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HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1088

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 431/08, Beschluss v. 28.10.2008, HRRS 2008 Nr. 1088


BGH 3 StR 431/08 - Beschluss vom 28. Oktober 2008 (LG Lüneburg)

Recht auf ein faires Verfahren (Gesamtbetrachtung; Deal; Absprache; unzulässiger Druck); strafprozessuale Geltendmachung unzulässiger Beeinflussung (Besorgnis der Befangenheit; Unverwertbarkeit des Geständnisses).

Art. 6 EMRK; Art. 20 Abs. 3 GG; § 24 StPO; § 136a StPO; § 337 StPO; § 338 Nr. 3 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Geht es dem Angeklagten der Sache nach um die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens im Rahmen einer verfahrensbeendenden Absprache, weil der Richter bei den Gesprächen über die einvernehmliche Verfahrensbeendigung unzulässigen Druck ausgeübt habe, so kann er nach deutschem Strafprozessrecht entweder den Richter bereits in der Tatsacheninstanz wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 24 Abs. 2 StPO) ablehnen und nach Zurückweisung des Ablehnungsantrags den absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO geltend machen oder gegebenenfalls die Unverwertbarkeit seines unter Druck zustande gekommenen Geständnisses rügen (§§ 136a, 337 StPO). Daneben kommt eine allgemein auf die Verletzung des fairen Verfahrens gestützte Rüge nicht in Betracht.

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 20. Juni 2008 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Die - nicht zulässig ausgeführte (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) - Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens im Rahmen der verfahrensbeendenden Absprache könnte auch in der Sache keinen Erfolg haben. Auf der Grundlage des von ihm behaupteten Verfahrensgeschehens konnte der Revisionsführer nach deutschem Strafprozessrecht entweder den Richter, der bei den Gesprächen über die einvernehmliche Verfahrensbeendigung unzulässigen Druck ausübte, bereits in der Tatsacheninstanz wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 24 Abs. 2 StPO) ablehnen (vgl. BGH NStZ 2005, 526; BVerfG, Beschl. vom 8. Dezember 2005 - 2 BvR 799/05) und nach Zurückweisung des Ablehnungsantrags den absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO geltend machen oder gegebenenfalls die Unverwertbarkeit seines unter Druck zustande gekommenen Geständnisses rügen (§§ 136a, 337 StPO). Daneben kommt eine allgemein auf die Verletzung des fairen Verfahrens gestützte Rüge nicht in Betracht.

Die beiden weiteren von dem Angeklagten G. erhobenen Verfahrensrügen sind ebenfalls nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben und deshalb unzulässig. Soweit sein Verteidiger mit der Gegenerklärung nach § 349 Abs. 3 StPO und damit nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist - teilweise - den Formerfordernissen genügt hat, ändert das an der Unzulässigkeit der Rügen nichts. Denn die gesamte Revisionsbegründung ist innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO anzubringen; ein Nachschieben von Vortrag zur Begründung bereits erhobener Verfahrensbeanstandungen ist nicht möglich (Kuckein in KK 6. Aufl. § 344 Rdn. 66).

HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1088

Externe Fundstellen: NStZ 2009, 168; StV 2009, 171

Bearbeiter: Ulf Buermeyer