhandlung heranzuziehen sind. Die Eröffnungsentscheidung soll erkennbar aussichtslose Fälle herausfiltern, ansonsten aber der Hauptverhandlung nicht vorgreifen. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts wird

a) der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 19. März 2009 aufgehoben, soweit das Oberlandesgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat;

b) das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage des Generalbundesanwalts vom 7. August 2008 zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II mit der Maßgabe zugelassen, dass der gegen den Angeklagten erhobene Vorwurf der geheimdienstlichen Agententätigkeit entfällt.

2. Auf die Beschwerde des Generalbundesanwalts wird

a) der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 19. März 2009 aufgehoben, soweit das Oberlandesgericht

aa) die Arrestbeschlüsse des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 19. Oktober 2006 (1 BGs 142/2006) und vom 13. Dezember 2006 (1 BGs 151/2006) in das Vermögen des Angeschuldigten und der H. Limited, aufgehoben hat; hinsichtlich des letztgenannten Beschlusses jedoch nur, soweit sich die Aufhebung durch das Oberlandesgericht München auf einen Teilbetrag von 277.041,07 € erstreckt;

bb) die mit Beschlüssen des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 29. November 2006 (1 BGs 192/2006), vom 7. Dezember 2006 (1 BGs 198/2006) und vom 21. Mai 2007 (1 BGs 226/2007) angeordneten Beschlagnahmen aufgehoben hat;

b) gemäß § 111 b Abs. 1, 3 und 4 StPO, § 111 c Abs. 1, § 111 e Abs. 1 Satz 1 StPO i. V. m. § 101 a Nr. 1 i. V. m. § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB die Beschlagnahme von

- fünf DVDs mit der Aufschrift "AS BA SHSCA 17/02/05, 27/09/05, 01/11/052", "1107/06 HS", "02/04/06", "19/11/05, 02/04/06", "SH 11/07/06" (Asservaten-Nr. 10 ZFA Stuttgart zum Schließfach Nr. 699), beim Zollfahndungsamt Stuttgart verwahrt;

- einem Aluminiumwinkel mit schwarzer Kunststoffeinlage, Bohrungen und der Aufschrift "568-490-066+GF+" (Asservaten-Nr. 10.2 ZFA Stuttgart zum Schließfach Nr. 574), beim Zollfahndungsamt Stuttgart verwahrt;

- einem Notebook der Marke "Toshiba Satellite" mit Maus und Netzteil (Asservaten-Nr. 1.2.4.4.1 BKA), beim Bundeskriminalamt verwahrt;

- einem Mobiltelefon der Marke "Nokia 6260" mit Ladegerät (Asservaten-Nr. 1.2.3.3.1.2 und 1.2.4.4.1.3 BKA), beim Bundeskriminalamt verwahrt; und

- 15 Blatt technischer Zeichnungen der B. GmbH (Asservaten-Nr. 2 ZFA Stuttgart zum Schließfach Nr. 574, Vermerk des Zollfahndungsamts Stuttgart vom 13. November 2007, Fallakte 020-2000 Bd. 1, S. 10.1), beim Zollfahndungsamt Stuttgart verwahrt; angeordnet.

3. Die weitergehenden Rechtsmittel werden verworfen.

4. Die Kosten der zurückgenommenen Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 19. März 2009, soweit mit diesem der gegen den Angeklagten bestehende Haftbefehl und der zugehörige Verschonungsbeschluss aufgehoben worden sind, und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

Der Generalbundesanwalt hat dem Angeklagten mit der zum Oberlandesgericht München erhobenen Anklage vorgeworfen, für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Agententätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt und tateinheitlich dazu 29 Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz begangen zu haben. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 19. März 2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen abgelehnt. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Generalbundesanwalt mit seiner sofortigen Beschwerde.

Das Oberlandesgericht hat daneben die folgenden, jeweils vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs getroffenen Entscheidungen aufgehoben: den gegen den Angeklagten bestehenden Haftbefehl vom 25. Oktober 2006 (1 BGs 151/2006) sowie den zugehörigen Verschonungsbeschluss vom 22. Februar 2007 (1 BGs 49/2007), zwei Arrestbeschlüsse vom 19. Oktober 2006 (1 BGs 142/2006) und vom 13. Dezember 2006 (1 BGs 151/2006) in das Vermögen des Angeschuldigten und der H. Limited, sowie die mit drei Beschlüssen vom 29. November 2006 (1 BGs 192/2006), vom 7. Dezember 2006 (1 BGs 198/2006) und vom 21. Mai 2007 (1 BGs 226/2007) angeordneten Beschlagnahmen. Einen weitergehenden, in der Anklageschrift enthaltenen Beschlagnahmeantrag hat es zurückgewiesen.

Dagegen hat der Generalbundesanwalt zunächst insgesamt Beschwerde eingelegt, die er hinsichtlich der Haftentscheidungen indes wieder zurückgenommen hat. Im Übrigen beanstandet er weiterhin den angefochtenen Beschluss und beantragt,

a) diesen aufzuheben;

b) seine Anklage unter Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München zur Hauptverhandlung zuzulassen.

Die Rechtsmittel haben weitgehend Erfolg.

A.

I. Mit der Anklageschrift sind dem in K. wohnhaften Angeklagten folgende Straftaten zur Last gelegt worden:

1. Bereits Ende der 1980er Jahre nahm er über das in Düsseldorf ansässige Kontaktbüro der iranischen Defense Industry Organisation (DIO) zu dieser geschäftliche Beziehungen auf. Die DIO stellt die wichtigste staatliche Organisation des Iran auf dem Gebiet der konventionellen Rüstung dar, die im Tatzeitraum und auch in den Jahren davor ständig vor der Notwendigkeit stand, die ihr angeschlossenen fertigenden Betriebe mit Rohstoffen, Geräten, Ersatzteilen und Informationen für die Produktion von Rüstungsgütern zu versorgen, die im Iran nicht verfügbar waren und deshalb aus dem Ausland beschafft werden mussten. Um die Exportkontrollen in den Ländern, aus denen die Waren stammen, zu umgehen, bedienen sich die DIO und ihre Untergliederungen einer auf Heimlichkeit und Verschleierung abzielenden Beschaffungsmethodik. So werden u. a. eigens angefertigte Prospekte erstellt und verteilt sowie unrichtige Endverbleibserklärungen gefertigt, um die Lieferanten und die für sie zuständigen Exportkontrollbehörden von einer zivilen Endverwendung der Waren bei den angegebenen Empfängern zu überzeugen. Für die zur DIO gehörenden Betriebe wird zudem ein komplexes Codenummernsystem verwendet, das Außenstehenden den Einblick in die Beschaffungszusammenhänge verwehrt. Zur Verschleierung des wahren Endempfängers werden von der DIO und ihren Untergliederungen schließlich nach Belieben Tarnfirmen eingesetzt, um Maßnahmen der Exportkontrolle gegen bekannte Beschaffungseinrichtungen zu unterlaufen. Scheitern unmittelbare Einfuhrbemühungen der DIO gleichwohl - etwa an einer funktionierenden betrieblichen oder staatlichen Exportkontrolle - beauftragt sie in Deutschland ansässige Kaufleute iranischer Herkunft - wie den Angeklagten - mit der Beschaffung, um nach außen nicht in Erscheinung zu treten.

Zunächst wickelte der Angeklagte die Aufträge der DIO über die von ihm geleitete E. GmbH mit Sitz in D. ab; die Zusammenarbeit erwies sich als so lukrativ, dass er sich entschied, seine Geschäftstätigkeit ausschließlich auf Beschaffungsaufträge iranischer Stellen zu verlegen. Nachdem Ende 1992 eine ungenehmigte Ausfuhr der E. GmbH an ein zur DIO gehörendes Unternehmen von den deutschen Exportkontrollbehörden beanstandet worden war, beschloss der Angeklagte, künftige Geschäfte mit dem Iran vor dem Zoll und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) geheim zu halten. Zu diesem Zweck übernahm er im Jahr 1993 als Nachfolgerin für die E. GmbH die nach dem Recht der Britischen Jungferninseln eingetragene Ba. (Ba. Inc.), für die er in der Schweiz zunächst eine Postfachadresse und ab 1997 bei einem Büroserviceunternehmen in Z. auch eine "Domiziladresse" einrichtete. Dort eingehende Anrufe und Telefaxe wurden zu seinem Wohnhaus nach K. weitergeleitet, Postsendungen an ein Postfach in K. geschickt, das nicht auf den Namen des Angeklagten angemeldet war, auf das er aber Zugriff hatte. Mit dem von ihm im Jahr 1998 übernommenen, nach liberianischem Recht gegründeten Handelsunternehmen H. Limited (H. Ltd.), das im Laufe der Zeit an die Stelle der Ba. Inc. trat, verfuhr er in gleicher Weise. Im Geschäftsverkehr mit seinen Lieferanten erweckte er so den Eindruck, Käufer der Waren sei ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen, obwohl er dort tatsächlich keinen Geschäftssitz unterhielt, vielmehr sämtliche Geschäfte allein von seinem Wohnhaus in K. aus betrieb. Die Gesellschaften waren nicht im Handelsregister des Kantons Z. eingetragen, bei den Schweizer Steuerbehörden unbekannt und traten auch gegenüber den Schweizer Exportkontrollbehörden nicht in Erscheinung.

Als Inhaber einer angeblichen Schweizer Handelsfirma und damit als vermeintlich unkritischer Endempfänger konnte der Angeklagte auch Beschaffungsaufträge umsetzen, an denen seine Auftraggeber oder seine zunächst eingeschalteten Konkurrenten zuvor gescheitert waren. Gegenüber seinen Lieferanten trat er nicht unter seinem wahren Namen auf und verschwieg seine iranische Herkunft; vielmehr nannte er sich "S." und gerierte sich als schweizerischer oder britischer Staatsangehöriger. Obwohl er wusste, dass sämtliche ausgeführten Gegenstände und Stoffe im Iran zur Produktion von konventionellen Rüstungsgütern eingesetzt werden sollten, gab er gegenüber den Lieferanten andere - unkritische - Bestimmungsorte und Verwendungszwecke an. In der Mehrzahl der Fälle meldeten die Verkäufer bei den für sie jeweils zuständigen Ausfuhrzollstellen daraufhin die Ausfuhr der Güter in die Schweiz, in einigen Fällen auch in die Türkei an. Um indes eine Lieferung an die angebliche Schweizer Adresse seiner Gesellschaften zu verhindern, ließ der Angeklagte die Waren entweder direkt der Spedition M. GmbH in Ka. anliefern oder beauftragte diese - bzw. im Fall 1 der Anklage die Spedition G. GmbH aus D. - mit der Abholung "ab Werk". In seinem Auftrag verbrachten die Speditionen die Waren sodann auf dem Landweg in den Iran. Dabei meldeten sie bei der zuständigen Ausgangszollstelle - im Fall der M. GmbH (Fälle 2-29 der Anklage) dem Zollamt Ha. - die Ausfuhr der Güter in den Iran an, ohne dass es zu Beanstandungen kam. Denn die Kontrollen insbesondere des Zollamts Ha. beschränkten sich auf eine Sichtprüfung von Unterlagen; eine Beschau der auszuführenden Güter wurde regelmäßig nicht durchgeführt, vor allem wenn - wie in über 80 % der Fälle - bei der Abfertigung eine schon von einem anderen Zollamt vorabgefertigte Ausfuhranmeldung vorgelegt wurde. Soweit in diesen Fällen Anmeldungen mit angeblicher Endbestimmung Schweiz vorgelegt wurden, obwohl die Güter in den Iran ausgeführt werden sollten, fiel den Zollbeamten dieser Umstand entweder nicht auf oder gab ihnen keinen Anlass zum Einschreiten. In einigen Fällen unterstützte der Disponent der Spedition M. GmbH, der anderweitig verfolgte W., den Angeklagten bei der Ausfuhr der Waren oder deckte gegenüber den Lieferanten die Ausfuhr in den Iran nachträglich durch die Erstellung inhaltlich unrichtiger Ausfuhrnachweise ab, wonach die Waren von der Spedition in die Schweiz und nicht in den Iran geliefert worden seien.

Dem Angeklagten war in den Fällen 1-18 und 20-29 der Anklage bekannt, dass die Güter für eine militärische Endverwendung im Iran bestimmt waren und er deshalb vor der Ausfuhr das BAFA zu unterrichten und dessen Entscheidung abzuwarten hatte. Gleichwohl führte er unter bewusster Verletzung dieser Pflicht in den Jahren 2002 bis 2006 Waren aus der Bundesrepublik Deutschland in den Iran aus, die zwar weder in der nationalen Ausfuhrliste (Anhang I zu § 5 AWV) noch in der sog. Dual-Use-Liste (Anhang I zur VO (EG) Nr. 1334/2000 ABl. 159 S. 1, 9 ff.) aufgeführt waren, in den der DIO zugehörigen Produktionsbetrieben aber gleichwohl zur Produktion von konventionellen Rüstungsgütern verwendet wurden. Dabei handelte es sich um Rohstoffe (Fälle 1 und 21 der Anklage), spezielle Werkzeuge zur Metallbearbeitung (Fälle 3 und 17b der Anklage), Geräte zur zerstörungsfreien Materialprüfung (Fall 27 der Anklage), Zubehör für chemische Anlagen (Fall 6 der Anklage), mechanische und elektronische Maschinenteile (Fälle 7, 13c, 18, 20, 22, 24, 26, 28 und 29 der Anklage) sowie um Ersatzteile für bereits in den 1980er und 1990er Jahren in den Betrieben angeschaffte Maschinen, die dort benötigt wurden, um die Produktion aufrecht zu erhalten (Fälle 2, 4-5, 8-13b, 14-17a, 23 und 25 der Anklage). Im Fall 29 blieb es beim Versuch der Ausfuhr, weil die Lastzüge mit den bereits beim Zollamt Ha. abgefertigten Bandvorschubgeräten von Zollbeamten kurz vor dem Überqueren der Grenze angehalten wurden.

Im Fall 19 der Anklage führte der Angeklagte sechs Schlangenwärmetauscher in den Iran aus, die als Kühler und Kondensatoren bei der Herstellung von Spreng- und Kunststoffen verwendet werden und die in Position 2 B 350 Buchst. d) Nr. 3 in Anhang I zur VO (EG) Nr. 1334/2000 aufgeführt sind. Ihre Ausfuhr in Länder außerhalb der Europäischen Union ist deshalb nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1334/2000 genehmigungspflichtig, worauf der Angeklagte von seinem Lieferanten mehrfach hingewiesen worden war. Gleichwohl beantragte er eine entsprechende Genehmigung nicht.

In allen Fällen hätte das BAFA für die Ausfuhren keine Genehmigung erteilt, wenn es entsprechend informiert bzw. eine solche beantragt worden wäre.

2. In der Anklageschrift des Generalbundesanwalts sind diese Sachverhalte rechtlich wie folgt gewürdigt:

a) In den Fällen 1-18 und 20-29 der Anklage habe der Angeklagte jeweils gewerbsmäßig handelnd Güter, die nicht in der Ausfuhrliste genannt sind und deren Käufer- oder Bestimmungsland ein Land der Länderliste K war, in Kenntnis von deren militärischer Endverwendung ohne Unterrichtung der zuständigen Behörden und ohne Genehmigung ausgeführt, wobei jede Ausfuhr geeignet gewesen sei, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (§ 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2, § 33 Abs. 1 AWG, § 70 Abs. 1 Nr. 3, § 5c Abs. 2 Satz 2 AWV). Im Fall 29 sei es lediglich beim Versuch einer solchen Tat geblieben (§§ 22, 23 Abs. 1 StGB).

Im Fall 19 der Anklage habe der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd ohne Genehmigung in Teil I Abschnitt C Kategorie 2 Nr. 2 B 350 Buchst. d) Nr. 3 der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) genannte Waren mit doppeltem Verwendungszweck, die in Anhang I der EG-Verordnung Nr. 1334/2000 des Rates über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologie mit doppeltem Verwendungszweck vom 22. Juni 2000 aufgeführt sind, ohne Genehmigung ausgeführt (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 6 Nr. 2 AWG i. V. m. Teil I Abschnitt C Kategorie 2 Nr. 2 B 350 der Ausfuhrliste, Art. 3 Abs. 1 und Anhang I zur Verordnung (EG) Nr. 1334/2000). 17 b) Mit diesen Beschaffungsaktivitäten habe der Angeklagte für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit ausgeübt, die gegen die Bundesrepublik Deutschland und auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet gewesen sei und sich so einer geheimdienstlichen Agententätigkeit gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB hinreichend verdächtig gemacht.

c) Die im Sinne des § 53 Abs. 1 StGB tatmehrheitlich begangenen Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz stünden zu dem Vergehen der geheimdienstlichen Agententätigkeit jeweils in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB).

II. In seinem die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden Beschluss vom 19. März 2009 hat das Oberlandesgericht im Wesentlichen ausgeführt:

1. Eine Verurteilung des Angeklagten wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB sei aus tatsächlichen Gründen nicht hinreichend wahrscheinlich.

Es sei nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens nicht erkennbar, dass der iranische Geheimdienst VEVAK konkret in die Beschaffungsbemühungen des Angeklagten für die DIO eingebunden gewesen sei. Ausgehend von der Annahme der Anklageschrift, die DIO ihrerseits sei ein Geheimdienst der Islamischen Republik Iran, ergebe sich gleichwohl eine geheimdienstliche Agententätigkeit nicht, weil die Lieferung der - ganz überwiegend - nicht gelisteten Dual-Use-Güter nicht dem Erkenntnisgewinn der staatlichen iranischen Stellen gedient, sondern lediglich ein Nutzungsinteresse der belieferten Produktionsfirmen befriedigt habe. Eine Gesamtbetrachtung des Verhaltens des Angeklagten belege weiter nicht seine - auch nur funktionelle - Eingliederung in einen fremden Geheimdienst. Insbesondere sein konspiratives Verhalten lasse sich aus anderen nahe liegenden Gründen erklären, namentlich der beabsichtigten Umgehung der Exportkontrolle. Die Tätigkeit des Angeklagten sei zudem nicht gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet gewesen, weil es angesichts der ausgeführten Güter an der erforderlichen Intensität der Gefährdung deutscher Belange gefehlt habe. Zum Vorsatz des Angeklagten verhalte sich der Anklagesatz nicht.

2. Im Hinblick auf die angeklagten Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz scheide ein hinreichender Tatverdacht aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen aus.

a) In den Fällen 1-18 und 20-29 sei nach dem Ergebnis des vorbereitenden Verfahrens nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die exportierten Güter im Iran für eine militärische Endverwendung bestimmt gewesen seien. Da sich mehrere Hinweise ergeben hätten, dass die iranischen Empfängerfirmen auch über eine zivile Produktpalette verfügten, habe es in jedem Fall eines besonderen Nachweises bedurft, dass die ausgeführten Waren gerade nicht im zivilen Bereich eingesetzt werden sollten.

Auch die positive Kenntnis des Angeklagten von der militärischen Endverwendung der Güter sei ihm nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, insbesondere lasse sein konspiratives Vorgehen - entgegen der Anklageschrift - nicht den alleinigen Schluss auf diese Kenntnis zu. Es ergäben sich nach dem Ermittlungsergebnis vielmehr auch andere Motive für die Verschleierung seiner Geschäftstätigkeit, namentlich sein Bemühen, etwaigen Schwierigkeiten beim Export vorzubeugen, mögliche politische Vorbehalte der Lieferanten gegenüber dem Iran, sein Interesse, nicht von seinen Kunden als Zwischenhändler umgangen zu werden oder sein Wunsch, auf diese Weise "Steuern zu sparen".

Lägen damit bereits die Voraussetzungen des § 5c Abs. 2 AWV nicht vor, sei auch das für die strafrechtliche Ahndung erforderliche Tatbestandsmerkmal der Eignung der Tat, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (§ 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG), in der Anklageschrift nicht ausreichend dargelegt. Eine solche Gefährdungseignung sei vor dem Hintergrund, dass die in diesen Fällen ausgeführten Güter aus jedem anderen Land der Europäischen Union genehmigungsfrei hätten ausgeführt werden dürfen, auch im Licht der eingeholten Stellungnahmen und "Behördengutachten" des Auswärtigen Amtes und des BAFA nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisbar.

b) Die Verurteilung des Angeklagten wegen der Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz sei in allen angeklagten Fällen zudem aus rechtlichen Gründen nicht hinreichend wahrscheinlich. Denn die Vorschriften des § 5c Abs. 2 AWV, § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 AWG seien mit vorrangigem europäischen Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar und damit unanwendbar.

aa) Die Europäische Gemeinschaft habe auf dem Gebiet der gemäß Art. 133 EGV (jetzt: Art. 207 AEUV) in ihrer Zuständigkeit liegenden gemeinsamen Handelspolitik für die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck mit der VO (EG) Nr. 1334/2000 (Dual-Use-Verordnung, jetzt: VO (EG) Nr. 428/2009 vom 5. Mai 2009 ABl. 134 S. 1) ein gemeinsames Kontrollsystem und ein harmonisiertes Konzept geschaffen. Nach Art. 5 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1334/2000 dürfe ein Mitgliedsstaat zwar auch die Ausfuhr von nicht in Anhang I der Verordnung aufgelisteten Dual-Use-Gütern aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus Menschenrechtserwägungen untersagen oder einer Genehmigungspflicht unterstellen; wenn der nationale Gesetzgeber allerdings von dieser Öffnungsklausel Gebrauch machen wolle, müsse er die Grundsätze der gemeinsamen Handelspolitik und der Ausfuhrfreiheit mit seinen nationalen Sonderinteressen abwägen und die dieser Abwägung zugrunde liegenden Gesichtspunkte darlegen. Diesem europarechtlichen Begründungszwang sei die Bundesregierung bei der Schaffung bzw. Beibehaltung von § 5c Abs. 2 AWV nicht nachgekommen; es könne auch nicht der Verwaltung oder den Gerichten überlassen werden, eine solche Begründung zu finden. Aus diesem Grund sei die nationale Sonderregelung des § 5c Abs. 2 AWV gemeinschaftsrechtswidrig und entfalte keine Rechtswirkungen.

Die Vorschrift genüge zudem nicht dem Grundsatz der gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeit, weil sie wegen der Möglichkeit von Ersatzlieferungen aus anderen europäischen Staaten - gemeinschaftsrechtlich betrachtet - nicht geeignet sei, ihr Ziel einer restriktiven Exportkontrolle zu erreichen.

Schließlich verstoße § 5c Abs. 2 AWV i. V. m. §§ 3, 7 AWG auch gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Bestimmtheit, der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit, weil die gesetzliche Regelung keine hinreichend genauen Kriterien nenne, unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung erteilt oder versagt werde. Insbesondere die in § 7 Abs. 1 AWG genannten Zwecke, um derentwillen die Ausfuhrfreiheit beschränkt werden könne, seien zu unbestimmt. Es könne nicht den Gerichten überlassen werden, die Voraussetzungen einer Genehmigung zu konkretisieren; diese müssten sich objektiv und präzise aus dem Gesetz ergeben, um eine gerichtliche Kontrolle der Verwaltung erst zu ermöglichen.

bb) Auch § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG erweise sich als gemeinschaftsrechtswidrig, weil der Gesetzgeber die Erforderlichkeit, die Vorschrift als abstraktes Gefährdungsdelikt auszugestalten, nicht dargelegt habe. Im Hinblick auf die fortschreitende Harmonisierung der Exportkontrolle hätte dies einer besonderen Begründung bedurft. Die unterlassene Begründung könne nicht durch die nationalen Gerichte nachgeholt werden. Die Sanktion des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG erweise sich damit als unverhältnismäßig und verstoße gegen die Grundsätze der gemeinsamen Handelspolitik.

cc) Die auf die nationale Ausfuhrliste Bezug nehmende Strafvorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG widerspreche dem Anwendungsvorrang des Europarechts, soweit in der Ausfuhrliste in Teil I Abschnitt C die Gemeinsame Liste der Europäischen Union für Güter mit doppeltem Verwendungszweck wiederholt werde. Diese Liste sei integraler Bestandteil der VO (EG) Nr. 1334/2000. Durch ihre Wiederholung im nationalen Recht werde die unmittelbare Geltung der Gemeinschaftsregelung aufs Spiel gesetzt; denn die europarechtliche Grundlage werde nicht sichtbar, der Normadressat könne den gemeinschaftsrechtlichen Charakter der Liste nicht eindeutig erkennen.

B.

Die gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 2. Halbs. Nr. 2 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie - mit der Maßgabe, dass der Tatvorwurf der geheimdienstlichen Agententätigkeit entfällt - zur Eröffnung des Hauptverfahrens und Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II. Hierzu gilt:

Gemäß § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist (BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2 m. w. N.).

Der Bundesgerichtshof beschließt als Beschwerdegericht in der Sache selbst über die Eröffnung (Schneider in KK 6. Aufl. § 210 Rdn. 11). Dabei hat er das in dem Nichteröffnungsbeschluss liegende (negative) Wahrscheinlichkeitsurteil eines Oberlandesgerichts und dessen rechtliche Bewertung in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu würdigen (BGHSt 53, 238, 243).

I. Soweit das Oberlandesgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens hinsichtlich des Anklagevorwurfs der geheimdienstlichen Agententätigkeit abgelehnt hat, verfolgt der Generalbundesanwalt seine sofortige Beschwerde nicht weiter; dies enthebt den Senat einer diesbezüglichen Entscheidung jedoch nicht. Denn nach der Anklageschrift stellten die Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz gleichzeitig Ausführungshandlungen der geheimdienstlichen Agententätigkeit dar, so dass jeweils Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB vorläge. In diesen Fällen kommt eine Rechtsmittelbeschränkung in Bezug auf nur eine der vermeintlich tateinheitlichen Gesetzesverletzungen nicht in Betracht (vgl. BGH, Urt. vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09 - Rdn. 15 m. w. N.).

Nach den oben genannten Maßstäben hat das Oberlandesgericht insoweit allerdings zu Recht das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts verneint.

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals des "Ausübens einer geheimdienstlichen Tätigkeit" fest, nach der außerhalb des Kernbereichs der klassischen Agententätigkeit in wertender, am Normzweck ausgerichteter Betrachtung entschieden werden muss, ob das Geschehen unter den Tatbestand des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu subsumieren ist (BGH NStZ 2007, 93, 94 m. w. N.; NStZ-RR 2006, 303, 304). Dabei ist in Fällen der Lieferung von Gegenständen - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - auch in den Blick zu nehmen, ob diese maßgeblich der Gewinnung von Informationen dienen sollte oder ob ein konspiratives Vorgehen und eine Verbindung des Täters zu einem fremden Geheimdienst bereits darin begründet ist, dass die Lieferung aus anderen Gründen als der Informationsvermittlung verboten war und deshalb getarnt werden musste (BGH aaO).

So verhält es sich hier. Bei den gelieferten Gegenständen handelte es sich ausnahmslos um sog. Dual-Use-Güter, deren Export aus Staaten der Europäischen Union - mit Ausnahme der Schlangenwärmetauscher im Fall 19 der Anklage - jedenfalls außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nicht kontrolliert wird. Auch bei der Ausfuhr aus Deutschland kann eine Genehmigungspflicht nur entstehen, wenn die Waren für eine militärische Endverwendung bestimmt sind oder bestimmt sein können und das Empfängerland in der Länderliste K aufgeführt ist (§ 5c AWV). Eine Lieferung in den Iran aus einem anderen Staat der Europäischen Union oder aus Deutschland zu zivilen Zwecken unterlag damit keinerlei Beschränkungen. Daran - sowie an den insbesondere in den Fällen 1, 3, 6, 8c, 21, 22 und 29 der Anklage gelieferten hohen Stückzahlen bzw. großen Mengen - wird erkennbar, dass die Lieferung der Waren nicht auf eine heimliche Vermittlung des darin verkörperten Informationswerts gerichtet war, sondern allein die Beschaffung der Gegenstände zur Aufrechterhaltung der Produktionsabläufe bei den Empfängerfirmen im Vordergrund stand.

Soweit der Generalbundesanwalt in der Anklageschrift zur Begründung einer nachrichtendienstlich relevanten Informationsvermittlung bei einem Teil der Beschaffungsvorgänge darauf abstellt, dass vorab Warenmuster geliefert, Ersatzteile anhand zur Verfügung gestellter Zeichnungen oder Altteile nachgebaut oder dass im Zuge der Warenlieferung auch Betriebsanleitungen, Datenblätter oder Wartungsunterlagen zur Verfügung gestellt wurden, führen diese Umstände nicht zu einer abweichenden Würdigung. Nach den Ermittlungsergebnissen war ein Großteil der bei den Empfängern vorhandenen Maschinen bereits so alt, dass Originalteile dafür nicht mehr hergestellt wurden; eine Abklärung der Kompatibilität war deshalb für die Nutzbarkeit der zu liefernden Güter von entscheidender Bedeutung und belegt darüber hinausgehende Ausforschungsbemühungen nicht hinreichend. Die Zurverfügungstellung von Betriebsanleitungen etc. durch den Hersteller entspricht bei technischen Geräten im Übrigen der Üblichkeit und vermag für sich betrachtet angesichts der weiteren Umstände - es handelte sich auch insoweit überwiegend um Ersatzteile für bereits vorhandene, ältere Maschinen - ein im Vordergrund stehendes Informationsinteresse nicht zu belegen.

Nach alledem ist die Beurteilung des Oberlandesgerichts, der Angeklagte habe sich der Ausübung einer geheimdienstlichen Agententätigkeit im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht hinreichend verdächtig gemacht, nicht zu beanstanden.

II. Im Umfang des verbleibenden Anklagevorwurfs liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung des Hauptverfahrens hingegen vor.

1. Im Fall 19 liegt - was das Oberlandesgericht nicht in Abrede gestellt hat - in tatsächlicher Hinsicht der hinreichende Tatverdacht vor, dass der Angeklagte sich wegen der Ausfuhr der sowohl von der Dual-Use-Liste der Europäischen Union als auch der nationalen Ausfuhrliste erfassten Schlangenwärmetauscher, auf die § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG für diese Position verweist, nach dieser Vorschrift strafbar gemacht hat. 43 2. Soweit das Oberlandesgericht die Zulassung der Anklage aus tatsächlichen Gründen abgelehnt hat, hat es an den dafür erforderlichen Tatverdacht überspannte Anforderungen gestellt und das Ergebnis der Ermittlungen unzutreffend gewürdigt bzw. nur unvollständig ausgewertet.

Die nach den oben genannten Grundsätzen dem Senat obliegende Würdigung der Voraussetzungen der Eröffnung des Hauptverfahrens ergibt, dass der Angeklagte in den Fällen 1-18 und 20-29 der Anklage hinreichend verdächtig ist, jeweils gewerbsmäßig handelnd Güter, die nicht in der Ausfuhrliste (Anlage AL zu § 5 AWV) genannt sind und deren Käufer- oder Bestimmungsland ein Land der Länderliste K war, in Kenntnis von deren militärischer Endverwendung ohne Unterrichtung der zuständigen Behörden und ohne Genehmigung ausgeführt zu haben, wobei jede Ausfuhr geeignet war, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (§ 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2, § 33 Abs. 1 AWG, § 70 Abs. 1 Nr. 3, § 5c Abs. 2 Satz 2 AWV). Im Fall 29 blieb es lediglich beim Versuch einer solchen Tat (§§ 22, 23 Abs. 1 StGB).

a) Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass die von dem Angeklagten ausgeführten Güter im Iran für eine militärische Endverwendung bestimmt waren. Dies ergibt sich aus der Beschaffenheit der gelieferten Waren, insbesondere aber dem Kreis der Empfänger und deren bekannter Produktpalette sowie einer Gesamtwürdigung der weiteren Tatumstände. Im Einzelnen:

aa) Gemäß § 5c Abs. 1 Satz 2 AWV gilt als militärische Endverwendung der Einbau in Rüstungsgüter, die in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genannt sind (Nr. 1), die Verwendung von Herstellungs-, Test- oder Analyseausrüstung und deren Bestandteilen für die Entwicklung, die Herstellung oder die Wartung solcher militärischen Güter (Nr. 2) sowie die Verwendung von unfertigen Erzeugnissen in einer Anlage zur Herstellung von Rüstungsmaterial (Nr. 3). Im Hinblick auf die Beschaffenheit der durch den Angeklagten ausgeführten Gegenstände sind vorliegend nur die beiden letzten Varianten der Vorschrift in den Blick zu nehmen:

Waren und deren Bestandteile, die im Sinne von § 5c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AWV als Herstellungs-, Test- oder Analyseausrüstung verwendet werden, müssen einen funktionalen Beitrag für die Entwicklung, Herstellung oder Wartung von militärischen Gütern leisten. Eine Verwendung zu Analysezwecken kommt hier für das im Fall 27 der Anklage gelieferte Endoskopie-Komplettsystem in Betracht, bei dem es sich nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens um ein Inspektionsgerät für die zerstörungsfreie Materialprüfung handelt, das im gesamten industriellen Spektrum eingesetzt werden kann, aber auch von Streitkräften für Wartungs- und Prüfaufgaben genutzt wird. Eine Verwendung der Waren zum Zweck der Herstellung von militärischen Gütern steht hingegen bei den gelieferten Ersatzteilen für Werkzeug-, Dreh- und Fräsmaschinen sowie einen Vakuumofen zur Härtung von Werkstücken in Rede, die die Bestellerfirmen im Iran bereits in den 1980er und 1990er Jahren angeschafft hatten (Fälle 2, 4-5, 8-10, 12-13b, 14-17a, 23 und 25 der Anklage), sowie bei der Lieferung anderer Werkzeuge und Maschinenteile (Fälle 3, 6-7, 11, 13c, 17b-18, 20, 22, 24, 26, 28 und 29 der Anklage).

Unter den Begriff der Verwendung unfertiger Erzeugnisse in einer Anlage zur Herstellung von Rüstungsgütern im Sinne des § 5c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AWV werden alle Waren gefasst, die in das Endprodukt eines militärischen Gutes eingehen. Der Begriff der "Anlage" ist weit zu verstehen und erfasst Stätten, in denen unter Zuhilfenahme von Maschinen und sonstigen Einrichtungs- und Ausrüstungsgegenständen Rüstungsgüter produziert werden. Die Lieferung solcher unfertigen Erzeugnisse kommt hinsichtlich der 20 Tonnen Salpetersalz, das bei der Warmbadhärtung von Stahl eingesetzt wird (Fall 1 der Anklage), und der 12 Tonnen der Chemikalie Bonder 98, mit der ein Korrosionsschutz sowie ein Schmierfilm für stark beanspruchte Maschinen-, aber auch Waffenteile hergestellt werden kann (Fall 21 der Anklage), in Betracht.

Nach einer im Ermittlungsverfahren eingeholten Stellungnahme des BAFA waren alle von dem Angeklagten gelieferten Gegenstände in technischer Hinsicht objektiv geeignet, bei der Entwicklung und Herstellung von Rüstungsgütern im Sinne von Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste verwendet zu werden. Insoweit hat das Oberlandesgericht ausgeführt, die objektive Eignung der Waren, zu einer militärischen Endverwendung eingesetzt zu werden, genüge bei den durchweg auch zivil zu nutzenden Gütern nicht als hinreichender Nachweis für ihre Bestimmung zur militärischen Endverwendung. Jedoch steht die Beschaffenheit der Güter einer militärischen Endverwendung auch nicht entgegen. Eine dahingehende Schlussfolgerung ist möglich.

bb) Die entscheidenden Verdachtsmomente dafür, dass die von dem Angeklagten gelieferten Waren im Iran zur Produktion von Rüstungsgütern bestimmt waren, ergeben sich aus den in die staatliche iranische Rüstungsorganisation DIO eingegliederten Empfängern selbst, insbesondere im Hinblick auf die von ihnen hergestellten Produkte.

Der DIO als einer dem iranischen Verteidigungsministerium angeschlossenen und von diesem kontrollierten Gesellschaft unterstehen nach ihrem eigenen, auch vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Internetauftritt sechs Unternehmenszweige, von denen im vorliegenden Verfahren die "Armament Industries Group" (AIG), die "Ammunition and Metallurgy Industries Group" (AMIG) und die "Chemical Industries & Development of Material Group" (CIDMG) ihrerseits als Muttergesellschaften von Empfängerfirmen eine Rolle spielen.

(1) Die AIG stellt nach der von ihr unterhaltenen Internetseite ausschließlich Schusswaffen in drei Kategorien her: große, mittlere und kleine Kaliber. Zu den großen Kalibern zählen insbesondere Kanonen, Haubitzen und Raketenwerfer, zu den mittleren Mörser, Panzerabwehrkanonen und kleinere Raketenwerfer und zu den kleinen diverse Maschinengewehre, Sturmgewehre und Maschinenpistolen. Allein bei den kleinkalibrigen Waffen finden sich mit drei Jagdgewehren, einem Luftgewehr und Signalpistolen sowie einer 9mm-Pistole Produkte, die auch zu zivilen Zwecken einsetzbar sind.

In allen den Unternehmenszweig der AIG betreffenden und damit in 16 der 29 dem Angeklagten zur Last gelegten Fälle (Fälle 2-5, 8-10, 12-14, 16-17, 23 und 25-27 der Anklage), war Empfängerin der Waren (namentlich Ersatzteile für Maschinen und Werkzeuge zur Metallbearbeitung) die J.S. Industries. Diese der AIG unterstehende Produktionsstätte ist nach dem Ermittlungsergebnis auch unter mehreren anderen Bezeichnungen bekannt, insbesondere unter dem aus der Sprache Farsi stammenden Namen "Sanaye Jangafzarsazi", was übersetzt "Kriegswerkzeugindustrie" bedeutet, sowie als "J.S. Co." und als "Weapons Factory". Es handelt sich um ein Rüstungswerk, in dem leichte Raketenwerfer und Mörser, Panzerfäuste sowie militärische und zivile Schusswaffen hergestellt werden. Angesichts dieser Umstände ist gegen die in einem Sachstandsvermerk des Zollfahndungsamts Stuttgart verwendete Bezeichnung der J.S. Industries als Waffenfabrik - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - nichts zu erinnern.

Für eine Verwendung der Waren bei der J.S. Industries zu Zwecken der Produktion von Rüstungsgütern sprechen weitere, vom Oberlandesgericht nicht erwähnte und nicht in seine Beurteilung einbezogene wesentliche Indizien. Aus einer im Ermittlungsverfahren durchgeführten Zeugenvernehmung eines Mitarbeiters der I. GmbH, einer deutschen Firma, die an die J.S. Industries im Jahr 1991 einen Vakuumofen geliefert hatte, der der Härtung von Werkstücken aus Metall diente und für den der Angeklagte in den Fällen 4, 5, 8a, 8b, 9 und 10 Ersatzteile beschaffte, geht hervor, dass die J.S. Industries anlässlich seines Besuchs im Jahr 2005 in den Außenbereichen Teherans ein Firmengelände unterhielt, das durch Mauern, Stacheldraht und mit Gewehren bewaffnete uniformierte Wachen gesichert war, die nicht der iranischen Polizei angehörten. Ausländische Besucher mussten ihren Reisepass abgeben und einen Fragebogen ausfüllen. Derartige aufwändige Sicherungsmaßnahmen seien bei anderen Kunden der I. GmbH im Iran nicht üblich.

Ein anderer Mitarbeiter der I. GmbH, der mit der J.S. Industries im Rahmen von geltend gemachten Gewährleistungsansprüchen im Juli 2002 Verhandlungen führte, verwies angesichts der Kritik der J.S. Industries an der angeblich schleppenden Auftragsbearbeitung, insbesondere der ausbleibenden Lieferung von Ersatzteilen, auf die "gesetzliche Lage". Im September 2002 bemühte sich die I. GmbH, eine Ersatzteillieferung über ihre indische Vertretung zu ermöglichen, die sie bat, für die Ersatzteilliste ihr eigenes Briefpapier zu verwenden, weil Lieferungen in den Iran an diesen speziellen Kunden einem "Embargo" unterlägen. In dem Besuchsbericht eines weiteren I. -Mitarbeiters aus dem November 2002 ist vermerkt, dass "bei vielen Firmen in der Waffenindustrie das Interesse an Vakuumöfen" bestehe. All dies deutet darauf hin, dass die I. GmbH bzw. deren Mitarbeiter davon ausgingen, dass bei der J.S. Industries Rüstungsgüter hergestellt wurden. Besonders deutlich wird dies an den Verweisen auf die "gesetzliche Lage" bzw. auf ein "Embargo", denn auch zur Zeit dieser Äußerungen unterlagen Ausfuhren der in Rede stehenden Güter aus Deutschland nur in Fällen der dem Ausführer bekannten militärischen Endverwendung der Exportkontrolle.

Diese Umstände bleiben im Beschluss des Oberlandesgerichts ebenso unerwähnt wie die im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen in der Anklageschrift auf mehr als neun Seiten aufgeführten weiteren Erkenntnisse zur J.S. Industries, die belegen, dass auch andere deutsche Hersteller bei Lieferungen an die J.S. Industries eine militärische Endverwendung zumindest nicht ausschließen konnten, sich erfolglos beim BAFA um Ausfuhrgenehmigungen bemühten, von Verantwortlichen der J.S. Industries unzutreffende, angeblich zivile Verwendungen belegende Endverbleibserklärungen erhielten und sich bereits Ende der 1990er Jahre weigerten, den Angeklagten mit Waren zu beliefern, weil diese für den Iran bestimmt seien und eine Ausfuhrgenehmigung vom BAFA verweigert worden sei.

Die vom Oberlandesgericht herangezogenen, den hinreichenden Tatverdacht nach seiner Ansicht ausschließenden Indizien erweisen sich demgegenüber als nicht tragfähig, vermögen jedenfalls die für die Eröffnung des Hauptverfahrens erforderliche hinreichende Verurteilungswahrscheinlichkeit nicht zu entkräften:

Soweit das Oberlandesgericht - teilweise unter Bezugnahme auf Frühwarnschreiben des BAFA und Erkenntnismitteilungen des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Bundeskriminalamtes (BKA) - auf eine zivile Produktpalette der AIG verweist, setzt es sich mit der zumindest waffenähnlichen Beschaffenheit der - laut der Internetseite einzigen - zivilen Produkte (Sportwaffen, Signalpistolen) nicht auseinander. Die in den genannten Unterlagen enthaltenen Hinweise sind zudem in aller Regel pauschaler Natur und enthalten keinerlei Angaben dazu, woraus die angebliche zivile Produktpalette der AIG bestehen soll. Allein aus einer Erkenntnismitteilung des BAFA ergeben sich Informationen des BND, dass von der AIG im zivilen Produktionsbereich Bewässerungsanlagen und Zubehörteile für den Fahrzeugbau hergestellt werden; diese beziehen sich indes erkennbar nicht auf das vorliegend belieferte, hoch gesicherte Rüstungswerk der J.S. Industries. Gleiches gilt für die pauschale Aussage des Zeugen Kh., der bekundet hat, staatliche Firmen im Iran würden heute für Mülleimer, Staubsauger, Mobiltelefone, Autoersatzteile und weitere Gebrauchsgegenstände werben.

Das vom Oberlandesgericht herangezogene Interesse am Bezug von zivilen Produkten wie Sportwaffen und Munition, Handschellen mit Schlüsseln und Polizeihelmen steht dem Verdacht, die J.S. Industries betreibe eine Fabrik für Rüstungsgüter, nicht entgegen; im Gegenteil kann gerade der angestrebte Kauf von Sportwaffen auch dahingehend zu verstehen sein, dass das Unternehmen solche Produkte nicht selbst herstellt, sie vielmehr zur Vervollständigung seiner im Internet beworbenen Produktpalette zukaufen muss. Auch die anderen angefragten Gegenstände waren nicht im Produktionsprozess einsetzbar, belegen also gerade nicht, dass in dem Werk zivile Güter hergestellt wurden. Aus dem gleichen Grund stellt auch die Anfrage der J.S. Industries nach 1.000 Zielfernrohren, die auch für Jagdgewehre eingesetzt werden können, kein tragfähiges Indiz gegen eine militärische Endverwendung der von dem Angeklagten gelieferten Güter dar, zumal das Oberlandesgericht das insoweit ermittelte Geschehen verkürzt darstellt. Es gibt zwar das Ermittlungsergebnis insoweit zutreffend wieder, als die Zieloptik für den Einsatz durch Scharfschützen des Militärs vorgesehen ist, lässt jedoch unerwähnt, dass angesichts der hohen Auflösung des Zielfernrohrs (für Entfernungen bis 2.000 yards ˜ 1.829 m) und des Stückpreises von über 4.000 US$ die Ausrüstung der von der J.S. Industries angebotenen Jagdgewehre mit einer wesentlich geringeren Reichweite (700 m) nicht nur wirtschaftlich wenig sinnvoll erscheint.

Soweit das Oberlandesgericht schließlich wegen der - im Ergebnis nur pauschalen und teilweise nicht tragfähigen - Hinweise auf eine zivile Produktpalette der belieferten Firmen in jedem Einzelfall bereits für die Frage des hinreichenden Tatverdachts einen besonderen Nachweis dafür verlangt, dass die von dem Angeklagten gelieferten Waren nicht für eine zivile Verwendung bestimmt waren, hat es in der Sache einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt. Der hinreichende Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus; der erst am Ende der Hauptverhandlung stehende Nachweis der Tat bzw. die für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung ist für die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht erforderlich (BGHSt 53, 238, 243 m. w. N.). Auch in Fällen, in denen zunächst gewisse - nicht unüberwindbar erscheinende - Zweifel verbleiben, kommt die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens regelmäßig nicht in Betracht, weil zur Klärung eben dieser Zweifel die überlegenen Erkenntnismittel der Hauptverhandlung heranzuziehen sind; die nicht aufgrund öffentlicher Verhandlung ergehende und nicht auf einer unmittelbaren Beweisgewinnung beruhende Eröffnungsentscheidung soll erkennbar aussichtslose Fälle herausfiltern, ansonsten aber der Hauptverhandlung nicht vorgreifen (vgl. Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 203 Rdn. 13 m. w. N.).

(2) Die Internetseite der AMIG wirbt unter der Überschrift "Ammunition Industries Group" damit, ein führender Hersteller für konventionelle Munition zu sein. Die Produktpalette umfasst dementsprechend Artilleriemunition, Luftabwehrmunition und Minen sowie zugehörige Zünder, bei der kleinkalibrigen Munition aber auch Sport- und Jagdmunition sowie Munition für "Polizeiwaffen", also vorrangig Pistolen und Maschinenpistolen. Daneben werden als zivil nutzbare Produkte noch Signalmunition, Patronen zum Leinen-Schießen und Patronen zum Absprengen von Felsbrocken oder industriellen Schlacken, Sprengstoffe und Zündvorrichtungen zu kommerziellen Zwecken sowie Werkzeuge (Walzwerkzeuge, Bohrer, Fräser, Gewindebohrer) angeboten.

Die von dem Angeklagten im Fall 1 der Anklage unter der Tarnbezeichnung Sanam Industrial Group belieferte "Sanaye Mohemat Sazi" ist auch als "Munitionsfabrik Teheran" bekannt. Anhaltspunkte dafür, dass dort zivile Produkte hergestellt würden, haben sich nach den Ermittlungen nicht ergeben.

Die weiteren von dem Angeklagten belieferten Firmen, die nach dem Ergebnis der Ermittlungen zum Unternehmenszweig der AMIG gehören (Sherkate Shirody, Sattari Co. Ltd. bzw. Shahid Sattari und Maham Industrial Group bzw. Maham Industrial Complex; Fälle 7, 11, 15, 20, 22, 24, 28 und 29 der Anklage), verwendeten Telefaxnummern, die der Munitionsfabrik Teheran zugeordnet waren, gaben das gleiche Postfach an und unterfielen der gleichen DIO-internen Codenummer 01. Angesichts dieser - erneut vom Oberlandesgericht unerwähnt gelassenen - Umstände liegt der vom Generalbundesanwalt in der Anklageschrift gezogene Schluss nicht fern, diese Gesellschaften - soweit es sich nicht ohnehin um Tarnfirmen handelt - unterstünden der Munitionsfabrik Teheran. Zumindest stehen sie zu ihr aber in einem engen Zusammenhang, der es hinreichend wahrscheinlich macht, dass die an sie gelieferten Güter zur Produktion konventioneller Munition verwendet wurden. Weitere vom Oberlandesgericht nicht berücksichtigte Hinweise auf eine militärisch ausgerichtete Produktion ergeben sich hinsichtlich der Maham Industrial Group zudem aus der Einschätzung des iranischen Repräsentanten der Firma Dr. (Fall 29 der Anklage), die Maham sei eine "wichtige staatliche Fabrik", die "fast die ganze Munition des Iran" baue, sowie aus einer Erkenntnismitteilung des BND, nach der der Maham Industrial Complex als Hersteller von Munition und Granaten bezeichnet wird; eine zivile Produktion sei nicht bekannt.

(3) Nach den die CIDMG betreffenden Informationen auf der Internetseite der DIO stellt die CIDMG militärische und zivile chemische Produkte und Materialien her. Als angebotene Produkte finden sich indes nur militärische zum Einsatz in Munition, Minen und Bomben sowie Sprengstoffe, die allenfalls auch einen zivilen Einsatzbereich haben können. Chemikalien, die nicht mit militärischen Waffen oder Sprengstoff in Zusammenhang stehen, werden nach diesen allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen nicht beworben.

Der CIDMG untersteht die von dem Angeklagten in den Fällen 6 und 18 der Anklageschrift belieferte Parchin Chemical Factory bzw. Parchin Chemical Industrial Group. Diese ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen an der Herstellung von Sprengstoffen und Treibladungspulvern (Feststofftreibstoffen für Raketen) sowie der Entwicklung oder Herstellung chemischer Kampfstoffe beteiligt. Angesichts dessen ist auch insoweit eine militärische Endverwendung der von dem Angeklagten gelieferten Waren hinreichend wahrscheinlich. Diese Einschätzung wird auch dadurch bestätigt, dass die Parchin Chemical Factory im IranEmbargo der Europäischen Gemeinschaft (Verordnung (EG) Nr. 423/2007 vom 19. April 2007, ABl. L 103 S. 1, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 219/2008 vom 11. März 2008, ABl. L 68 S. 5, Anhang IV A Nr. 23) als eine der Firmen gelistet ist, deren Vermögensgegenstände europaweit eingefroren werden müssen.

cc) Zu den sich aus den Empfängerfirmen und ihrer Produktpalette ergebenden Indizien treten weitere Umstände, die das Oberlandesgericht in seine Würdigung nicht einbezogen hat und die ebenfalls auf eine militärische Endverwendung der gelieferten Waren hindeuten:

Der Angeklagte ging nach dem Ergebnis der Ermittlungen - wie mehrere der im Rahmen der Telefonüberwachung aufgezeichnete Gespräche zeigen - offenbar selbst davon aus, dass bei den von ihm durchgeführten Exporten eine Genehmigungspflicht in Betracht kam. Das ergibt sich etwa aus einem Gespräch mit einer unbekannt gebliebenen Person aus dem Iran, in dem der Angeklagte äußerte, man dürfe "manchmal nicht alle Karten auf den Tisch legen, besonders bei den Artikeln, die eine Erlaubnis benötigen". In einem weiteren Telefongespräch zeigte sich der Angeklagte gegenüber seinem iranischen Gesprächspartner verstimmt darüber, dass ein deutscher Lieferant offenbar erfolglos versucht hatte, eine Ausfuhrgenehmigung zu erhalten, und erklärte: "Mit Ihrer Vorgehensweise versperren Sie die Wege. Diese Geschäfte gehen mit Gottes Eingebung, man kann nicht wissen, ob sie klappen oder nicht. Ich gehe diesen Weg auf eigenes Risiko. Man darf nicht von Anfang an nach der Erlaubnis fragen. Ich vergleiche diese Geschäfte folgendermaßen: Wenn man fremdgehen will oder etwas Ähnliches vorhat, darf man seine Frau nicht nach Erlaubnis fragen, weil sie nie ihre Einwilligung geben wird. Diese Geschäfte sind genau so, man darf nicht nach Erlaubnis fragen."

Hinsichtlich der von dem Angeklagten ganz überwiegend exportierten, nicht gelisteten Dual-Use-Güter kam eine Genehmigungspflicht indes nur nach § 5c Abs. 2 AWV in Betracht, wenn dem Ausführer die militärische Endverwendung bekannt war. Wenn er also von einer Genehmigungspflicht ausging, deutet dies auf einen Einsatz der Waren in der Rüstungsproduktion hin. Gleiches gilt für die Gespräche, in denen der Angeklagte die von ihm gelieferten Waren als "Verteidigungszeug" oder als Lieferung für die "Kriegswerkzeug-Industrie" bezeichnete und sie so selbst in einen militärischen Kontext stellte.

Für eine Verwendung der exportierten Güter im militärischen Kontext sprechen nicht zuletzt auch die erheblichen Gewinne, die der Angeklagte, der nicht selten jedenfalls bei seinem ersten Angebot an die iranischen Abnehmer auf seinen Einkaufspreis schlicht 100 % aufschlug, durch die Geschäfte erzielte. Es erscheint zweifelhaft, ob die Abnehmer, die sich über das Internet auch vom Iran aus einen Überblick über die im legalen Markt für die entsprechenden Waren erzielbaren Preise verschaffen konnten, sich auf solche Aufschläge eingelassen hätten, wenn es sich um legale Ausfuhren gehandelt hätte. Einziger Grund für eine mögliche Illegalität der Exporte war indes die Kenntnis von der militärischen Endverwendung der Waren.

b) Es ist weiter auch hinreichend wahrscheinlich, dass dem Angeklagten die Bestimmung der von ihm ausgeführten Güter für eine militärische Endverwendung im Iran bekannt war.

Der Angeklagte stand bereits vor dem Jahr 1996 mit dem damaligen Kontaktbüro der DIO in Düsseldorf in geschäftlicher Verbindung und arbeitete eng mit ihm zusammen. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen hatte das Kontaktbüro bereits damals die Aufgabe, militärische Verwendungszwecke von auszuführenden Waren zu verschleiern und die kontinuierlich verschärften Exportkontrollbestimmungen der Bundesrepublik Deutschland zu umgehen. Der Angeklagte war in zahlreichen Fällen in Beschaffungsvorgänge eingebunden und auch als Kurier für Sendungen des Kontaktbüros an die Sasadja Moavenate Bazargani - die Einkaufsabteilung der DIO - tätig. Die enge Verbindung zwischen dem Angeklagten und der DIO bereits in den 1990er Jahren spricht indiziell dafür, dass ihm eine militärische Verwendung der von ihm gelieferten Waren nicht verborgen blieb, zumal das Kontaktbüro im Jahr 1996 wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz durchsucht worden war und der Angeklagte sich bereits damals in Gesprächen mit Mitarbeitern der DIO konspirativ verhielt.

Wesentliches Beweisanzeichen für seine Kenntnis von der militärischen Endverwendung ist der hohe Grad an Konspiration, den der Angeklagte bei der Abwicklung seiner Geschäfte durchweg - von der Bestellung bis zur Bezahlung - betrieb. Er verschleierte gegenüber seinen Lieferanten nicht nur die wahren Empfänger der Güter im Iran, indem er angab, die bestellten Waren sollten entweder in die Schweiz oder in die Türkei geliefert werden; er täuschte auch über seinen eigenen Namen und seine Herkunft, indem er sich als S. und als schweizer oder englischer Staatsbürger gerierte. Die Ermittlungen haben zudem ergeben, dass er auch weitere Aliasnamen verwendete. Gegenüber den Zollbehörden wurden wiederum die Hersteller der Waren aber auch die Empfänger verborgen, indem der Angeklagte auf eine strikt neutrale Verpackung bedacht war und darüber hinaus jeglichen Hinweis, der eine Identifikation der wirklichen Abnehmer hätte ermöglichen können (z. B. graphische Kennzeichnung, die die Ware staatlichen Stellen zuordnet), aus den Papieren entfernen und zudem in einer Vielzahl der Fälle nicht existente Tarnfirmen als Empfänger einsetzen ließ. Diese Vertuschung behielt der Angeklagte auch gegenüber den Banken bei der Bezahlung seiner Lieferungen durch die Sasadja Moavenate Bazargani bei. Denn die vielfach verwendeten Akkreditive wurden auf sein Geheiß im Namen der Tarnfirmen eröffnet oder auf diese umgeschrieben; auch aus diesen Papieren wurden auf seine Veranlassung alle Hinweise entfernt, die auf die wahren Empfänger hindeuteten.

Das konspirative Verhalten des Angeklagten lässt den Schluss zu, dass ihm die Illegalität seiner Ausfuhren bekannt war. Illegal waren die Exporte indes nur, wenn er um die militärische Endverwendung der Waren im Iran wusste.

Die vom Oberlandesgericht gegen diesen Schluss angeführten Umstände erweisen sich als nicht tragfähig, vermögen jedenfalls den hinreichenden Tatverdacht nicht zu entkräften:

Ein mögliches Motiv des Angeklagten für sein konspiratives Verhalten soll nach der Ansicht des Oberlandesgerichts sein Bestreben gewesen sein, "etwaigen Schwierigkeiten beim Export vorzubeugen". Völlig unklar bleibt insoweit, worin solche Schwierigkeiten bestehen sollten, wenn sie sich nicht aus der Illegalität der Ausfuhren ergeben, die aber wiederum nur dann in Betracht kommt, wenn der Angeklagte um die militärische Endverwendung der Waren wusste.

Von einzelnen Lieferanten geäußerte Vorbehalte gegenüber Lieferungen in den Iran - es handelte sich insoweit überwiegend um Niederlassungen US-amerikanischer Firmen, zu deren Geschäftspolitik es schon wegen des Totalembargos der USA gegenüber dem Iran gehört, keine Lieferungen in den Iran zuzulassen - vermögen nicht zu erklären, warum der seit vielen Jahren auf dem Gebiet des Iranhandels erfahrene Angeklagte in allen Fällen das Empfängerland verschleierte; erst recht ergibt sich daraus keine Erklärung dafür, dass er Tarnfirmen im Iran als Empfänger angab - auch insoweit hätten "politische Vorbehalte" der Lieferanten bestanden - und Hinweise auf den in Deutschland ansässigen Lieferanten entfernen ließ. In einigen der vom Oberlandesgericht zitierten Fälle ging es zudem nicht um "politische Vorbehalte", die Firmen lehnten die Lieferung vielmehr "aufgrund der Bestimmungen" ab (I. GmbH) bzw. nachdem das BAFA die Ablehnung einer Ausfuhrgenehmigung bei entsprechendem Antrag in Aussicht gestellt hatte (Dr. GmbH).

Soweit das Oberlandesgericht die Befürchtung des Angeklagten, von seinen Kunden als Zwischenhändler übergangen zu werden, als weiteres mögliches Motiv der Konspiration angibt, stellt es das in der Anklageschrift dargestellte Geschehen erneut verkürzt dar. Richtig ist allein, dass der Angeklagte gegenüber dem Zeugen Wi. diese Befürchtung als Grund für die Neutralisierung der Lieferungen angab; dass es sich um Waren eines Lieferanten handelte, bei dem eine direkte Bestellung durch die DIO zuvor an dessen Weigerung, in den Iran zu liefern, gescheitert war, bleibt dagegen unerwähnt. Da der Angeklagte von seinen Auftraggebern vor diesem Hintergrund gezielt mit der Beschaffung der Waren beauftragt worden war, ist seine Erklärung gegenüber Wi. nicht plausibel, denn eine direkte Beschaffung der Waren durch seinen Kunden unter Umgehung des Angeklagten war ja gerade gescheitert.

Irrig ist schließlich die Auffassung des Oberlandesgerichts, es müsse die Einlassung des Angeklagten als unwiderlegbar hinnehmen, er habe angenommen, dass er durch sein konspiratives Vorgehen Steuern sparen könne. Der Tatrichter ist nicht gehalten, entlastende Einlassungen des Angeklagten, für deren Richtigkeit es keine zureichenden Anhaltspunkte gibt, seinen Feststellungen ohne Weiteres zugrunde zu legen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NStZ 2002, 48; NJW 2007, 2274). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die im Urteil vorzunehmende Beweiswürdigung, die auf einer unmittelbaren Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung beruht, sondern in zumindest gleichem Maß auch für die nur auf einer mittelbaren Beweisgewinnung beruhende Eröffnungsentscheidung. Hier war es für Entstehung und Umfang der Steuerpflicht des Angeklagten erkennbar ohne jeden Belang, ob er die Waren in die Schweiz oder den Iran ausführte. Ebensowenig spielte insoweit eine Rolle, ob er sie im Iran an den wahren Empfänger oder eine Tarnfirma lieferte. Maßgeblich war allein der - von ihm allerdings in keinem Fall den Steuerbehörden angegebene - Gewinn, den er aus den getätigten Geschäften erzielte. Die Einlassung des Angeklagten ist deshalb bereits aus sich heraus wenig plausibel.

Selbst wenn man den vom Oberlandesgericht herangezogenen Indizien jedenfalls in einer Gesamtwürdigung eine den Angeklagten entlastende Qualität zusprechen wollte, würde dies nicht die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigen; denn diffizile Beweiswürdigungsfragen, wie sie hier aufgrund der Beweislage in Rede stehen, dürfen nicht im Zuge der nicht öffentlichen und nicht unmittelbaren vorläufigen Tatbewertung des eröffnenden Gerichts womöglich endgültig entschieden werden (Stuckenberg aaO).

c) Es besteht auch der hinreichende Tatverdacht, dass die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen der § 5c Abs. 2, § 70 Abs. 1 Nr. 3 AWV, § 33 Abs. 1 AWG vorliegen. Insbesondere rechtfertigt das Ermittlungsergebnis die Annahme, der Angeklagte sei Ausführer der Waren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 4 AWG gewesen und habe die Ausfuhr in keinem Fall gegenüber dem BAFA angezeigt.

d) Weiter ist es hinreichend wahrscheinlich, dass die Exporte in jedem Einzelfall geeignet waren, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, was den Verdacht begründet, dass sich der Angeklagte gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 strafbar gemacht hat.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, wenn anhand konkreter tatsächlicher Umstände festzustellen ist, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Tat in eine Lage gebracht werden konnte, die es ihr unmöglich macht oder ernsthaft erschwert, ihre Interessen an gedeihlichen Beziehungen zu anderen Staaten zu wahren. Da es sich um ein abstraktkonkretes Gefährdungsdelikt handelt, ist es nicht erforderlich, dass eine solche Gefahr tatsächlich eingetreten ist. Die Eignung zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen kann zum Beispiel gegeben sein, wenn aufgrund der Tat ein Akt starker diplomatischer Missbilligung, eine feindselige Kampagne der führenden Medien eines wichtigen Landes der Völkergemeinschaft oder eine Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland in inter- bzw. supranationalen Gremien naheliegend zu erwarten sind; indes reicht nicht jede mögliche negative Reaktion eines fremden Staates, wie z. B. eine bloße Demarche, für sich allein bereits aus (BGHSt 53, 128, 134 f. m. w. N.; 53, 238, 250). Ob die Handlung des Täters nach diesen Maßstäben eine solche Gefährdungseignung aufweist, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen. Dabei kommt vor allem der Frage Bedeutung zu, ob es staatlichen deutschen Stellen zum Vorwurf gemacht werden kann, dass es zu den Verstößen gegen die außenwirtschaftlichen Bestimmungen gekommen ist. Daneben sind aber auch die sonstigen Tatumstände, namentlich Art und Menge der gelieferten Güter, deren Verwendungsmöglichkeit und -zweck, das konkrete Empfängerland sowie Umfang und Gewicht der konkreten außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Tat gefährdet werden können, in die Gesamtbetrachtung einzustellen (BGHSt 53, 128, 135 f.).

Der Generalbundesanwalt hat zur Frage der Eignung der Taten des Angeklagten zur Gefährdung der auswärtigen Beziehungen mehrere Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes eingeholt. Zu Recht kritisiert das Oberlandesgericht daran, dass sich das Auswärtige Amt nicht nur auf die Vermittlung der ihm aufgrund seiner besonderen Sachkunde bekannten Tatsachen beschränkt, sondern vielmehr auch seine Rechtsauffassung mitgeteilt hat, nach der sämtliche Ausfuhren des Angeklagten geeignet gewesen seien, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Die Erstattung eines Rechtsgutachtens durch das Auswärtige Amt ist indes nicht veranlasst (BGHSt 53, 128, 136). Gleichwohl hätte das Oberlandesgericht sich nicht im Wesentlichen darauf beschränken dürfen, die Stellungnahmen zu kritisieren. Denn es obliegt den Strafverfolgungsorganen, auf der durch das Auswärtige Amt vermittelten tatsächlichen Grundlage zu prüfen und zu entscheiden, ob die Handlungen des Täters die nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG erforderliche Gefährdungseignung aufweisen (BGHSt aaO). Das Oberlandesgericht hätte deshalb die in der Stellungnahme jedenfalls auch enthaltenen Informationen vollständig verwerten und in die gebotene Gesamtbetrachtung der dem Angeklagten vorgeworfenen Taten einstellen müssen.

bb) Diese ergibt hier - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Generalbundesanwalts - noch die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die von dem Angeklagten vorgenommenen Ausfuhren geeignet waren, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik erheblich zu gefährden.

Dabei ist allerdings zunächst in den Blick zu nehmen, dass sich die dem Angeklagten vorgeworfenen Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz - mit Ausnahme von Fall 19 - auf Waren bezogen, die aus anderen Ländern der Europäischen Union genehmigungsfrei hätten ausgeführt werden können. In diesen Fällen kommt die Verletzung von völkerrechtlichen Verträgen oder Embargo-Vereinbarungen durch die Ausfuhr ebensowenig in Betracht wie ein in der Ausfuhr liegender Verstoß gegen im Wege der internationalen Zusammenarbeit beschlossene multilaterale Exportkontrollvorschriften (vgl. dazu BGHSt 53, 238, 250). Andererseits kann - entgegen der offenbar vom Oberlandesgericht vertretenen Ansicht - aus diesem Umstand nicht der Schluss gezogen werden, der Export solcher Güter vermöge die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland ungeachtet der übrigen Tatumstände in aller Regel gar nicht zu gefährden. Dies zeigen etwa die vom Auswärtigen Amt referierten äußerst kritischen Reaktionen israelischer und US-amerikanischer Medien selbst auf legale deutsche Exporte in den Iran, die keine Rüstungsgüter bzw. militärisch verwendete Waren betrafen. Auch wenn durch solche Berichte allein das Merkmal der Gefährdungseignung noch nicht erfüllt ist, bieten sie doch einen Beleg für die besondere Aufmerksamkeit, mit der international deutsche Exporte in den Iran beobachtet werden.

Im Ergebnis ist deshalb in Fällen der Ausfuhr unter Verstoß gegen § 5c Abs. 2 AWV wegen der objektiv nur schwer bestimmbaren Beschaffenheit der in Betracht kommenden Güter und der tatbestandlichen Weite sowie der die angedrohte Sanktion erheblich verschärfenden Wirkung des Merkmals der Eignung zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen (vgl. dazu BGHSt 53, 128, 134 m. w. N.) in der gebotenen Gesamtschau eine Gefährdungseignung im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG grundsätzlich nur bei Vorliegen erheblicher weiterer, die auswärtigen Beziehungen betreffender Umstände zu bejahen.

Dies ist hier der Fall. Zwar kam den vom Angeklagten ausgeführten Gütern, bei denen es sich um "alltägliche" Waren - namentlich um Grundstoffe, Einzelwerkstücke und Ersatzteile - handelte, die für sich betrachtet keinen erkennbaren Bezug zur Rüstungsindustrie aufwiesen, für die Herstellung von deren Endprodukten - mögen sie hierfür auch nicht entbehrlich gewesen sein - nur punktuelle Bedeutung zu. Derartige Exporte sind in aller Regel nicht geeignet, die von § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG umschriebenen Voraussetzungen zu erfüllen. Hier ergibt sich indes aus folgenden Umständen ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung:

Die exportierten Waren sollten sämtlich in der Produktion von konventionellen Rüstungsgütern im Iran, einem Land, dessen Politik insbesondere gegenüber Israel von einer aggressiven Grundhaltung geprägt ist, eingesetzt werden. Aus der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes geht hervor, dass die Bundesrepublik Deutschland ein besonderes außenpolitisches Interesse an der Stabilisierung der Region des Nahen und Mittleren Ostens verfolgt und diesbezügliche Aktivitäten entfaltet, die durch die unkontrollierte Ausfuhr von zur militärischen Verwendung bestimmten Gütern konterkariert werden können, weil Zweifel an der Effektivität der deutschen Exportkontrolle aufgeworfen werden. 89 Die Argumentation des Oberlandesgerichts, eine Bedrohung Israels durch den Iran werde nicht durch konventionelle Hochrüstung begründet, geht vor diesem Hintergrund fehl, zumal bekannt ist, dass sich der Iran auch damit brüstet, regionale "Befreiungsarmeen" im Nahen Osten mit Waffen zu versorgen. Solche Gruppen wie etwa die Hisbollah oder die Hamas stellen offenkundig eine unmittelbare Bedrohung Israels und damit des gesamten Friedensprozesses in der Region dar.

Maßgeblich kommt hinzu, dass jede von der Anklage erfasste illegale Ausfuhr Teil einer jahrelangen Tatserie war (vgl. zu diesem Merkmal BGHSt 53, 128, 137), mit der die Exportkontrollvorschriften von dem Angeklagten systematisch umgangen wurden. Dies gilt auch bereits für die erste angeklagte Tat, weil die Ermittlungen hinreichend belegen, dass der Angeklagte Anfang des Jahres 2001 schon seit mehr als zehn Jahren in das nötigenfalls auf die Umgehung von Exportkontrollen ausgerichtete Beschaffungssystem der DIO eingebunden war.

Entscheidend wirken sich im vorliegenden Fall aber die massiven Kontrolldefizite aus, die die Ermittlungen bei den deutschen Zollbehörden aufgedeckt haben. Die Ausfuhrzollstellen ließen sich in allen Fällen, in denen auf Veranlassung des Angeklagten bei der Ausfuhranmeldung das falsche Empfängerland angegeben wurde, über wesentliche Umstände täuschen. Dies wiegt umso schwerer, weil das als Ausgangszollstelle fungierende Zollamt Ha. trotz gegenüber der Vorabfertigung geänderter Empfänger keine weitere Prüfung im Hinblick auf ausfuhrrechtliche Bestimmungen durchführte, sondern nur noch eine papiermäßige Sichtung der Unterlagen auf Vollständigkeit und Zuordnung zu der gestellten Ware. Entgegen der Auffassung der Verteidigung sind die Versäumnisse beim Zollamt Ha. auch nicht unabhängig vom Verhalten des Angeklagten zu betrachten. Die Anklageschrift führt zwar aus, dass nicht abschließend geklärt werden konnte, ob der Angeklagte die Abfertigungspraxis des Zollamtes Ha. bewusst ausgenutzt habe; es haben sich indes insbesondere aus den durchgeführten Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen Hinweise darauf ergeben, dass ihm das für seine Zwecke vorteilhafte Vorgehen der Zollbeamten bekannt war und er deshalb die vom ihm eingeschaltete Spedition als die Firma pries, die wisse, wie man "eine Frachtsendung abwickeln kann, damit der Hersteller nicht merkt, dass die Ware in den Iran gegangen ist." 92 Im Ergebnis waren die Ausfuhren des Angeklagten in allen Fällen somit bei genereller Betrachtung ihrer Art nach typischerweise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet, Akte starker diplomatischer Missbilligung oder Medienkampagnen gegen die Bundesrepublik Deutschland in wichtigen Partnerländern herbeizuführen. Dies gilt auch für den Fall 29 der Anklageschrift, in dem es nur beim Versuch blieb. Denn auch in diesem Fall waren die für den Iran bestimmten Waren beim Zollamt Ha. letztlich beanstandungslos für die Ausfuhr freigegeben worden, obwohl in der Vorabfertigung abweichend als Empfängerland noch die Schweiz angegeben gewesen war. Die maßgeblichen Kontrolldefizite staatlicher deutscher Stellen lagen also auch in diesem Fall vor; zur Vollendung der Ausfuhr kam es lediglich wegen der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen nicht.

e) Schließlich ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Angeklagte in allen ihm zur Last gelegten Fällen im Sinne des Qualifikationstatbestandes des § 34 Abs. 6 Nr. 2 AWG gewerbsmäßig gehandelt hat. Anders als bei Herstellern oder Lieferanten, die in erster Linie legalen Veräußerungsgeschäften nachgehen, liegt hier der Schluss nahe, dass die Gewinnerzielungsabsicht des Angeklagten gerade darauf abzielte, sich durch wiederholte illegale Ausfuhren eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu erschließen bzw. zu erhalten. Dafür spricht nicht nur die Vielzahl der ermittelten Fälle, sondern insbesondere der Umstand, dass der Angeklagte mit seinen Unternehmen, die keine eigenen Geschäftsräume unterhielten, im Tatzeitraum - soweit ersichtlich - nicht werbend am Markt aufgetreten ist.

3. Die sich aus dem Vorliegen des hinreichenden Tatverdachts ergebende Veurteilungswahrscheinlichkeit wird auch nicht aus rechtlichen Gründen erschüttert. Der rechtlichen Würdigung des Oberlandesgerichts, mit der es die maßgeblichen Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung für gemeinschaftsrechtswidrig gehalten hat und deshalb zu ihrer Unanwendbarkeit gelangt ist, vermag der Senat nicht zu folgen.

a) Dies gilt zunächst für die Vorschrift des § 5c Abs. 2 AWV.

aa) Die Annahme des Oberlandesgerichts, § 5c Abs. 2 AWV sei gemeinschaftsrechtswidrig und damit unbeachtlich, weil die Bundesregierung einem europarechtlichen Begründungszwang nicht nachgekommen sei, ist rechtsfehlerhaft.

Eine generelle Verpflichtung des nationalen Gesetzgebers zur formellen Begründung der von ihm erlassenen Gesetze besteht in der Bundesrepublik Deutschland nicht (BadWürttStGH NJW 1975, 1205, 1214; ThürVerfGH NVwZRR 1999, 55, 60; Kischel, Die Begründung S. 260 ff. mit zahlr. Nachw., insbesondere Fn. 3; vgl. auch Redeker/Karpenstein NJW 2001, 2825 ff.). Eine Begründung von Gesetzen findet sich ganz überwiegend nur in Materialien, die nicht unmittelbar auf den Gesetzgeber - das Parlament - zurückgehen; sie stammen vielmehr beispielsweise von der mit der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs befassten Stelle, der Bundesregierung oder einem Bundestagsausschuss (Kischel aaO S. 293). Die sich an diesen Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte orientierende historische Auslegung ist deshalb auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts neben der grammatischen, systematischen und der teleologischen Auslegung nur eine von mehreren Methoden zur Ermittlung des im Gesetz objektivierten Willens des Gesetzgebers. Ihre Anwendung setzt voraus, dass der in den Materialien zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wille auf den objektiven Gesetzesinhalt schließen lässt; nur soweit er in dem Gesetz selbst hinreichenden Ausdruck gefunden hat, kann er bei der Auslegung berücksichtigt werden (BVerfGE 8, 274, 307; 10, 234, 244; 11, 126, 130 ff.; 54, 277, 297 ff.; 62, 1, 45). Bereits diese grundsätzlichen Erwägungen erhellen, dass das Fehlen einer Begründung für sich allein noch keine Rechtsfolge - insbesondere nicht die der Verfassungswidrigkeit oder der Unbeachtlichkeit der Norm - auszulösen vermag.

Zwar kann bei Gesetzen, deren Erlass bestimmten materiellrechtlichen oder Verfahrensvoraussetzungen unterliegt, im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle die Prüfung erforderlich sein, ob die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten den Sachverhalt ausreichend ermittelt und nachvollziehbar gewürdigt haben oder - insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung - ob mit dem Gesetz ein verfassungskonformer Zweck verfolgt wird; eine solche Prüfung ist etwa bei Planungs- oder Neugliederungsgesetzen geboten (z. B. BVerfGE 86, 90, 108 f. m. w. N.), aber auch bei Prognoseentscheidungen des Gesetzgebers (z. B. BVerfGE 50, 290, 332 ff. m. w. N.) oder bei Regelungen im Bereich enger verfassungsrechtlicher Vorgaben (z. B. BVerfGE 54, 173, 197; 85, 36, 56 ff.). Hieraus ist indes nicht der Schluss zu ziehen, die maßgeblichen Umstände müssten zwingend in der Gesetzesbegründung niedergelegt werden; vielmehr handelt es sich um eine prozessuale Darlegungspflicht. Im Streitfall müssen die Gründe dem Gericht offen gelegt werden, ohne dass die Art des Nachweises - eine etwa vorhandene Begründung, andere jedermann zugängliche Materialien, aber auch Aussagen an der Normsetzung Beteiligter oder die Offenlegung verwaltungsinterner Vorarbeiten - eine Rolle spielt (Kischel aaO S. 311; Thür VerfGH aaO; BVerfGE 85, 36, 57). Es kommt allein darauf an, ob die gesetzgeberische Entscheidung im Ergebnis den an sie zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (BVerfGE 86, 148, 212; vgl. Kischel aaO).

Diese Grundsätze gelten nicht nur für Parlamentsgesetze, sondern auch für untergesetzliche Normen wie den hier in Rede stehenden § 5c Abs. 2 AWV (vgl. Kischel aaO S. 326 f., 333, 334; BVerfGE 85, 36, 57). Ebenso haben sie nicht nur Gültigkeit, soweit es um die Rechtfertigung von Normen im verfassungsrechtlichen Kontext geht, sondern auch, soweit - wie hier - legislative Eingriffe in europarechtlich verbürgte Grundfreiheiten in Rede stehen. Eine Regelung, die die nationalen Gesetzgeber zur Begründung ihrer normsetzenden Entscheidungen verpflichtet, existiert im Gemeinschaftsrecht nicht (Cremer NVwZ 2004, 668, 674). Bei der Frage, ob durch ein nationales Gesetz in vorrangiges Gemeinschaftsrecht eingegriffen worden ist, stellt auch der Gerichtshof der Europäischen Union nicht allein auf in der Begründung niedergelegte Vorstellungen des Gesetzgebers ab; die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Absicht des Gesetzgebers kann zwar einen Anhaltspunkt für den mit dem Gesetz verfolgten Zweck darstellen, muss indes nicht ausschlaggebend sein. Es ist vielmehr auch von den nationalen Gerichten zu prüfen, ob die eine Grundfreiheit einschränkende Regelung bei objektiver Betrachtung einen nach dem Gemeinschaftsrecht legitimen Zweck verfolgt (EuGH NZA 2001, 1377, 1379; 2002, 207, 208). Auch aus den vom Oberlandesgericht zitierten Entscheidungen ergibt sich, dass vom Gerichtshof der Europäischen Union im Hinblick auf geforderte Abwägungen oder Darlegungen nicht etwa auf eine dementsprechende Begründungspflicht des nationalen Gesetzgebers rekurriert wird, sondern auf dessen prozessuale Darlegungs- und Beweislast (EuGH Rs. C-414/97, Slg. 1999, I-5585, 5599, Rdn. 22, 24); denn auch die erst im Verfahren benannten Rechtfertigungsgründe des beklagten Staates werden in die Entscheidung einbezogen (EuGH Rs. C-147/03, Slg. 2005, I-5969, 5992, Rdn. 63, 64, 67, 71; vgl. auch Cremer aaO S. 673 f.).

Nach alledem kann allein aus einer - angeblich - fehlenden Begründung zu § 5c Abs. 2 AWV im Sinne einer Abwägung zwischen den Grundsätzen der gemeinsamen Handelspolitik und der Ausfuhrfreiheit mit den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nicht auf die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Norm geschlossen werden. Vielmehr ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts von den nationalen Gerichten zu prüfen, ob die mit der Vorschrift verbundene Beschränkung der Ausfuhrfreiheit bei objektiver Betrachtung gemeinschaftsrechtlich zulässigen Zwecken dient.

bb) Aus der danach gebotenen Prüfung ergibt sich hier:

(1) Wie auch das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat, stellen die vorliegend in Rede stehenden Ausfuhrkontrollen für Dual-Use-Güter Maßnahmen auf dem Gebiet der Gemeinsamen Handelspolitik dar, für die Art. 133 EGV (jetzt: Art. 207 AEUV) der Europäischen Union eine ausschließliche Zuständigkeit verleiht. Den Mitgliedsstaaten fehlt deshalb grundsätzlich jede eigene Kompetenz zum Erlass nationaler Regelungen (h. M.; vgl. EuGH, Gutachten 1/75, Slg. 1975, 1355, 1363 ff.; EuGH NVwZ 1996, 365, 366 m. w. N.; wistra 1996, 57; Vedder/Lorenzmeier in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 133 EGV Rdn. 11 m. zahlr. Nachw.; Simonsen in Wolffgang/Simonsen, AWR-Kommentar, Einführung Dual-Use-VO Rdn. 18; Reuter NJW 1995, 2190, 2191). Die sich aus der ausschließlichen Zuständigkeit der Union ergebende Sperrwirkung entfällt indes dort, wo das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedsstaaten - etwa durch Öffnungsklauseln - zum Erlass nationaler Regeln ermächtigt (EuGH NJW 1977, 1007, 1008; NVwZ aaO; wistra aaO; EuGH Rs. C-174/84, Slg. 1986, 559, 576, Rdn. 31; Vedder/Lorenzmeier aaO; Schaefer, Die nationale Kompetenz zur Ausfuhrkontrolle nach Art. 133 EG S. 102). Eine solche Öffnungsklausel findet sich hinsichtlich der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern in Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO (jetzt Art. 8 Abs. 1 Dual-Use-VO nF) (vgl. Ehrlich in Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts 2. Aufl. § 8 Rdn. 30; Friedrich in Hocke/Berwald/Maurer/Friedrich, Außenwirtschaftsrecht Art. 5 Dual-Use-VO Rdn. 1 f.; Schaefer aaO S. 150; Karpenstein in Grabitz/Hilf aaO Art. 5 Dual-Use-VO Rdn. 1; Simonsen aaO Art. 8 Dual-Use-VO Rdn. 1; KG, Beschl. vom 22. Juli 2008 - 4 Ws 131/07 - juris - Rdn. 7). Zu Recht ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, dass Öffnungsklauseln als Ausnahmen von gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen generell eng auszulegen sind (EuGH NJW 1977, 1007, 1008; wistra 1996, 57, 59; EuGH Rs. C-414/97, Slg. 1999, I-5585, 5599, Rdn. 21; Pernice/Mayer in Grabitz/Hilf aaO Art. 220 EGV Rdn. 45 m. w. N.; Karpenstein aaO Rdn. 2; Friedrich aaO Rdn. 3).

(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ergeben sich mit Blick auf die Kompetenz der Bundesrepublik Deutschland zum Erlass exportkontrollrechtlicher Vorschriften keine Anhaltspunkte für eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit von § 5c Abs. 2 AWV; die Vorschrift ist vielmehr von der Öffnungsklausel des Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO (jetzt Art. 8 Abs. 1 Dual-Use-VO nF) erfasst, der die Mitgliedsstaaten ermächtigt, die Ausfuhr von nicht in der Dual-Use-Liste erfassten Gütern aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus Menschenrechtserwägungen zu untersagen oder dafür eine Genehmigungspflicht vorzuschreiben.

Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die innere und die äußere Sicherheit der Mitgliedsstaaten (EuGH EuZW 1992, 29, 31); wegen der Schwierigkeit, außenpolitische und sicherheitspolitische Gesichtspunkte klar voneinander abzugrenzen, können auch die auswärtigen Beziehungen eines Mitgliedsstaates vom Begriff der öffentlichen Sicherheit erfasst sein. Aufgrund der gebotenen engen Auslegung des Ausnahmetatbestands bedarf es insoweit aber der Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen (EuGH NVwZ 1996, 365, 367; wistra 1996, 57, 58). Die öffentliche Sicherheit kann insbesondere durch die Ausfuhr eines zu militärischen Zwecken einsetzbaren Erzeugnisses in ein Drittland, das als ein für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern sehr sensibles Bestimmungsland angesehen wird, beeinträchtigt werden (EuGH NVwZ aaO; wistra aaO). Die Einschätzung, ob eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit vorliegt, ist Sache des Mitgliedsstaates; diesem steht insoweit - wie beim Schutz anderer Rechtsgüter auch - unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts und insbesondere des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Beurteilungsspielraum zu, innerhalb dessen er bestimmen kann, auf welchem Niveau er den Schutz der öffentlichen Sicherheit gewährleisten will und welche Maßnahmen er zur Erreichung des angestrebten Schutzniveaus für erforderlich hält (Bermbach, Die gemeinschaftliche Ausfuhrkontrolle für Dual-Use-Güter S. 187 f.; Schaefer aaO S. 174 f., m. zahlr. Nachw. zur EuGH-Rechtsprechung; vgl. EuGH Rs. C-34/79, Slg. 1979, 3795, 3797, Rdn. 15 zum Begriff der öffentlichen Sittlichkeit; EuGH Rs. C-434/04, Slg. 2006, I-9171, 9185, Rdn. 32 f. zum Schutz der Gesundheit). Dabei ist zu berücksichtigen, dass jeder Mitgliedsstaat besondere Sicherheitsinteressen haben kann, etwa wegen seiner geographischen Lage, seiner Geschichte, wegen seiner inneren Situation oder besonderer äußerer Bedrohungen (Generalanwalt Jacobs, Rs. C-70/94 und Rs. C-83/94, Slg. 1995, I-3189, 3191, Rdn. 43; Rs. 120/94, Slg. 1996, I-1513, 1514, Rdn. 54; Schaefer aaO S. 217; Karpenstein aaO Rdn. 2, 7 m. w. N.; vgl. insoweit auch BVerfG NJW 1995, 1537, 1538).

Die Vorschrift des § 5c AWV findet - wie sich bereits aus der Überschrift ergibt - ihre nationale Ermächtigungsgrundlage in § 7 Abs. 1 AWG. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 AWG können Rechtsgeschäfte und Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr beschränkt werden, um zu verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gestört werden. Dieses nationale Regelungsziel unterfällt nach obigen Ausführungen dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff der öffentlichen Sicherheit, so dass darauf beruhende nationale Ausfuhrbeschränkungen nicht von der Sperrwirkung der Dual-Use-VO erfasst werden; die Bundesrepublik Deutschland hat insoweit eine eigene, nicht von der Unionszuständigkeit aus Art. 133 EGV (jetzt: Art. 207 AEUV) gehinderte Kompetenz zum Erlass nationaler Vorschriften zur (weiteren) Kontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (Schaefer aaO; Karpenstein aaO Rdn. 2; Ehrlich aaO; Simonsen aaO Rdn. 4, 8; Fehn in Hohmann/John, Ausfuhrrecht Art. 5 Dual-Use-VO Rdn. 25).

§ 5c AWV hält sich innerhalb des gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Rahmens, indem die Vorschrift lediglich die Ausfuhr von Gütern, die für eine militärische Endverwendung bestimmt sind, in nach Einschätzung des Verordnungsgebers besonders sensitive Bestimmungsländer der Länderliste K (vgl. BTDrucks. 14/4166 S. 13) von einer vorherigen Unterrichtung des BAFA und gegebenenfalls dessen Genehmigung abhängig macht. Unkontrollierte Ausfuhren in diesem Bereich können auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die auswärtigen Beziehungen eines Mitgliedsstaates erheblich stören und so zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen (EuGH NVwZ 1996 aaO; wistra aaO). § 5c AWV stellt folglich eine grundsätzlich gemeinschaftsrechtlich zulässige nationale Exportkontrollvorschrift dar (Schaefer aaO S. 209; Karpenstein aaO; Pietsch in Wolffgang/Simonsen aaO § 5c AWV Rdn. 7; Schörner in Hohmann/John aaO § 5c AWV Rdn. 9 f.; Simonsen aaO Rdn. 5; Ehrlich aaO Rdn. 35; Friedrich aaO § 5c AWV Rdn. 2).

(3) Diesem Ergebnis kann auch nicht die Auffassung der Verteidigung entgegengehalten werden, § 5c Abs. 2 AWV sei von Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO nicht gedeckt, weil damit nur ein Genehmigungsvorbehalt oder die Untersagung einer Ausfuhr gestattet werde; § 5c Abs. 2 AWV sehe aber lediglich eine Informations- und Wartepflicht des Ausführers vor, der die beabsichtigte Ausfuhr anzuzeigen und eine Entscheidung des BAFA abzuwarten habe. Es dürfe aber nicht der Verwaltung die Entscheidung überlassen werden, ob von der europarechtlichen Ermächtigung zum Erlass nationaler Sonderregelungen Gebrauch gemacht werde.

Diese Ansicht verkennt, dass § 5c Abs. 2 AWV lediglich das Verfahren festlegt, das in der Regel zum Entstehen des nach der Ermächtigungsnorm zulässigen Genehmigungsvorbehalts oder auch der Untersagung der Ausfuhr führt. Dass dabei die Verwaltungsbehörde eingeschaltet wird, steht der Vereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO nicht entgegen, weil in dieser Vorschrift keine Aussage getroffen wird, welcher Staatsgewalten sich die Mitgliedsstaaten zur Durchführung der beschränkenden Maßnahmen bedienen dürfen. § 5c Abs. 2 AWV schafft damit - wenn auch über den Zwischenschritt der Entscheidung des BAFA - den nach Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO zulässigen Genehmigungsvorbehalt. Der Umstand, dass es - wenn auch eher seltene (vgl. dazu Weith/Wegner/Ehrlich, Grundzüge der Exportkontrolle S. 125) - Fälle geben mag, in denen nach der Prüfung durch das BAFA keine Genehmigungspflicht für die konkrete Ausfuhr besteht, berührt die Vereinbarkeit mit der Ermächtigungsgrundlage nicht; dass insoweit auch für nicht genehmigungspflichtige Ausfuhren eine Informations- und Wartepflicht normiert wird, ist vielmehr erst im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung von Bedeutung (dazu unten B. II. 3. a) cc) (3)). Die Frage, ob in zulässiger Weise der Exekutive eine Kompetenz übertragen wird, den Genehmigungsvorbehalt erst zum Entstehen zu bringen, berührt ebenfalls nicht die Vereinbarkeit von § 5c Abs. 2 AWV mit Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO, sondern den auch gemeinschaftsrechtlich zu beachtenden Bestimmtheitsgrundsatz (dazu unten B. II. 3. a) dd)).

cc) § 5c Abs. 2 AWV entspricht auch mit Blick auf die damit verbundene Einschränkung der Ausfuhrfreiheit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

(1) Mitgliedsstaatliche Exportkontrollvorschriften hinsichtlich nicht gelisteter Dual-Use-Güter auf der Grundlage der Ermächtigung aus Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO (jetzt: Art. 8 Abs. 1 Dual-Use-VO nF) stellen "nationale Alleingänge" dar und unterliegen als solche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sie müssen also geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den jeweils angestrebten, gemeinschaftsrechtlich zulässigen Zweck zu erreichen (EuGH EuZW 1992, 29, 31; wistra 1996, 57, 59). Allein in diesem Rahmen kann ein Mangel an Begründung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber von Bedeutung sein, wenn die Geeignetheit der beschränkenden Maßnahme zur Erreichung eines legitimen Zwecks oder ihre Verhältnismäßigkeit deshalb gegebenenfalls nicht überprüft werden kann (vgl. EuGH Rs. C-414/97, Slg. 1999, I-5585, 5599, Rdn. 22; Rs. C-170/04, Slg. 2007, I-4071, 4107, Rdn. 50). Nach den oben dargelegten Grundsätzen sind aber alle zulässigen Auslegungsmethoden heranzuziehen, um bei objektiver Betrachtung zu ermitteln, ob der Gesetz- oder Verordnungsgeber einen legitimen Zweck verfolgt und den Eingriff in Grundfreiheiten verhältnismäßig ausgestaltet hat (vgl. oben B. II. 3. a) aa)).

Bereits aus dem systematischen Zusammenhang des § 5c AWV ergibt sich, dass der Verordnungsgeber damit einen legitimen Zweck verfolgt. Aus der amtlichen Überschrift, die die Vorschrift als eine Beschränkung nach § 7 Abs. 1 AWG ausweist, geht hervor, dass mit den Ausfuhrbeschränkungen der Schutz der Sicherheit und der auswärtigen Interessen der Bundesrepublik bezweckt wird. Dieses Ziel erweist sich, wie dargelegt, als gemeinschaftsrechtlich legitim und vermag nationale Ausfuhrkontrollen zu rechtfertigen. Diese Rechtslage bestand bereits vor der Einführung der Dual-Use-VO im Jahr 2000 bzw. vor In krafttreten der vorhergehenden Fassung durch die VO (EG) Nr. 3381/1994 (ABl. L 367 S. 1). Denn auch nach der nach wie vor geltenden Vorschrift des Art. 11 der VO (EG) Nr. 2603/1969 (ABl. L 324 S. 25; im Folgenden: Ausfuhrverordnung) konnten nationale Ausfuhrbeschränkungen nicht nach Gutdünken der Mitgliedsstaaten erlassen werden, sondern bedurften einer Rechtfertigung u. a. aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit. Auf dem Boden dieser Rechtslage hatte der Gerichtshof der Europäischen Union bereits im Jahr 1995 Ausfuhrbeschränkungen der Bundesrepublik Deutschland, die nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 AWG den Schutz der auswärtigen Beziehungen bezweckten, als gemeinschaftsrechtskonform beurteilt (EuGH NVwZ 1996, 365; wistra 1996, 57). Anlass zu vertiefenden Ausführungen über die grundsätzliche europarechtliche Zulässigkeit eigener, schärferer Ausfuhrkontrollen bestand für den Verordnungsgeber angesichts dieser höchstrichterlich geklärten Rechtslage - auch im Hinblick auf den Grundsatz der Ausfuhrfreiheit (vgl. Art. 1 Ausfuhrverordnung) - deshalb nicht.

Das Oberlandesgericht kommt zu dem Ergebnis, der Verordnungsgeber habe die Ausfuhrbeschränkungen in § 5c AWV lediglich mit allgemeinen politischen Einschätzungen begründet und keine nachvollziehbare Abwägung zwischen den Grundsätzen der gemeinsamen Handelspolitik und der Ausfuhrfreiheit einerseits und den nationalen Sonderinteressen der Bundesrepublik Deutschland andererseits vorgenommen. Dabei hat es indes die vorhandenen Begründungen zum Teil unzutreffend und nur unvollständig ausgewertet sowie allgemeinkundigen Umständen keinen ausreichenden Stellenwert beigemessen.

Schon bei der Anpassung der AWV an die durch die VO (EG) Nr. 3381/1994 geänderte Rechtslage durch die 36. ÄnderungsVO vom 17. Februar 1995 (BAnz 1995 S. 6165, 6168) hat der Verordnungsgeber dargelegt, dass er sich der fortschreitenden Harmonisierung auf dem Gebiet der Exportkontrolle für Dual-Use-Güter bewusst war. Die - vom Oberlandesgericht unbeachtet gebliebene - Begründung zum Erlass der damals neu eingeführten Länderliste K lautete:

"Die Entscheidung zugunsten der neuen Länderliste K war Ergebnis einer sehr sorgfältigen Abwägung. Die exportkontrollpolitische Verantwortung Deutschlands einerseits und das integrationspolitische und wirtschaftspolitische Interesse an einer europäischen Harmonisierung andererseits waren in Einklang zu bringen. Einige der in der neuen Länderliste K aufgeführten Länder werden international einheitlich als besonders problematisch angesehen, zum Teil bleiben sie sichtbar hinter Friedensprozessen in ihren Regionen zurück." (BAnz aaO).

Es liegt fern anzunehmen, dass der Verordnungsgeber, der bei der Einführung der VO (EG) Nr. 3381/1994, die einen geringeren Stand der Harmonisierung innerhalb der Union widerspiegelte, intensive dahingehende Abwägungen vornahm, seine Verpflichtung zur Berücksichtigung der europarechtlichen Grundsätze fünf Jahre später angesichts fortschreitender Harmonisierung aber aus dem Blick verlor, zumal er - wie auch das Oberlandesgericht festgestellt hat - auch im Jahr 1998 noch die Verpflichtung zur Abwägung zwischen Sicherheits- und Integrationsinteressen hervorhob (vgl. BTDrucks. 13/10104 S. 27). Eine solche Abwägung vor dem Hintergrund einer stärkeren Vereinheitlichung der europäischen Regelungen muss indes nicht notwendig zu einer Lockerung nationaler Regelungen oder auch nur zu einem gesteigerten Begründungsaufwand bei ihrer Beibehaltung führen. Richtig ist vielmehr, dass ein wesentlicher Bestandteil des Harmonisierungsprozesses zwischen den Jahren 1995 und 2000 in der Verschärfung der gemeinschaftlichen Exportkontrollvorschriften bestand, indem mit Art. 4 Abs. 2 und 4 Dual-Use-VO europaweit eine § 5c AWV vergleichbare verwendungsbezogene Kontrolle von nicht gelisteten Dual-Use-Gütern eingeführt wurde, soweit diese Güter in Ländern, gegen die ein Waffenembargo besteht, zur Produktion von konventionellen Rüstungsgütern eingesetzt werden sollen. Aufgrund dieser Regelung konnte die Bundesregierung die Mehrzahl der zuvor dort aufgeführten Länder von der Länderliste K streichen (vgl. BTDrucks. 14/4166 S. 12, 15); es verblieben nur noch sechs. Jedenfalls missverständlich sind vor diesem Hintergrund auch die Ausführungen des Oberlandesgerichts, Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO (in der Fassung der VO (EG) Nr. 1334/2000) sei auf Wunsch der Bundesrepublik Deutschland in die Verordnung aufgenommen worden, weil sich eine Vereinheitlichung auf dem besonders hohen deutschen Niveau nicht habe durchsetzen lassen. Die dazu zitierten Belege betreffen nur die Vorgängerregelung des Art. 5 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 3381/1994. Soweit durch solche Wendungen in dem angefochtenen Beschluss der Eindruck entsteht, die gemeinschaftsrechtliche Harmonisierung stehe einer - auch nur beizubehaltenden - Liberalisierung des Exportkontrollrechts gleich, ist das Gegenteil der Fall. Wie dargelegt hatte die fortschreitende Harmonisierung bis zum Inkrafttreten der Dual-Use-VO im Jahr 2000 bereits zu einer Verschärfung der gemeinschaftsrechtlichen Exportkontrollbestimmungen geführt; dies hat sich im weiteren Verlauf der Harmonisierung fortgesetzt, etwa indem in der jetzigen Fassung der Dual-Use-VO in Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 428/2009 erstmalig europaweit auch Vermittlungstätigkeiten in Bezug auf Dual-Use-Güter einer verwendungsbezogenen Genehmigungspflicht unterworfen und den Mitgliedsstaaten weitere Befugnisse zum Erlass nationaler Sonderregelungen eingeräumt werden. Auch insoweit hat die Harmonisierung zu einer Anhebung des Kontrollniveaus (vgl. auch Simonsen aaO Einführung Dual-Use-VO Rdn. 22 f.) und damit letztlich zu einer weiteren Annäherung an die deutschen Standards geführt. Hinzu kommt, dass mittlerweile von der Europäischen Union Waffenembargos nicht nur gegenüber dem Iran, sondern auch gegenüber Libanon und Nordkorea ausgesprochen worden sind, die Einschätzung der Bundesregierung hinsichtlich der Sensitivität von Exporten von militärisch verwendbaren Gütern in diese Länder also internationale Anerkennung erfahren hat. Nach Streichung dieser Länder sowie Mosambiks (vgl. BTDrucks. 16/4106 S. 8, 12; 16/6269 S. 10, 15) umfasst die Länderliste K deshalb nur noch zwei Staaten.

Ausgehend davon ist auch die bei der Anpassung der AWV an die geänderte Dual-Use-VO im Jahr 2000 geäußerte Einschätzung der Bundesregierung, durch die strengeren gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften würden bisher bestehende Wettbewerbsnachteile deutscher Exporteure gemildert, entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts zutreffend (vgl. Hohmann/John in Hohmann/John aaO Update Anhang 2 zur Dual-Use-VO Rdn. 2; Simonsen aaO Einführung Dual-Use-VO Rdn. 19; aA der mit dem angefochtenen Beschluss zur Frage der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit von § 5c Abs. 2 AWV, § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG weitgehend wortgleiche Beitrag von v. Heintschel-Heinegg/Dauster in FS für Stöckel S. 57, 68 in Fn. 49). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob für die verbliebenen Länder nur in Deutschland Ausfuhrbeschränkungen bestehen, sondern darauf, dass für die Mehrzahl der Länder, in die Exporte von Dual-Use-Gütern zum Zweck der militärischen Endverwendung zuvor nur in Deutschland Beschränkungen unterworfen waren, nunmehr eine europarechtlich einheitliche Kontrollvorschrift vergleichbaren Inhalts besteht und deshalb insoweit die Chancengleichheit zwischen deutschen und anderen europäischen Exporteuren hergestellt wurde.

Die Erwägung des Oberlandesgerichts, der Verordnungsgeber sei sich im Jahr 2000 seines durch Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO eingeschränkten Spielraums zur Schaffung oder Beibehaltung nationaler Exportkontrollvorschriften nicht bewusst gewesen, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Die Vorgängerregelung des Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 3381/1994 ließ nach ihrem Wortlaut nationale Beschränkungen zwar ohne nähere Begründung zu; zu beachten war aber auch seinerzeit Art. 11 der Ausfuhrverordnung, der nationale Ausfuhrbeschränkungen - wie oben dargelegt - gerade nicht unbegrenzt erlaubte. Im Übrigen bezieht sich die zum Nachweis der Auffassung des Oberlandesgerichts zitierte Passage aus der Verordnungsbegründung erkennbar auf die Beschreibung des Rechtszustandes vor Einführung der Dual-Use-VO, kann also nicht als Begründung für einen angeblich falschen Maßstab des Verordnungsgebers für die Zeit danach herangezogen werden.

Für die erforderliche Begründungstiefe, die eine Überprüfung von § 5c Abs. 2 AWV im Hinblick auf den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermöglicht, ergibt sich nach alldem Folgendes: Angesichts des sich bereits aus einer systematischen Auslegung ergebenden legitimen Zwecks der Vorschrift, die dem Schutz der auswärtigen Beziehungen als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit dient, und eingedenk des nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dem nationalen Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Spielraums bei der Beurteilung der Frage, ob die Einschränkung von gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten zum Schutz der öffentlichen Sicherheit des Mitgliedsstaates geboten ist, sind die vom Verordnungsgeber gewählten Formulierungen in den amtlichen Begründungen zur AWV jedenfalls im Zusammenhang mit den allgemein zugänglichen Grundsätzen der deutschen Außen- und Exportkontrollpolitik und den offenkundigen Erkenntnissen zur politischen Haltung des Iran im Nahen Osten und insbesondere gegenüber Israel ausreichend, um eine potentielle erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen durch die Ausfuhr von Gütern mit einem militärischen Endverwendungszweck in den Iran zu begründen. Hierzu gilt:

Wie auch das Oberlandesgericht ausgeführt hat, verfolgt die Bundesrepublik gestützt auf das verfassungsrechtlich in Art. 26 GG verankerte Friedens gebot im Grundsatz eine restriktive Rüstungsexportkontrollpolitik, die auch für Güter mit doppeltem Verwendungszweck gilt, sofern diese für Rüstungszwecke verwendet werden sollen (BTDrucks. 13/5966 S. 2; 13/10104 S. 1 f.). Dieses Friedensgebot verpflichtet nationale Behörden etwa zur Versagung einer Ausfuhrgenehmigung, wenn durch den Export das Rechtsgut des Völkerfriedens im Sinne des Art. 26 Abs. 1 GG potentiell bedroht ist (Schaefer aaO S. 60). Integraler Bestandteil und Grundkonsens der deutschen Außenpolitik ist seit jeher eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Israels (vgl. nur BT-Plenarprotokoll 14/233 S. 23113, 23114, Regierungserklärung zur Lage im Nahen Osten) und damit verbunden ein besonderes Engagement für die Stabilisierung der gesamten Region des Nahen und Mittleren Ostens. Der Iran als eines der wichtigsten Länder in dieser Region, war nicht erst in den letzten Jahren, sondern bereits vor dem Jahr 2000 von einer feindlichen Grundhaltung gegenüber Israel geprägt und trug zur Verhinderung von Stabilisierungsbemühungen in der Region bei. Er verweigerte ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels sowie zur demokratischen Legitimität der palästinensischen Autonomiebehörde, bekundete offen Sympathie mit den Motiven von Selbstmordattentätern der Hamas in Israel und unterstützte gewaltbereite palästinensische Oppositionsgruppen (vgl. BTDrucks. 13/4545 S. 2 f.; 13/3483 S. 2). Bereits aus der Zusammenschau dieser Umstände wird deutlich, dass eine durch die Bundesregierung nicht kontrollierte Ermöglichung auch konventioneller Rüstungsprojekte im Iran potentiell geeignet ist, zur Destabilisierung der Region beizutragen und damit im Widerspruch zu wesentlichen Grundsätzen der Außenpolitik der Bundesrepublik steht. Eine zur Außenpolitik widersprüchliche Exportkontrollpolitik ist aber ersichtlich geeignet, die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung bei ihren internationalen Partnern zu untergraben und dadurch die auswärtigen Beziehungen erheblich zu stören; dadurch wird - auch nach den Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union - die öffentliche Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland berührt. Dass dies in den Begründungen zur AWV nicht im Einzelnen dargelegt, sondern lediglich auf "sensitive" Staaten verwiesen und ausgeführt wird, diese blieben "zum Teil (...) sichtbar hinter Friedensprozessen in ihren Regionen zurück", ist mit Blick auf die Offenkundigkeit dieser Umstände unschädlich.

(2) Die Vorschrift des § 5c Abs. 2 AWV ist auch geeignet, dieses gemeinschaftsrechtskonforme Ziel des Schutzes der öffentlichen Sicherheit zu erreichen, weil potentiell gefährdende Ausfuhren durch die Exportkontrolle verhindert werden können. Soweit das Oberlandesgericht die Geeignetheit "gemeinschaftsrechtlich betrachtet" in Abrede stellt, weil das Ziel einer restriktiven Exportkontrolle wegen der Gefahr einer Ersatzlieferung aus einem anderen Mitgliedsstaat nicht erreicht werden könne, ist dies im Ansatz verfehlt. Zweck des § 5c Abs. 2 AWV ist nicht eine gemeinschaftsrechtliche restriktive Exportkontrollpolitik, sondern der Schutz der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland. Diese können durch die Lieferung von Waren aus einem anderen europäischen Land erkennbar nicht beeinträchtigt werden.

(3) Die Regelung erweist sich auch als erforderlich und angemessen, um den damit bezweckten Schutz der öffentlichen Sicherheit zu erreichen. Entgegen der Auffassung der Verteidigung bestehen keine Bedenken dagegen, dass dem Ausführer Informations- und Wartepflichten auch in den seltenen - eher nur theoretisch denkbaren (vgl. dazu unten B. II. 3. a) dd)) - Fällen auferlegt werden, in denen sich die beabsichtigte Ausfuhr nach einer Prüfung durch das BAFA letztlich als nicht genehmigungspflichtig erweist. Da es sich um verwendungsbezogene Kontrollen handelt, die an die Kenntnis des Ausführers von der militärischen Endverwendung in dem Empfängerland anknüpfen, würde die Ablehnung einer Informationspflicht den nach Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO zulässigen Genehmigungsvorbehalt vereiteln, weil das BAFA keine Kenntnis von dem Ausfuhrvorgang erlangte und deshalb über eine Genehmigungspflichtigkeit nicht entscheiden könnte. Ohne eine Wartepflicht könnte der Exporteur gleichsam, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, die Güter vor einer Entscheidung des BAFA ausführen; auch dadurch würde der Genehmigungsvorbehalt unterlaufen.

Die Einschaltung des BAFA ermöglicht zudem eine einzelfallbezogene Prüfung der beabsichtigten Ausfuhr und stellt sich daher - im Vergleich zu dem nach Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO entgegen der Auffassung der Verteidigung grundsätzlich zulässigen Genehmigungsvorbehalt oder gar der Untersagung jeglicher Ausfuhr - als flexiblere Maßnahme dar, die die Berücksichtigung der Ausfuhrfreiheit erlaubt. Als gegenüber den von der Ermächtigungsnorm gestatteten Maßnahmen milderes Mittel erweist sich die Vorschrift damit auch als angemessen im engeren Sinne.

(4) Schließlich ist es auch nicht grundsätzlich unverhältnismäßig, bereits an die Ausfuhr unter Verstoß gegen die von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO gedeckte (dazu oben B. II. 3. a) bb) (3)) und zur Wahrung des zulässigen Genehmigungsvorbehalts erforderliche Informations- und Wartepflicht eine Sanktion zu knüpfen. Es handelt sich hierbei gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 3 AWV, § 33 Abs. 1 AWG um eine Ordnungswidrigkeit, die erst bei Hinzutreten weiterer gewichtiger Umstände (vgl. oben B. II. 2. d)) als Straftat verfolgt werden kann; es stehen damit flexible Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dass jegliche Sanktionierung gemeinschaftsrechtlich schlicht unzulässig sein sollte, ist nicht ersichtlich.

dd) Nach den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen der Bestimmtheit, der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit muss eine Regelung, die in Bezug auf gemeinschaftsrechtliche Grundfreiheiten eine Beschränkung enthält, klar und deutlich sein, damit der Rechtsunterworfene seine Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen kann (Pernice/Mayer aaO nach Art. 6 EUV Rdn. 295 m. zahlr. Nachw. zur ständigen EuGH-Rechtsprechung; EuGH NJW 2003, 2663, 2665). Diesen Anforderungen genügt § 5c Abs. 2 AWV:

(1) Bei Kenntnis von der militärischen Endverwendung der auszuführenden Güter in einem Land der Länderliste K hat der Ausführer das BAFA zu unterrichten, das alsdann zunächst über die Genehmigungspflicht zu entscheiden hat. Die Voraussetzungen der Genehmigungspflicht ergeben sich aus § 5c Abs. 1 AWV. Danach ist die Ausfuhr genehmigungspflichtig, wenn der Ausführer (wiederum) vom BAFA unterrichtet worden ist, dass die Güter ganz oder teilweise für eine militärische Endverwendung bestimmt sind oder bestimmt sein können und das Käufer- oder Bestimmungsland ein Land der Länderliste K ist. Die Unterrichtung des Ausführers durch das BAFA ist für die Genehmigungspflicht daher auch in Fällen des § 5c Abs. 2 AWV konstitutiv (Weith/Wegner/Ehrlich aaO S. 122); die Voraussetzungen der Genehmigungspflicht sind klar und deutlich festgelegt. Die von der Verteidigung vertretene Auffassung, es bleibe mangels im Gesetz oder der Verordnung festgeschriebener Voraussetzungen der Exekutive überlassen, ob und warum von der europarechtlichen Ermächtigung zum Erlass nationaler Sonderregelungen Gebrauch gemacht werde, geht deshalb fehl.

Diesem Ergebnis kann auch nicht der systematische Einwand entgegengehalten werden, entgegen dem Wortlaut des § 5c Abs. 2 AWV könnten keine Fälle auftreten, in denen das BAFA zu dem Ergebnis einer Genehmigungsfreiheit komme. Es erscheint zwar nur in seltenen Fällen - etwa, wenn sich die Erkenntnisse des Ausführers letztlich als unzutreffend erweisen - denkbar, dass das BAFA trotz Unterrichtung durch den Ausführer von seiner Kenntnis der militärischen Endverwendung zu dem Ergebnis kommt, dass die Güter tatsächlich doch nicht ganz oder teilweise für eine militärische Endverwendung bestimmt sind oder bestimmt sein können; das schließt eine solche Entscheidung aber nicht aus. Der in § 5c AWV normierte Unterrichtungsmechanismus stellt maßgeblich auf die (vermutet besseren) Behördenerkenntnisse ab und knüpft die Rechtsfolge der Genehmigungspflicht deshalb nicht an die subjektive Kenntnis des Ausführers, sondern an die Unterrichtung durch das BAFA (Weith/Wegner/Ehrlich aaO S. 125). Ein Genehmigungsvorbehalt unter den Voraussetzungen des § 5c Abs. 1 AWV ist - entgegen der Auffassung der Verteidigung - auch von Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO gedeckt, weil in diesen Fällen eine potentielle Gefährdung der auswärtigen Beziehungen als Bestandteil des Schutzgutes der öffentlichen Sicherheit besteht (dazu oben B. II. 3. a) cc) (1)).

(2) Die Voraussetzungen für die Erteilung der hier in Betracht kommenden Ausfuhrgenehmigung ergeben sich alsdann aus den §§ 3, 7 AWG. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AWG ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Ausfuhr den Zweck nicht oder nur unwesentlich gefährdet, dem die Vorschrift dient, die die Genehmigungspflicht normiert. Hier bezweckt die Genehmigungspflicht den Schutz der Sicherheit und der auswärtigen Interessen im Sinne des § 7 Abs. 1 AWG, namentlich soll sie verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gestört werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 AWG). Zu der Eignung zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG hat der Senat bereits entschieden, dass die Verwendung dieses Merkmals in einem Straftatbestand wegen der Vielzahl von Beziehungen, auf die der Wortlaut verweist, zwar mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich in hohem Maße problematisch ist (vgl. auch BVerfG NJW 2004, 2213, 2219), letztlich bei der gebotenen engen, konkretisierenden Auslegung des Tatbestandsmerkmals aber noch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (BGHSt 53, 128, 132). Denn das Bestimmtheitsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, auf auslegungsfähige Begriffe vollständig zu verzichten. Der erforderliche Grad an gesetzlicher Bestimmtheit richtet sich nach den Besonderheiten der Vorschrift und dem Grund ihrer Einführung (vgl. etwa BVerfGE 28, 175, 183; 75, 329, 341). Bei § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG wird eine konkretere Fassung der Norm durch die Komplexität der internationalen Beziehungen und die Vielfalt der Konfliktmöglichkeiten erschwert. Darüber hinaus besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, die gemeinsamen Interessen, welche die Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten verbinden, gerade auch auf dem Gebiet der Außenwirtschaft - nötigenfalls durch Strafbestimmungen - zu wahren (BGHSt aaO).

Nicht anders verhält es sich bei der vom Wortlaut her sehr ähnlichen Bestimmung des § 7 Abs. 1 Nr. 3 AWG auch mit Blick auf das gemeinschaftsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Es handelt sich um eine verwaltungsrechtliche Vorschrift, die - anders als § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG - bereits präventiv eingreift, indem sie eine Gefährdung der auswärtigen Beziehungen verhüten soll. Dabei gibt sie der Verwaltung den gerichtlich überprüfbaren Rahmen vor, innerhalb dessen entschieden werden muss, ob für eine genehmigungspflichtige Handlung im Außenwirtschaftsverkehr die Genehmigung erteilt wird. Bei den in § 7 Abs. 1 AWG genannten Zwecken handelt es sich um hochrangige Ziele mit grundlegender Bedeutung für den Schutz anderer Rechtsgüter (BVerfG NJW 1995, 1537, 1538). Die Komplexität der internationalen Beziehungen verhindert auch hier eine konkretere Gesetzesfassung und erlaubt deshalb die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe; die Forderung nach einer konkreteren Gesetzesfassung könnte vielmehr dazu führen, dass dem Gesetzgeber die Mittel versagt werden, derer er zur Gestaltung störungsfreier auswärtiger Beziehungen bedarf (BVerfG NJW 1993, 1909, 1910).

Die Gegenauffassung des Oberlandesgerichts würde darauf hinauslaufen, dass sämtliche Vorschriften, die unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden und deshalb einer konkretisierenden Auslegung durch die sie anwendenden Behörden oder in einem Verfahren durch die Gerichte bedürfen, wegen Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht unbeachtlich wären. Dies ist unvertretbar.

Das zeigt sich schon daran, dass auch der europäische Verordnungsgeber - etwa mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit in Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO - unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, die im gerichtlichen Verfahren - nicht zuletzt vor dem Gerichtshof der Europäischen Union - einer Auslegung - etwa mit dem Ergebnis, dass zur äußeren Sicherheit eines Mitgliedsstaates auch seine auswärtigen Beziehungen zu zählen sind - unterzogen werden (vgl. EuGH NVwZ 1996 365; wistra 1996, 57), ohne dass wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot ihre Gemeinschaftsrechtswidrigkeit postuliert würde. Die vom Oberlandesgericht zitierte Rechtsprechung ist nicht einschlägig, betraf sie doch einen Fall, in dem der spanische Gesetzgeber die Erteilung einer Genehmigung in das freie Ermessen einer Behörde gestellt hatte, ohne jegliche gesetzliche Vorgaben für die Ermessensausübung zu machen (EuGH NJW 2003, 2663, 2666).

ee) Entgegen der Auffassung der Verteidigung ist § 5c AWV auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts unbeachtlich. Es handelt sich um eine nationale Vorschrift, die kompetenzrechtlich zulässig ist, weil die auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik bestehende Sperrwirkung wegen der Öffnungsklausel in Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO entfällt (vgl. oben B. II. 3. a) bb) (1)). Ein Anwendungsvorrang europäischen Rechts besteht damit gerade nicht. Der Verordnungsgeber hat in § 5c Abs. 3 AWV zudem klarstellend geregelt, dass § 5c Abs. 1 und 2 AWV im Regelungsbereich von Art. 4 Dual-Use-VO nicht gelten und so den Anwen dungsvorrang von Gemeinschaftsrecht herausgestellt. Ein darüber hinausgehendes "Zitiergebot" - wie von der Verteidigung offenbar gefordert -, um deutlich zu machen, dass § 5c Abs. 2 AWV im Licht von Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO ausgelegt werden müsse, besteht gemeinschaftsrechtlich nicht.

b) Auch § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG erweist sich nicht als gemeinschaftsrechtswidrig.

aa) Seine entgegenstehende Auffassung begründet das Oberlandesgericht erneut mit einer vermeintlich fehlenden Abwägung des Gesetzgebers zur Frage der Verhältnismäßigkeit der strafrechtlichen Sanktion, die nicht durch eine Auslegung durch die Gerichte ersetzt werden könne. Dieser Ansatz ist - wie zu § 5c Abs. 2 AWV bereits dargelegt (oben B. II. 3. a) aa)-cc) (1)) - rechtlich unzutreffend.

Bei der gebotenen restriktiven Auslegung von § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG, die im Zusammenhang mit Verstößen gegen § 5c Abs. 2 AWV das Hinzutreten gewichtiger Umstände erfordert, um das Merkmal der Gefährdungseignung bejahen zu können (dazu oben B. II. 2. d)), ergeben sich auch weder im Hinblick auf die Ausgestaltung des Straftatbestandes als (richtig:) abstraktkonkretes Gefährdungsdelikt noch mit Blick auf den gewählten Strafrahmen, der von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reicht, Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der strafrechtlichen Sanktionierung. Die Schaffung von Straftatbeständen fällt - trotz der mittlerweile erweiterten Kompetenzen der Europäischen Union - als zentrale Aufgabe der staatlichen Gewalt, die die demokratische Selbstbestimmung besonders empfindlich berührt, in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten (BVerfG NJW 2009, 2267, 2274, 2287). Dies gilt auch im Bereich des Außenwirtschaftsrechts, das auf der Ebene des Verwaltungsrechts weitgehend von der in der ausschließlichen Zuständigkeit der Union liegenden gemeinsamen Handelspolitik überlagert wird; insoweit dürfen die Strafen, wenn sich die nationale Exportkontrollvorschrift aus der Öffnungsklausel des Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO herleitet, nicht außer Verhältnis zum verfolgten Ziel der öffentlichen Sicherheit stehen (vgl. EuGH wistra 1996, 57, 59). Angesichts der Hochrangigkeit dieses Rechtsguts (vgl. auch BVerfG NJW 1995, 1537, 1538) sind Anhaltspunkte dafür nicht ersichtlich.

bb) Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Vorschrift des § 5c Abs. 2 AWV, an die vorliegend die Strafbarkeit nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG anknüpft, um eine Exportkontrollvorschrift handelt, deren Erlass nicht aufgrund internationaler Verpflichtungen geboten war. Auch außerhalb der internationalen Zusammenarbeit im Sinne von § 7 Abs. 2 AWG können Maßnahmen zum Schutz der auswärtigen Beziehungen geboten sein, etwa wenn der Export der Waren allgemein oder in bestimmte Länder gerade der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer historischen, geographischen oder politischen Situation besondere Nachteile brächte (BVerfG NJW 1995, 1537, 1538; in diesem Sinne auch Generalanwalt Jacobs, Rs. C-70/94 und Rs. C-83/94, Slg. 1995, I-3189, 3191 Rdn. 43; Rs. 120/94, Slg. 1996, I-1513, 1514, Rdn. 54; Schaefer aaO S. 217; Karpenstein aaO Rdn. 2, 7 m. w. N.). Andernfalls könnten die nach Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO zulässigen nationalen Exportkontrollen nie mit einer Sanktion versehen werden, was sie weitgehend ineffektiv machen würde.

cc) Im Ergebnis nicht durchgreifend ist auch der Einwand der Verteidigung, dass wegen der Ähnlichkeit der Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 1 Nr. 3 AWG, der die Kontrollvorschrift des § 5c Abs. 2 AWV zur Verhütung einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen gestattet, mit denen des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG, der die Strafbarkeit bei Vorliegen einer Eignung der Tat zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen normiert, kein selbständiger Anwendungsbereich für die Ahndung eines Verstoßes gegen § 5c Abs. 2 AWV als Ordnungswidrigkeit nach § 33 Abs. 1 AWG verbleibe, das Gesetz damit in sich widersprüchlich und deshalb zu unbestimmt sei.

Diese Auffassung verkennt die unterschiedlichen Normzwecke der beiden Regelungen. Während - wie sich bereits aus dem Wort "verhüten" ergibt - § 7 Abs. 1 Nr. 3 AWG einen präventiven Ansatz verfolgt und - so etwa im Fall des § 5c AWV - die Aufstellung abstrakter Kriterien erlaubt, bei deren Verwirklichung typischerweise eine erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen droht, und an deren Erfüllung eine Beschränkung des Außenwirtschaftsverkehrs knüpft, ist im Rahmen des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu fragen, ob die Handlung tatsächlich die Eignung zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen aufwies. Ob also ein Verstoß gegen eine auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 AWG - und damit auch nach Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO - zulässigerweise erlassene Beschränkung nicht nur eine Ordnungswidrigkeit darstellt, sondern nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG mit Strafe bedroht wird, ist Tatfrage. Aufgrund der restriktiven Auslegung des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG insbesondere im Zusammenhang mit Verstößen gegen § 5c Abs. 2 AWV (dazu oben B. II. 2. d)) verbleibt ein genügend großer selbständiger Anwendungsbereich für eine Ahndung von Verstößen gegen § 5c Abs. 2 AWV als Ordnungswidrigkeit.

c) Schließlich ist auch § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG nicht wegen einer Missachtung des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts (Art. 249 Abs. 2 EGV, jetzt: Art. 288 Abs. 2 AEUV) unbeachtlich.

§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG stellt die ungenehmigte Ausfuhr und Verbringung von mehreren im Einzelnen aufgezählten, in Teil I Abschnitt C der nationalen Ausfuhrliste (Anlage AL zur AWV) genannten Gütern unter Strafe. In Teil I Abschnitt C der Ausfuhrliste wird die Dual-Use-Liste, die als Anhang I Bestandteil der unmittelbar geltenden Dual-Use-VO ist, wiedergegeben. Dadurch kommt es indes nicht zu einer gemeinschaftsrechtlich unzulässigen Wiederholung der unmittelbar geltenden Verordnung; eine solche wird vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nur angenommen, wenn dadurch die unmittelbare Geltung der Verordnung vereitelt oder aufs Spiel gesetzt würde, etwa weil die Normadressaten über den Gemeinschaftscharakter einer Rechtsnorm im Unklaren gelassen werden (EuGH Rs. C-34/73, Slg. 1973, 981, 990 Rdn. 10 f.; Rs. C-94/77, Slg. 1978, 99, 101, Rdn. 22/27; Rs. C-272/83, Slg. 1985, 1057, 1066, Rdn. 26). Im Regelungsbereich der Dual-Use-VO, d. h. soweit darin Genehmigungsvorbehalte für die Ausfuhr oder Verbringung von Dual-Use-Gütern oder nunmehr auch in Bezug auf Vermittlungstätigkeiten normiert werden, verweist das deutsche Recht jedoch in keinem Fall auf die in der Ausfuhrliste wiedergegebene Dual-Use-Liste, eine Genehmigungspflicht ergibt sich insoweit nur aus der Dual-Use-VO im Zusammenhang mit deren Anhang I.

Soweit darüber hinausgehende nationale Exportkontrollvorschriften (z. B. § 7 Abs. 2, § 40 Abs. 2 AWV) auf die in der Ausfuhrliste wiedergegebenen Positionen der Dual-Use-Liste verweisen, wird der Vorrang von Gemeinschaftsrecht nicht berührt bzw. verschleiert, weil die Dual-Use-VO insoweit keine Regelungen trifft. Die doppelte Erfassung der Dual-Use-Güter im europäischen Anhang I wird vom Verordnungsgeber vielmehr gerade wegen der nationalen Genehmigungspflichten für die "Technische Unterstützung" als notwendig angesehen (HADDEX Bd. 1, Teil 1 Rdn. 25; vgl. dazu auch Weith/Wegner/Ehrlich aaO S. 159).

Der Rechtsanwender wird über den Gemeinschaftscharakter auch nicht im Unklaren gelassen, weil die Ausfuhrliste hinreichend deutlich macht, dass es sich bei den Positionen in Teil I Abschnitt C um eine Güterliste mit europarechtlichen Ursprung handelt. Das ergibt sich bereits aus der Überschrift zu Abschnitt C, die "Gemeinsame Liste der Europäischen Union für Güter mit doppeltem Verwendungszweck" lautet (so auch Simonsen/Beutel in Wolffgang/Simonsen aaO Art. 3 Dual-Use-VO Rdn. 17). In den Hinweisen zur Anwendung der Ausfuhrliste wird ebenfalls festgestellt, dass Abschnitt C die Gemeinsame Liste enthält.

Selbst wenn mit einer in der Literatur vertretenen Ansicht die Wiedergabe der europäischen Dual-Use-Liste in Teil I Abschnitt C der nationalen Ausfuhrliste wegen eines Verstoßes gegen den Anwendungsvorrang als gemeinschaftsrechtswidrig anzusehen wäre (Bieneck in Wolffgang/Simonsen aaO § 34 Abs. 1 AWG Rdn. 10; Wolffgang in Bieneck aaO § 4 Rdn. 57; Krach, Die Europäisierung des nationalen Außenwirtschaftsstrafrechts S. 191 f.; Samson/Gustafsson wistra 1996, 201, 208 ff.; aA Bieneck in Bieneck aaO § 23 Rdn. 43; ders. in Ehlers/Wolffgang, Rechtsfragen der Exportkontrolle S. 77, 86; Morweiser in Wolffgang/Simonsen aaO § 34 Abs. 4 AWG Rdn. 34; Simonsen/Beutel aaO; Friedrich aaO Art. 1 Dual-Use-VO Rdn. 6), würde dies nicht zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit von § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG führen. Denn der gemeinschaftsrechtliche Anwendungsvorrang bewirkt nicht etwa die Nichtigkeit der mit dem europäischen Recht kollidierenden Norm. Die nationale Vorschrift behält ihre Gültigkeit und ist auf Sachverhaltskonstellationen, in denen das Gemeinschaftsrecht keine Regelungskompetenz beansprucht, weiter anwendbar (h. M.; vgl. Ruffert in Callies/Ruffert, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union 3. Aufl. Art. 249 EGV Rdn. 24; Nettesheim in Grabitz/Hilf aaO Art. 249 EGV Rdn. 42, jeweils m. w. N.). Daraus ergibt sich hier: Eine Kollision zwischen Teil I Abschnitt C der nationalen Ausfuhrliste und der Güterliste in Anhang I der gemeinschaftsrechtlichen Dual-Use-VO könnte allenfalls im (verwaltungsrechtlichen) Bereich der gemeinsamen Handelspolitik auftreten, in dem die Union eine Regelungskompetenz besitzt. Für die strafrechtliche Bewehrung von Verstößen gegen diese verwaltungsrechtlichen Vorschriften sind indes allein die Mitgliedsstaaten zuständig; eine Rechtssetzungskompetenz der Union besteht insoweit nicht (BGHSt 41, 127, 131 f.; Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts S. 499 ff.; Bieneck in Bieneck aaO; Morweiser aaO; vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 14 der Dual-Use-VO, Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 bzw. Erwägungsgrund Nr. 19 der aktuellen Fassung, Verordnung (EG) Nr. 428/2009, die den Mitgliedsstaaten aufgeben, - wirksame, verhältnismäßige und abschreckende - Sanktionen für den Fall eines Verstoßes festzulegen). Für die Strafbewehrung in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG wirkt die Wiedergabe der von der Vorschrift in Bezug genommenen Positionen aus der gemeinschaftsrechtlichen Dual-Use-Liste in der nationalen Ausfuhrliste konstitutiv (BGHSt aaO S. 132; Bieneck in Bieneck aaO; Morweiser aaO). Die Parallelregelung vermag damit die Wirksamkeit der in der ausschließlichen Zuständigkeit der Bundesrepublik liegenden Strafvorschrift nicht zu beeinträchtigen.

Der Senat kann deshalb offen lassen, ob die Handlungen des Angeklagten im Fall 19 der Anklage - bei Annahme der Unbeachtlichkeit des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG - als ungenehmigte Ausfuhr eines in Anhang I zu Art. 3 Abs. 1 Dual-Use-VO gelisteten Gutes nach § 34 Abs. 2 Nr. 3, § 33 Abs. 4 AWG, § 70 Abs. 5 a Nr. 1 AWV strafbar wären.

4. Bei den hier anzuwendenden Vorschriften des AWG und der AWV ergeben sich auch keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf ihre Verfassungsmäßigkeit.

a) Soweit die Verteidigung auf die mangelnde Bestimmtheit von § 5c Abs. 2 AWV bzw. auf die darin enthaltene Normierung von Informations- und Wartepflichten abstellt, wird auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Prüfung nach Gemeinschaftsrecht verwiesen (oben B. II. 3. a) bb) (3), cc) (3) und dd)); dass hier mit Blick auf das nationale Verfassungsrecht im Ergebnis andere Grundsätze gelten könnten, ist nicht ersichtlich. Gleiches gilt im Hinblick auf die gerügte Unverhältnismäßigkeit von § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG (vgl. dazu oben B. II. 2. d) und B. II. 3. a) cc)).

b) Die Frage, ob die Bundesregierung gemäß Art. 80 Abs. 1 GG aufgrund der Ermächtigungsgrundlagen in § 2 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AWG zum Erlass von Ausfuhrbeschränkungen in der AWV ermächtigt war, ist verfassungsrechtlich bereits geklärt; das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit - insbesondere im Hinblick auf den in Art. 80 Abs. 1 GG verankerten Wesentlichkeitsgrundsatz - bejaht (BVerfG NJW 1995, 1537). Die Ansicht der Verteidigung, der Gesetzgeber habe nach der Einführung der Dual-Use-VO (erneut) selbst entscheiden müssen, ob er den Verordnungsgeber zum Erlass von Rechtsvorschriften aufgrund der Öffnungsklausel in Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO ermächtigt, geht bereits deshalb fehl, weil die entsprechenden Regelungen in der AWV schon vorher bestanden. Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 3381/1994 sah zudem ausdrücklich vor, dass bestehende nationale Beschränkungsmaßnahmen zulässig blieben; dass diese Rechtslage durch die Neuregelung im Jahr 2000 geändert werden sollte, ist nicht ersichtlich. Da sich mit § 7 Abs. 1 AWG die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Ausfuhrbeschränkungen in der AWV bereits vor der Neuregelung des Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO auf Beschränkungen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit bezog (vgl. EuGH NVwZ 1996, 365, 366; wistra 1996, 57, 58), hatte der Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über das "Ob", die Art und die Gründe von Beschränkungen (dazu BVerfG NJW 1995, 1537) zudem schon vorher im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht getroffen; einer erneuten Entscheidung des Gesetzgebers, die Bundesregierung zum Erlass solcher Vorschriften zu ermächtigen, bedurfte es deshalb nicht. 146 Aus der fehlenden Nennung von Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO in der AWV ergibt sich auch kein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG. Rechtsgrundlage für die AWV sind § 2 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AWG, nicht Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO. Diese Vorschrift stellt eine Öffnungsklausel dar, die den Mitgliedsstaaten auf dem in der Zuständigkeit der Union liegenden Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik den Raum zum Erlass autonomer, nationaler Vorschriften gibt. Diese müssen sich in dem Rahmen der Öffnungsklausel halten, eine darüber hinausgehende "Ermächtigungswirkung" mit der Folge eines "Zitiergebots" kommt Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO nicht zu (oben B. II. 3. a) bb) und ee); vgl. insoweit auch BVerfG NJW 1977, 2024).

c) Die Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 103 Abs. 2 GG. Durch die Regelung, dass die Ausfuhr der im Einzelnen aufgeführten Positionen ohne Genehmigung strafbar ist, ergibt sich der wesentliche Inhalt des pönalisierten Verhaltens aus der Vorschrift selbst. Woraus die Genehmigungspflicht im Einzelnen folgt (hier: Art. 3 Abs. 1 Dual-Use-VO i. V. m. Anhang I), ist für die Frage der Gesetzesbestimmtheit der Strafnorm ohne Bedeutung.

d) Schließlich ist - ohne dass ersichtlich wird, dass insoweit ein Verstoß gegen Verfassungsrecht in Rede steht - die Rechtsauffassung der Verteidigung unzutreffend, dass die fehlende Genehmigung Tatbestandsmerkmal des § 33 Abs. 1 AWG sei, weshalb Verstöße gegen § 5c Abs. 2 AWV nicht von dessen Schutzzweck erfasst seien. Richtig ist, dass Schutzgut des § 33 Abs. 1 AWG der staatliche Genehmigungsvorbehalt ist (Diemer in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 169. ErgLfg. § 33 AWG Rdn. 2 m. w. N.). Diesem Schutzzweck dient indes auch § 5c Abs. 2 AWV (vgl. oben B. II. 3. a) bb) (3)). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 33 Abs. 1 AWG kommt es im Übrigen aber nur auf die Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 1 AWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 oder § 7 Abs. 1 AWG sowie darauf an, dass die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf die Bußgeldvorschrift des § 33 Abs. 1 AWG verweist. Diese Funktion übernimmt § 70 Abs. 1 Nr. 3 AWV, der die Ausfuhr unter Verstoß gegen § 5c Abs. 2 AWV als Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 33 Abs. 1 AWG bestimmt.

5. Der danach auch in rechtlicher Hinsicht bestehenden hinreichenden Verurteilungswahrscheinlichkeit steht nicht entgegen, dass die Taten des Angeklagten nach dem heute geltenden Recht nicht mehr als Verstöße gegen § 5c Abs. 2 AWV geahndet werden können. Ein Fall des § 2 Abs. 3 StGB, der zur teilweisen Straflosigkeit des Angeklagten führen könnte, liegt nicht vor. Eine im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB relevante Gesetzesänderung scheidet aus, wenn unter Berücksichtigung des gesamten Rechtszustandes der Unrechtskern des Delikts durch die Umgestaltung eines Tatbestandes erhalten geblieben ist (Gribbohm in LK 12. Aufl. § 2 Rdn. 62 f.).

So verhält es sich hier: Nachdem gegenüber dem Iran gemäß dem Gemeinsamen Standpunkt 2007/246/GASP des Rates der Europäischen Union vom 23. April 2007 (ABl. L 106 S. 67) ein Waffenembargo ausgesprochen wurde, unterfällt die Ausfuhr nicht gelisteter Güter, bei denen dem Ausführer bekannt ist, dass sie für eine militärische Endverwendung in diesem Land bestimmt sind, den Vorschriften der Art. 4 Abs. 2 und 4 Dual-Use-VO. Ein Verstoß gegen diese Bestimmungen ist nach § 34 Abs. 2 Nr. 3, § 33 Abs. 4 AWG, § 70 Abs. 5 a Nr. 3 AWV strafbar und damit den gleichen Tatbestandsvoraussetzungen und der gleichen Strafdrohung unterworfen. Es verbleibt damit bei der Anwendung des Rechts zur Tatzeit (§ 2 Abs. 2 StGB).

III.

Zuständig zur Durchführung des Hauptverfahrens ist gemäß § 74 Abs. 1, § 74 c Abs. 1 Nr. 3 GVG die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München II. Die allein nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GVG in Betracht kommende Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München, zu dem der Generalbundesanwalt die Anklage erhoben hat, ist nicht gegeben; denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.

Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a GVG ist bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gegeben, wenn die Tat nach den Umständen geeignet ist, die äußere Sicherheit oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden; diese Voraussetzung kann hier noch bejaht werden (vgl. oben B. II. 1. d)). Zusätzlich muss dem Fall aber noch besondere Bedeutung zukommen (Hannich in KK aaO § 120 GVG Rdn. 4 d). Daran fehlt es hier:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind an die Bejahung der besonderen Bedeutung im Sinne des § 120 GVG mit Blick auf die in der Übernahmeerklärung durch den Generalbundesanwalt liegenden Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) und des Eingriffs in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (vgl. Art. 96 Abs. 5 GG) strenge Anforderungen zu stellen (vgl. zuletzt BGHSt 53, 128, 140 f. m. zahlr. Nachw.). Eine Katalogtat des § 120 Abs. 2 GVG kann selbst dann, wenn sie nach Schwere oder Umfang erhebliches Unrecht verwirklicht und daher staatliche Sicherheitsinteressen in besonderer Weise beeinträchtigt, nicht allein aus diesem Grund das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts begründen. Dies gilt auch in den Fällen des § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG, denn die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ist in erster Linie Aufgabe der Länder; die Zuständigkeit der Bundesgerichtsbarkeit ausübenden Organe ist daher nur bei einem spezifischen, ausreichend gewichtigen Angriff auf gesamtstaatliche Interessen gegeben (BGHSt aaO S. 142). Ob ein solcher vorliegt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände und Auswirkungen der Tat unter besonderer Berücksichtigung des Gewichts ihres Angriffs auf den Gesamtstaat zu entscheiden. Allein die Schwere der Tat und das Ausmaß der von ihr hervorgerufenen Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter vermag für sich die besondere Bedeutung nicht zu begründen; allerdings können die konkrete Tat- und Schuldschwere den Grad der Gefährdung bundesstaatlicher Belange durchaus mitbestimmen (vgl. Kissel/Mayer, GVG 5. Aufl. § 120 Rdn. 6). Von Bedeutung kann auch sein, ob aufgrund der Erheblichkeit des Delikts eine Verfolgung mit besonderer Sachkunde geboten und angesichts des Auslandsbezuges ein spezieller Ermittlungsaufwand erforderlich erscheint. Bei der Beurteilung der besonderen Bedeutung ist zudem zu erwägen, inwieweit die konkrete Tat den Gesamtstaat etwa durch eine Schädigung des Ansehens Deutschlands in der Staatengemeinschaft zu beeinträchtigen vermag (vgl. BTDrucks. 16/3038 S. 31).

Nach diesen Maßstäben ist die besondere Bedeutung des Falles hier im Ergebnis zu verneinen. Zwar hat der Angeklagte über einen langen Zeitraum immer wieder Güter in den Iran geliefert und es besteht aufgrund der Einbindung der Schweiz und der Türkei auch ein vielschichtiger Auslandsbezug. Mit Blick auf die ausgeführten Waren, bei denen es sich ganz überwiegend um ungelistete und damit nicht per se besonders gefährliche Dual-Use-Güter handelte, die aus anderen Staaten der Europäischen Union im Tatzeitraum genehmigungsfrei in den Iran ausgeführt werden konnten, lässt sich zwar - vor dem Hintergrund der erheblichen Kontrolldefizite bei den beteiligten Zollämtern - noch die Gefährdungseignung bejahen; in einer Gesamtschau der Umstände und Auswirkungen stellen sich die Taten aber nicht als derart gewichtiger Angriff auf die Interessen des Gesamtstaates dar, dass sie die Begründung der Bundesgerichtsbarkeit noch rechtfertigen.

IV.

Der Senat kann wie geschehen auch zur Frage der Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht befinden. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 234 EGV (jetzt: Art. 267 AEUV) bedarf es im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht.

Der Senat ist - auch wenn gegen den vorliegenden Beschluss ein weiteres, innerstaatliches Rechtsmittel nicht gegeben ist - nicht als letztinstanzliches Gericht im Sinne des Art. 234 Abs. 3 EGV (Art. 267 Abs. 3 AEUV) tätig; denn die nach § 210 Abs. 3 StPO zu treffende Entscheidung stellt sich hier als Eröffnungsbeschluss dar. Das eröffnende Gericht judiziert indes nie als letztinstanzliches Gericht, weil sich an seine Entscheidung das Hauptverfahren erst anschließt (Stuckenberg aaO § 202 Rdn. 13).

Es kann deshalb offen bleiben, ob im Übrigen die Voraussetzungen einer Vorlagepflicht, die gegebenenfalls erst in einem späteren Revisionsverfahren entstehen könnte, vorlägen. Gegenstand eines Vorlageverfahrens an den Gerichtshof der Europäischen Union kann nur die Auslegung oder die Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht sein (Karpenstein aaO Art. 234 EGV Rdn. 19; Wegener in Callies/Ruffert aaO Art. 234 EGV Rdn. 3). Die gemeinschaftsrechtlich anerkannten rechtsstaatlichen Grundsätze, insbesondere das Bestimmtheitsgebot und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind beim innerstaatlichen Vollzug des Gemeinschaftsrechts zu beachten, so dass Fragen zu deren Tragweite dem Gerichtshof vorgelegt werden können (Karpenstein aaO Rdn. 22 m. w. N.). Ob eine innerstaatliche Maßnahme aber letztlich zur Erreichung eines gemeinschaftsrechtlich legitimen Ziels geeignet, erforderlich und angemessen ist, entscheiden die mitgliedsstaatlichen Gerichte in eigener Kompetenz (vgl. nur EuGH wistra 1996, 57, 59). Ausnahmen von der Vorlagepflicht bestehen auch dort, wo sich zu der zu stellenden Frage bereits eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere aus einer in einem gleichgelagerten Fall ergangenen Vorabentscheidung, gebildet hat (Wegener aaO Rdn. 28), sowie in Fällen, in denen die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt (acte-clair-Doktrin, vgl. Karpenstein aaO Rdn. 57 m. zahlr. Nachw.).

Nach diesen Grundsätzen könnte hier eine Vorlage zur Frage der Auslegung des Begriffs der öffentlichen Sicherheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO entbehrlich erscheinen, nachdem der Gerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, dass davon auch die auswärtigen Interessen eines Mitgliedsstaates umfasst sein können (EuGH NVwZ 1996, 365, 366; wistra 1996, 57, 58). Zu der Frage, ob die Befugnis, die Ausfuhr mit einem Genehmigungsvorbehalt zu versehen oder zu untersagen, auch die Normierung einer Informations- und Wartepflicht wie in § 5c Abs. 2 AWV gestattet, wobei sich die Genehmigungspflicht an die konstitutive Unterrichtung durch das BAFA knüpft, könnten Auslegungsfragen im Hinblick auf die Reichweite des Art. 5 Abs. 1 Dual-Use-VO entstehen; angesichts der auch in Art. 4 Abs. 4 Dual-Use-VO verwendeten identischen Regelungstechnik könnte die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts insoweit allerdings in dem Sinne offenkundig sein, dass die entsprechende Befugnis besteht.

Zur Frage der Verhältnismäßigkeit und der Bestimmtheit von § 5c Abs. 2 AWV dürfte hier die Prüfung vorrangig sein, ob die nationale Vorschrift den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen genügt, wobei deren Tragweite auch mit Blick auf Beschränkungen im Außenwirtschaftsrecht wiederum durch den Gerichtshof hinreichend geklärt sein könnte (EuGH aaO).

Zur Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG könnte bereits zweifelhaft sein, ob überhaupt die Auslegung von Gemeinschaftsrecht in Rede steht, will man nicht die Reichweite des Anwendungsvorrangs - allerdings entgegen der referierten herrschenden Meinung - zum Gegenstand einer Anfrage machen.

C.

Die Beschwerde des Generalbundesanwalts, mit der er die vom Oberlandesgericht getroffenen Nebenentscheidungen - die Aufhebung der Beschlagnahme- und Arrestbeschlüsse des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof - angreift, hat ebenfalls überwiegend Erfolg.

Nach den obigen Ausführungen zum hinreichenden Tatverdacht liegen dringende Gründe für die Annahme vor, dass die beschlagnahmten Gegenstände aus den Gründen des in der Anklageschrift enthaltenen Antrags des Generalbundesanwalts der Einziehung unterliegen und dass gegen den Angeklagten - allerdings nur im Umfang, in dem der Senat die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung durch Beschluss vom 19. Juni 2009 (StB 19/09) ausgesetzt hat - der Wertersatzverfall angeordnet werden wird. Die Arrestanordnungen waren deshalb im bestehen gebliebenen Umfang nicht wegen Zeitablaufs nach § 111b Abs. 3 StPO aufzuheben, die Voraussetzungen für die beantragte Neuanordnung der Beschlagnahmen liegen vor.

HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 776

Externe Fundstellen: BGHSt 54, 275; NJW 2010, 2374

Bearbeiter: Ulf Buermeyer