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HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 494

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 113/04, Beschluss v. 22.04.2004, HRRS 2004 Nr. 494


BGH 3 StR 113/04 - Beschluss vom 22. April 2004 (LG Lübeck)

Strafzumessung (Anwendung des Doppelverwertungsverbotes auf Regelbeispiele).

§ 177 Abs. 2 StGB; 46 Abs. 3 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die gesetzlichen Merkmale von Regelbeispielen sind Tatbestandsmerkmalen soweit angenähert, dass sie als "Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes" im Sinne von § 46 Abs. 3 StGB anzusehen sind. Ihr Vorliegen darf daher im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne, also innerhalb des zutreffend gewählten Strafrahmens des Regelbeispiels, nicht nochmals strafschärfend berücksichtigt werden (Doppelverwertungsverbot).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 28. November 2003 - soweit es ihn betrifft - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Ausspruch über die Einzelstrafe, soweit der Angeklagte wegen Vergewaltigung (Fall II. 1. der Urteilsgründe) verurteilt worden ist sowie

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und anderer Delikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 2.000 € verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs, soweit der Angeklagte wegen Vergewaltigung (§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB) zu einer Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist, sowie zur Aufhebung der Gesamtstrafe; im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Das Landgericht ist bei der Bemessung dieser Einzelstrafe rechtlich zutreffend vom Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB ausgegangen. Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat es dann jedoch zu Lasten des Angeklagten "die zur Begründung eines besonders schweren Falles nach § 177 Abs. 2 StGB aufgeführten Umstände" berücksichtigt. Dies verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot im Sinne von § 46 Abs. 3 StGB; denn die ein Regelbeispiel bestimmenden Umstände sind grundsätzlich wie Tatbestandsmerkmale zu behandeln (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Regelbeispiel 1; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 46 Rdn. 82 m. w. N.).Trotz der keineswegs übersetzten Freiheitsstrafe kann der Senat nicht sicher ausschließen, daß sich dieser Rechtsfehler bei der Bemessung der Einzelstrafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.

Die Aufhebung der Einzelstrafe hat die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.

HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 494

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2004, 262

Bearbeiter: Ulf Buermeyer