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HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 15

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 221/04, Beschluss v. 19.10.2004, HRRS 2005 Nr. 15


BGH 3 StR 221/04 - Beschluss vom 19. Oktober 2004 (LG Oldenburg)

Tateinheit (höchstpersönliche Rechtsgüter; Zusammenfallen in einem Handlungsteil; tödliche Gewalt als Nötigungsmittel beim Raub).

§ 52 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 9. September 2003 im Schuldspruch dahin geändert, daß die Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt sind.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge (Tatopfer E. - jeweils lebenslange Freiheitsstrafe) und wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub (Tatopfer O. - sieben Jahre Freiheitsstrafe Angeklagter K.; vier Jahre Freiheitsstrafe Angeklagter S.) zu lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Hiergegen wenden sich ihre auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel führen jeweils zur Änderung des Schuld- und des Strafausspruchs. Im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"a) Nach den Urteilsfeststellungen hatten die Angeklagten S. und K. einen Überfall auf das Tatopfer E. geplant, um bei diesem Bargeld zu erbeuten. Der Angeklagte K. sollte die im Haus des E. wohnende Nebenklägerin O. überwältigen und fesseln, um dann gemeinsam auf das Tatopfer E. zu warten und dieses zusammenzuschlagen, damit das vermutete Geld herausgegeben werde. In Ausführung dieses Plans beschränkte sich allerdings der Angeklagte K. nicht auf die Überwältigung der Nebenklägerin, sondern schlug mit der mitgeführten Waffe mehrfach auf deren Kopf ein und schlug und trat sie, wobei er erfolglos nach Geld fragte.

Nachdem der Angeklagte K. auch den Angeklagten S. ins Haus gelassen hatte, setzte er die Misshandlungen der Nebenklägerin fort. Anschließend warteten beide Angeklagte auf die Rückkunft des Tatopfers E., das sie unter schwersten Misshandlungen über einen Zeitraum von mindestens sieben Stunden zur Herausgabe von Bargeld aufforderten. Nachdem E. tödliche Verletzungen beigebracht worden waren, verließen die Angeklagten schließlich unter Mitnahme von Wein- und Sektflaschen das Haus. Zwischenzeitlich wurde auch die Nebenklägerin, nachdem sie ins Schlafzimmer verbracht worden war, erneut geschlagen und nach Geld befragt.

b) Bei dieser Sachlage hält die Auffassung des Landgerichts, die Tat zum Nachteil des E. und die Tat zum Nachteil der Zeugin O. stünden wegen der zeitlichen Zäsur und der Höchstpersönlichkeit der Rechtsgüter der Opfer in Tatmehrheit, rechtlicher Prüfung nicht stand.

Die Gewaltanwendung als tatbestandliche Voraussetzung des Raubes gegenüber den beiden Opfern diente demselben Zweck, nämlich diese zur Herausgabe von im Haus vermutetem Geld oder zur Preisgabe des Aufbewahrungsortes zu veranlassen. Die Gewaltanwendung gegenüber der Nebenklägerin O. war nach der eingetretenen Pause vor der Rückkehr des Tatopfers E. nicht beendet, sondern setzte sich danach fort, weil die Misshandlungen des E. nicht zur Herausgabe von Bargeld oder der Preisgabe eines eventuellen Aufbewahrungsortes geführt hatten. Sowohl nach dem Tatplan als auch nach der konkreten Durchführung der Tat stellten sich die Einwirkungen auf die Nebenklägerin und auf den getöteten E. als tatbestandsmäßige Ausführungshandlungen des Raubes dar, was zur Annahme von Tateinheit führt. Hierdurch werden die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin und der Mord zum Nachteil des E. durch das Raubgeschehen zur Tateinheit (§ 52 StGB) verbunden. Der versuchte Raub geht in dem vollendeten Raub mit Todesfolge auf.

… 3. Die Änderung des Schuldspruchs führt bei beiden Angeklagten zum Wegfall der Einzelstrafe zum Tatkomplex zum Nachteil der Nebenklägerin.

Dies hat zur Folge, dass die (jeweils) als Gesamtstrafe verhängte lebenslange Freiheitsstrafe als Einzelstrafe erhalten bleibt."

Dem folgt der Senat.

HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 15

Bearbeiter: Ulf Buermeyer