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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 34/02, Beschluss v. 03.04.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 34/02 - Beschluss vom 3. April 2002 (LG Hannover)

Maßregelvollzug; Vorwegvollzug, teilweiser; Rehabilitationsinteresse.

§ 67 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 22. Oktober 2001 im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor der Unterbringung zwei Jahre und sechs Monate der Freiheitsstrafe vorab zu vollstrecken sind. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Unterbringungsanordnung lässt, obwohl das Gericht sich nicht näher damit auseinandergesetzt hat, ob der Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB das Zusammentreffen von chronischem Alkoholmissbrauch und Persönlichkeitsstörung entgegenstehen könnte (vgl. dazu Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 64 Rdn. 3 m. w. N.), bei einer Gesamtwürdigung der getroffenen Feststellungen einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht erkennen. Dagegen kann. die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe keinen Bestand haben. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt insoweit ausgeführt:

"Dagegen erweist sich die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzuges der Strafe als rechtsfehlerhaft. Mit dieser Anordnung weicht die Strafkammer von der gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 1 StGB ab, wonach grundsätzlich die Maßregel vor der Strafe vollzogen werden soll, weil die möglichst umgehende Behandlung des süchtigen Rechtsbrechers am ehesten einen dauerhaften Erfolg verspricht (BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 4, 12). Zwar sieht § 67 Abs. 2 StGB vor, dass die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel vollzogen werden kann, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Die allgemein gehaltenen Erwägungen der Strafkammer, der Zweck der Therapie sei leichter zu erreichen, wenn diese am Ende der Strafverbüßung stehe, und der Erfolg der Therapie setze eine anschließende 'Eingliederung des Angeklagten mit einer suchtspezifischen Nachbetreuung' (UA S. 30) voraus, reichen zur Begründung indes nicht aus (vgl. BGH Beschluss vom 23.04.1998 - 4 StR 157/98; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 67 Rdn. 6a). Die Urteilsgründe enthalten auch keine konkreten Anhaltspunkte, worin die Gefährdung des Maßregelerfolges durch den anschließenden Strafvollzug besteht und wie sie sich auf den Angeklagten konkret auswirken könnte (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 12)."

Angesichts der getroffenen Feststellungen ist ausgeschlossen, dass eine neue Verhandlung noch Erkenntnisse ergeben könnte, wonach ausnahmsweise beim Angeklagten durch einen (teilweisen) Vorwegvollzug der Strafe der Zweck der Maßregel leichter erreicht würde. Entsprechend § 354 Abs. 1 StPO entscheidet der Senat daher selbst, dass die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe entfällt.

Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

Bearbeiter: Ulf Buermeyer