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HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 337

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 7/05, Beschluss v. 08.03.2005, HRRS 2005 Nr. 337


BGH 3 StR 7/05 - Beschluss vom 8. März 2005 (LG Hannover)

Vorwegvollzug; zusätzliches Strafübel; Zweidrittelzeitpunkt.

§ 67 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Bei der Anordnung des Vorwegvollzuges eines Teils der Freiheitsstrafe ist regelmäßig zu prüfen, ob es ausreicht, nur soviel Freiheitsstrafe vorweg zu vollziehen, dass ihre Dauer zusammen mit der voraussichtlichen Dauer des Maßregelvollzugs zwei Drittel der Strafe ausmacht. Denn anderenfalls kann sich allein aus der Anordnung des Vorwegvollzuges ergeben, dass der Verurteilte über den Zweidrittelzeitpunkt hinaus nicht aus dem Maßregelvollzug entlassen werden kann. Anders kann es liegen, wenn eine vorzeitige Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht in Betracht käme.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Oktober 2004 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Vorwegvollzug von sechs Jahren der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Es hat darüber hinaus bestimmt, daß sechs Jahre der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Sein Rechtsmittel hat nur hinsichtlich der Anordnung des Vorwegvollzugs Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Die Bestimmung des Landgerichts, sechs Jahre der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen (§ 67 Abs. 2 StGB), hat keinen Bestand. Das Urteil läßt nicht erkennen, daß sich das Landgericht des Umstandes bewußt war, daß sich die getroffene Anordnung im Ergebnis wie ein zusätzliches Strafübel auswirken kann. Es hätte geprüft werden müssen, ob es nicht ausreicht, soviel Freiheitsstrafe vorweg zu vollziehen, daß ihre Dauer zusammen mit der - gegebenenfalls vom Sachverständigen zu prognostizierenden - voraussichtlichen Dauer des Maßregelvollzugs zwei Drittel der Strafe ausmacht (vgl. Maier in MünchKomm StGB § 67 Rdn. 86; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 67 Rdn. 8 - jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Daß eine vorzeitige Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes nicht vertretbar erscheint, läßt sich dem Urteil nicht entnehmen.

HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 337

Bearbeiter: Ulf Buermeyer