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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 41/03, Beschluss v. 25.03.2003, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 41/03 - Beschluss vom 25. März 2003 (LG Hannover)

Verfolgungsverjährung; Berücksichtigung verjährter Taten bei der Strafzumessung.

§ 78 StGB; § 78a StGB; § 46 Abs. 2 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird

a) das Verfahren gemäß § 154 a Abs. 2 StPO hinsichtlich der im Tatkomplex II. B. abgeurteilten Taten auf den Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs von Kindern beschränkt, soweit die Taten nach dem 25. April 1997 begangen wurden,

b) das Urteil des Landgerichts Hannover vom 18. Oktober 2002 im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 355 Fällen und des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in 16 Fällen schuldig ist,

c) die Urteilsformel dahin ergänzt, daß der Angeklagte im übrigen freigesprochen wird.

Soweit der Angeklagte freigesprochen ist, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in 355 Fällen und wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich das Rechtsmittel des Angeklagten mit einer Verfahrensrüge und der allgemeinen Sachrüge.

1. Der Schuldspruch wegen jeweils tateinheitlich mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes in 27 Fällen begangenen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Tatkomplex II. A.) muß entfallen, weil insoweit gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4, § 78 a Satz 1 StGB Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend näher ausführt.

2. Zum Tatkomplex II. B. hat der Generalbundesanwalt folgendes ausgeführt:

"Keinen Bestand kann der Schuldspruch jedoch haben, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen schuldig gesprochen hat. Für die im Zeitraum vom 28. Oktober 1994 bis zum 25. April 1997 begangenen Taten war damit Strafverfolgungsverjährung eingetreten, weil die Strafverfolgungsverjährung nicht ruhte (§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB) und die Verjährungsfrist erst am 25. April 2002 durch den Erlass des Haftbefehls gegen den Angeklagten unterbrochen wurde (§ 78c Nr. 5 StGB).

Im Hinblick auf die ungeklärte genaue Verteilung der festgestellten Taten für die Zeiträume vom 28. Oktober 1994 bis zum 25. April 1997 (Verjährung eingetreten) und vom 26. April 1997 bis zum 28. Oktober 1998 (Verjährung nicht eingetreten), erscheint es sachdienlich, die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu beschränken."

Dem tritt der Senat bei und stellt das Verfahren insoweit antragsgemäß ein.

3. Die danach gebotene Änderung des Schuldspruchs führt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat schließt aus, daß das Landgericht ohne eine tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten nach § 174 Abs. 1 StGB in den genannten Fällen auf eine mildere Strafe erkannt hätte. Ausweislich der Urteilsgründe hat die Strafkammer dem Angeklagten eine tateinheitliche Verwirklichung zweier Straftatbestände nicht ausdrücklich strafschärfend angelastet.

Zudem können auch verjährte oder gemäß § 154 a StPO eingestellte Taten, soweit sie - wie hier - festgestellt sind, im Rahmen der Strafzumessung - zumindest eingeschränkt - berücksichtigt werden.

4. Da der Schuldspruch des angefochtenen Urteils die Anklage nicht ausschöpft, weil 457 Taten angeklagt waren, eine Verurteilung aber nur in 371 Fällen erfolgte, holt der Senat den gebotenen Teilfreispruch nach.

5. Im übrigen hat die aufgrund der Revisionsrechtfertigung gebotene Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts.

Bearbeiter: Ulf Buermeyer